Preview & Interview: Zu Besuch bei Vladimir Karaleev

18.01.2013 Allgemein, Mode, Menschen, Berlin

Herrgott, wird das großartig! Selbstverständlich haben wir auch Vladmir Karaleev, Meister der offenen Nähte und der Fertigung direkt an der Puppe und der wohl aufregendste Modedesigner der Berliner Modewoche in seinem Atelier in Mitte besucht. Gefühlte zehn Minuten etwa standen wir suchend vor den 3 Dutzend Klingelschildern bis wir das dicke fette Schild darüber fanden, das uns den Weg zu „Vladis“ Reich rechts daneben verriet. Wir waren und sind große Fans und fühlen uns seit diesem Tag noch ein bisschen mehr wie kleine Groupies, denn Monsieur Karaleev hat uns mit seinen Kreationen für den Winter 2013 und seiner wahnsinnig sympathischen Art gleich mehrfach um den Finger gewickelt.

Nicht nur, dass dieser Modedesigner eine so unglaublich angenehme Ruhe ausstrahlt und verbreitet, er nimmt sich auch gleich die Zeit, um uns seine schon nahezu komplett fertige Kollektion zu zeigen – eine Woche vor der Präsentation! Vladimirs Konzept, direkt an der Puppe zu arbeiten, scheint aufzugehen – seine Ungeduld nicht erst zu skizzieren und warten zu müssen, ihm viel Zeit zu sparen: Eines ist klar: Bereits im Sommer wird ein Sparschweinchen aufgestellt, um das ein oder andere, ausgewählte, wunderhübsche, aussagestarke, so karaleev’sche Design zu erwerben: Allen voran der Pullover in Vladimirs ganz eigener Patchwork-Interpretation. Hach <3 

Jane Wayne: Wie geht’s Dir?

Vladimir Karaleev: Mir geht es ganz gut. Die Kollektion steht schon fast und eigentlich kann es auch nur noch besser werden. Ich finde, wenn das Hauptgerüst da ist, um das man bauen kann, dann ist das echt super und dann kann eigentlich auch nichts mehr passieren. Außerdem ist es ja auch meine dritte Show und da wird das auch zur Routine.

Jane Wayne: Ohja, tatsächlich: Du siehst wahnsinnig tiefenentspannt und relaxt aus: Erzähl uns doch etwas über deine neue Kollektion!

Vladimir Karaleev: Es wird auf jeden Fall Blau. Diesmal ist aber auch ein bisschen mehr Weiß dabei. Schwarz und Grau haben wir aber auch. Und selbst wenn sich Patchwork vielleicht nicht immer so toll anhört, muss ich sagen, dass ich viele verschiedene Stoffstrukturen gesammelt habe, die starke Materialkontraste ergeben.
Ich habe zum Beispiel einen High-Tech Stoff aus der Schweiz benutzt, den man normalerweise nur bei Snowboard Ausrüstungen findet und den dann mit Strick vermischt – damit eben diese Kontraste entstehen.

Dieses Mal habe ich zwar nicht mehr mit Prints gearbeitet, dafür habe ich allerdings versucht, diese durch Materialkombinationen nachzuempfinden. Dennoch bleibt alles sehr monochrom. Es gibt sogar eine kleine Männerkollektion, bei der diese Kombination und Kontraste super funktioniert. Von den Kombinationen gibt es diesmal eine Hosen-Pulli Kombination oder Kleider; Röcke haben wir ausnahmsweise weggelassen. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich in den letzteren Kollektionen viele Röcke dabei hatte und mal etwas Anderes haben wollte diesmal.

Jane Wayne: Was ist das Prägnante der kommenden Herbst/Winter Kollektion 2013?

Vladimir Karaleev: Es gibt eine Männerkollektion (lacht). Wichtig ist auch, dass ich viel mit Flächen und Stoffkombinationen gearbeitet habe und mich nicht auf kleine Details fokussiert habe. Durch diese Kombinationen sind die Teile noch tragbarer und sicherlich auch ein Stück weit kommerzieller. Trotzdem ist es einer Fortsetzung meiner vorherigen Kollektionen. Ich versuche mich und meinen Stil immer weiter zu entwickeln. Wer also meine Mode an sich mag, wird es dieses Mal sicherlich auch tun. Wer jedoch noch kein Fan ist, wird dieses Mal aber auch nicht begeistert sein. Die Show an sich zentriert sich sehr auf die Mode an sich, das heißt, es wird kein großes Drumherum geben.

