Musiktipp: Lana Del Rey – Video Games

10.08.2011 Musik, Allgemein

Eine dunkle Welle aus Verwirrung und Traurigkeit erfasst mich. Das laute Gekreische des Bilderwalds macht meine Ohren sausen. Wirklichkeit und Schein, ich kann und traue mich manchmal gar nicht mehr zu unterscheiden. Überall ist Wut, Angst, Hilflosigkeit. Da draußen tobt es, aber eigentlich stürmt es in jeder kleinsten Pore. Überdrehte Welt, torkelnd verläßt sie bald die Umlaufbahn.

Es ist, als wäre Lana Del Reys Video zu ihrem Song „Video Games“ ein Soundtrack, ein Destillat zu diesem Rausch, der euphorisierend und beängstigend einsetzt. Beim ersten Hören schluckte ich Tränen herunter, die laut auf dem heißen Stein im Magen zischen. Eigentlich heißt Lana Lizzie Grant, ihr Alter Ego ist nach eigenen Worten eine „Gangsta Nancy Sinatra und ihr erklärtes Ziel ist es „das musikalische Äquivalent zu einem Vincent Gallo Film zu sein“. Ganz schön voll nimmt sie ihren Mund, der von ihren unnatürlich (?) vollen Lippen umrahmt wird.

Aber an ihren Ambitionen ist durchaus was dran: sie und ihr Video sind ein Cut-Up aus White Trash und retrophilem Hollywood; in ihr kontaminiert schillernde Oberfläche und der dahinter lauernde Abgrund. Sie inszeniert sich als schmollmündiges Old Hollywood Sternchen mit Lockenwicklern im Haar, aber ihr desinteressierter Blick aus dick geschminkten Augen ist spöttisch, selbstbewußt und offenbaren eine Brüchigkeit, die auch für etwas Größeres stehen könnte. Ihre Stimme ist süß und voll, sie erinnert an Cat Power und tatsächlich an Nancy Sinatra und auch im Songtext vermischen sich pure Lovesonglyrik mit Trailerparkromatik:

„Kissing in the blue dark
Playing pool and wild darts
Video games

He holds me in his big arms
Drunk and I am seeing stars
This is all I think of“

Das Video ist eine Tour de Force: auf der einen Seite Videospielexplosionen, wacklige Aufnahmen von Skatern, die trunken fallende Paz de la Huerta, Comics, das Hollywoodsign und der Walk of Fame, dann Pärchen, die mit dem Roller durch die Landschaft düsen, Freunde am Pool. Und immer wieder Lana, die singt und guckt, ohne zu bewerten, ohne dass uns erklärt würde, was mit diesem Bilderrauschen gemeint ist. Ich sehe in den Bilder die Wildnis unserer Gesellschaft, die vielleicht in ihrer Unvereinbarkeit mit sich selbst besteht. Wir stolpern auf begradigten Wegen und werden sprachlos im Stimmengewirr.

Infos via Pitchfork und laut.de. Bilder via Lana Del Reys Facebookpage.

2 Kommentare

  1. Ines

    ich mag ihre stimme. so erwachsen.
    allerdings finde ich sie in dem video furchtbar gezwungen. es wirkt, als hätte sie sich selbst mit einer handkamera gefilmt und wolle dabei möglichst lasziv rüberkommen. nur leider schaut sie dabei kaum direkt in die kamrea, sondern fast durchgehend rechts neben den fokus. da befindet sich wahrscheinlich ein kleiner bildschirm, auf dem es ständig den look zu kontrollieren gilt… kommt bei mir nicht so gut an.
    aber der song gefällt.

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