Jane Wayne:  Was ist, deiner Meinung nach, bezeichnend für Vladimir Karaleev?

Vladimir Karaleev: Einerseits natürlich die offenen Nähte. Das habe ich schon immer gemocht, da es die Teile leichter fallen lässt. Und sonst habe ich für mich selbst keine Bezeichnung. Dennoch ist es natürlich schon öfter vorgekommen, dass jemand meinte etwas sei typisch „Vladimir Karaleev“. Da ist es natürlich schön zu sehen, dass die Leute meine Sachen erkennen und so zu sagen meine Handschrift sehen.

Jane Wayne: Hast Du ein bestimmtes Ziel für „Vladimir Karaleev“ vor Augen?

Vladimir Karaleev: Natürlich fände ich es toll, wenn ich mich in Deutschland etablieren kann, da ich momentan nur in Berlin bekannt bin. Auch der Rest Europas wäre mein Ziel, jedoch sehe ich das momentan etwas schwieriger. Beklagen kann ich mich dennoch nicht, da der Laden sowohl in Asien als auch in Amerika sehr gut läuft.

Jane Wayne: Achtest du stark auf die Wünsche deiner Kunden, wenn es um eine neue Kollektion geht?

Vladimir Karaleev: Ja, auf jeden Fall. Mittlerweile verstehe ich den Markt und auch, was die Leute von mir erwarten. Zum Beispiel habe ich mitbekommen, dass meine Kunden gerne wieder etwas drappiertes dabei haben wollten, deswegen habe ich das auch in die jetzige Kollektion mit eingebaut.

Jane Wayne: Wird es dieses Mal auch wieder eine Schuhkooperation geben?

Vladimir Karaleev: Jein. Teilweise haben wir welche gekauft, aber wir haben diesmal auch unsere Eigenen – Schwarze Boots, die in Japan hergestellt wurden.

Jane Wayne: Schon ein Lieblingsstück ausgemacht?

Vladimir Karaleev: Ja, aber das ändert sich täglich. Gestern war es zum Beispiel eine graue Männerhose mit kleinen Details. Wir haben in der Hosenfalte ein extra Stück Stoff eingebaut, damit es so aussieht, als würde es sich um die Hosentasche handeln. Und da es dadurch etwas merkwürdig ausschaut, ist es für den Zuschauer total verwirrend; und das ist, was wir erreichen wollten.

Jane Wayne: Gab es einen Look, der dich fast verrückt gemacht hat oder dir schließlich gar nicht mehr gefiel?

Vladimir Karaleev: Ja, das passiert öfter. Da fängt man etwas an, und dann klappt vielleicht etwas nicht. Das ist ja auch verständlich; es können nicht alle Teile Highlights sein.

Jane Wayne: Gibt es dieses eine Gefühl kurz vor der Show?

Vladimir Karaleev: Für mich fühlt es sich an als hätte man Wasser in den Händen, das ausläuft. Man kann einfach nichts mehr zurück halten. Manchmal stehen die Models schon in der Schlange, um auf den Laufsteg zu gehen, und dann entdecke ich noch einen kleinen Fehler. Den kann ich dann aber nicht mehr ändern. Es geht nichts mehr zurück und man kann auch nichts stoppen. Das ist ein ganz komisches Gefühl, eine Art Kontrollverlust. Wie, wenn man in einem Albtraum rennen will, es aber nicht kann.

Jane Wayne: Deine Kollegen haben so starke Probleme mit der Stofflieferung gehabt. Wie sah das bei dir aus?

Vladimir Karaleev: Stoffe kommen nie so, wie man sie sich vorstellt. Aber wenn es nicht klappt, muss man sich nun mal eine Alternative suchen. Wenn man mir zum Beispiel ein falsches Material schickt, dann komme ich damit auch klar und benutze es dann trotzdem. Im Bezug auf die Farben ist es dann doch schwieriger. Ich habe zum Beispiel mal etwas in Rot bekommen, das konnte ich natürlich nicht nehmen, da es gar nicht zu meiner Kollektion passt. Klar sind Farben und Stoffe wichtig, aber das wichtigste ist die Idee in meinem Kopf. Wenn es in einem anderen Stoff immer noch genauso ist, wie in meiner Idee, dann ist das auch okay.

Jane Wayne: Wo wir schon beim Thema sind: Welche andere Designer in Berlin gefallen dir?

Vladimir Karaleev: Da gibt es einige. Ich finde zum Beispiel Augustin Teboul großartig, ihre Kollektion ist so schön! Auch Michael Sontag und Sissi Goetze finde ich toll. Hien Le ist aber auch super.

Jane Wayne: Welche Musik hörst Du gerne zur Entspannung?

Vladimir Karaleev: Ich höre eigentlich am liebsten Radio. Da höre ich gerne einen amerikanischen Sender, der National Public Radio heißt. Da gibt es andauernd politische Talkshows, die auch öfters mal lustig sind. Ich brauche etwas, was so weit wie möglich von der Mode entfernt ist. Deutsches Radio mag ich zum Beispiel nicht, das ist mir viel zu ernst und düster. Musik hören wir im Atelier nur sehr selten, aber dann auch nur Abends und sehr laut. Das ist dann meistens Musik zum rumalbern, wie zum Beispiel Mariah Carey.

Jane Wayne: Wie wird die Musik für deine Show nächste Woche?

Vladimir Karaleev: Eher langsam. Schnelle Beats mag ich eigentlich nicht. Trotzdem haben sie viel Bass – ganz in Anlehnung an die neunziger Jahren.

Jane Wayne: Momentaner Lieblingsfilm?

Vladimir Karaleev: Einen Lieblingsfilm habe ich eigentlich nicht, da schaue ich lieber Serien. Da gäbe es zum Beispiel „Homeland“ und „2 broke girls„, aber generell finde ich alle Blockbuster-Serien toll. Einen der wenigen Filme, die ich jedoch auf DVD habe und auch gerne mal gucke ist das Musical „All that Jazz„.

Jane Wayne: Derzeitige Lieblingsfarbe?

Vladimir Karaleev: Cremeweiß. Früher fand ich helle Farben eigentlich gar nicht toll, aber das hat sich jetzt geändert.

Jane Wayne: Wo wärst Du gerne, wenn du heute frei hättest?

Vladimir Karaleev: Am liebsten würde ich reisen. Wenn ich aber nur einen einzigen Tag hätte würde ich wahrscheinlich trotzdem arbeiten. Ich verbinde Berlin nicht mit Freizeit. Ich gehe zum Beispiel gerne in Austellungen, aber nur, wenn ich im Ausland bin. Hier in Berlin besuche ich keine Austellungen.

Jane Wayne: Wo würdest Du nach der Show am liebsten hin?

Vladimir Karaleev: In New York war ich schon öfters, und da würde ich gerne nochmal hin. Auch London wäre spannend. Aber vor allem würde ich gerne nach Miami. Nach Tokyo würde ich auch gerne nochmal hin, die Stadt fand ich sehr faszinierend.

Jane Wayne: Was ist dir besonders wichtig, was die Zuschauer und unsere Leser verstehen sollen?

Vladimir Karaleev: Ich glaube, das Problem oftmals ist, dass die Menschen denken meine Mode wäre untragbar. Das ist aber überhaupt nicht der Fall. Leute brauchen immer einen Anlass für alles und einen Anlass um schön auszusehen. Das verstehe ich nicht. Man kann sich auch für das Büro chic anziehen. Ich glaube deswegen habe ich in Asien auch mehr Erfolg. Die Asiaten schauen sich die Mode an und wenn sie ihnen gefällt, dann kaufen sie sie, ohne zu überlegen, wann man die Kleidung anziehen kann. Ich würde mir wünschen, wenn die Menschen hierzulande diese Stereotypen bei Seite schieben könnten.

Jane Wayne: Noch eine wichtige, letzte Frage: Wo finden wir Dich in Berlin?

Vladimir Karaleev: In zwei Stores: Im BAERCK und im XXX.

Es wird großartig. Das wissen wir! Hab ganz viel Spaß und natürlich Erfolg!

 

Fotos, Interview und Text: This is Jane Wayne
Mit fleißiger Unterstützung: Marisol Reuter

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