INTERVIEW // Mirna Funk über ihr Buch
„Winternähe“ & modernen Antisemitismus

21.08.2015 Buch, box2

mirna funk winternaeheMirna Funk ist eine deutsche Jüdin, die 1981 in Ostberlin geboren wurde. Sie redet schnell und laut, aber nicht einfach so, sondern weil sie viel zu sagen hat. Nach ihrem Studium der Philosophie und Geschichte schreibt sie für zahlreiche Publikationen wie „Interview“, den „Freitag“ und das „ZEITmagazin“, über Feminismus, Mode und Antisemitismus – Mit Schubladen konnte Mirna noch nie viel anfangen. Im Sommer 2014 geht die Journalistin nach Tel Aviv, um von dort aus über ihr Leben im Ausnahmezustand zu berichten. Was vor knapp einem Jahr noch niemand wusste: Gleichzeitig arbeitet sie ganz still und heimlich an ihrem ersten Roman „Winternähe“, der gerade erschienen ist und prompt mir dem Uwe-Johnson-Förderpreis für das beste deutschsprachige Debüt der vergangenen zwei Jahre ausgezeichnet wurde.

Winternähe“ erzählt eine Geschichte zwischen Berlin und Tel Aviv, die Geschichte von Lola. Lola ist aber nicht Mirna, Mirna nicht Lola. Ein paar Gemeinsamkeiten gibt es trotzdem: Den von Fremden aufgemalten Hitlerbart zum Beispiel. Die Suche nach der eigenen Identität als Vaterjüdin, den Versuch, selbstbestimmt zu leben und die Fassungslosigkeit darüber, dass selbst Freunde sich zu antisemitischen Kommentaren in der leichtsinnigen Wonne der Social Media Welt hinreißen lassen. Ein bisschen soll „Winternähe“ auch Aufklärung sein, sprachlich schlau und provokant, eine Art Handbuch, das die Vielfalt der israelischen Gesellschaft aufzeigt und Wissen gegen gefährliche Vorurteile austauscht. Im Interview spricht Mirna Funk über die Angst der Deutschen vor dem Fremden, über die Liebe zu ihrem Mann, den sie als Tochter einer nicht-jüdischen Mutter in Israel nicht heiraten darf und die Zeit im Krieg.

 

Mirna FunkFoto: Naama Alex Levy


Guten Morgen, liebe Mirna! Wie ist das so, wenn man plötzlich sein eigenes Buch in den Händen hält?

Leider nicht so aufregend, wie man denkt. Jedenfalls bei mir. Mit so einem Moment geht sicher jeder Mensch anders um. Ich bin enorm pragmatisch in dieser Hinsicht und habe mich Wochen zuvor schon mental darauf vorbereitet. Als ich die Exemplare bekam, fing ich sofort an, sie einzutüten und an Presseleute und Blogger zu schicken. Ich bin irgendwie nicht wahnsinnig gut in „Living the moment“.

„Living the moment“, das sollte man aber vielleicht viel häufiger. Immerhin bist du während des Schreibens viel gereist, stimmt’s?

Mein Mann hilft mir dabei, mehr im Moment zu leben. Der sagt die ganze Zeit „So Mirna, jetzt freuen wir uns mal. Und wenn es nur für fünf Minuten ist.“ Und dann freue ich mich mal für fünf Minuten. Das Schreiben an sich war am Anfang sehr schön. Aber das sind nur die ersten paar Wochen. Da hat man einen Run und schreibt sehr leicht und fast schon ekstatisch. 350 Seiten ist eine Menge. Wirklich sooo sooo viele Seiten. Das Buch war eigentlich 460 Seiten lang. Jedenfalls setzt irgendwann die Routine ein und man muss sich zwingen, weiterzumachen. Das ist dann nur noch eiserne Disziplin, sonst wird man nämlich nicht fertig. Und ja, ich bin eigentlich die ganze Zeit unterwegs gewesen, weil ich die Isolation zum Schreiben brauche. Erst Thailand, dann eine einsame Berghütte in Österreich, dann ein Bauernhof in Brandenburg, später nach Tel Aviv und am Ende noch mal Thailand. Ich war fast ein Jahr nur unterwegs. Und so gut wie ausschließlich allein.

Du hast deinen Mann während deiner Zeit in Tel Aviv kennengelernt, konntest und durftest ihn aber nicht in Israel heiraten, weil deine Mutter keine Jüdin ist. Das Thema der „Vaterjuden“ behandelst du auch in deinem Buch.

Ja, wir haben immer noch nicht geheiratet. Aber wir haben Ringe und gesagt „so wir sind jetzt verheiratet“. Weil wir es völlig bescheuert finden, dass man dazu einen anderen Menschen braucht, irgendeine Person, die sich Rabbi oder Standesbeamter oder Kapitän nennt, der das Recht hat, uns zu trauen. Wir stehen nicht auf Bürokratie. Trotzdem geht es auch nicht ohne und wir gucken mal, ob wir es vor der Geburt unserer Tochter noch irgendwie „offiziell“ machen können. In Deutschland oder sonst wo. In Israel, wie du schon sagst, geht es nicht. In Israel heiraten aber auch die meisten Leute in unserem Alter nicht mehr, weil niemand das Orthodoxe Rabbanut unterstützen will. Das kann man nämlich auch einfach nur bescheuert finden. Im Moment gibt es eine große Welle von Leuten, die in Europa heiratet. Das wird dann auch in Israel anerkannt. Och, mir ist das wirklich ewig auf die Nerven gegangen. Und sogar noch drei Tage vor Erscheinen des Buches hat mir das wieder jemand reingewürgt und ich erzählte es meinem Mann und der sagte nur: „Hast du mit dem Chef-Rabbi gesprochen, oder was?“ Als Spaß natürlich, weil sich einfach mal jeder wie ein Chef-Rabbi fühlt, der sowas sagt. Und selbst unter Rabbinern ist sich ja keiner einig. Es gibt in Israel eine große politische Diskussion im Moment, die das Problem der „Vaterjuden“ thematisiert. Aber auch der Konversion, die nur othodox ablaufen kann. Und genau das will halt niemand machen.

Schlägt dir in Deutschland auch einiges auf den Magen, wenn es um den Umgang mit dem Judentum geht? Als Jüdin in Berlin hast du nicht nur einmal gemerkt, dass die Leute oft nicht richtig damit umzugehen wissen, einen Juden oder eine Jüdin zu treffen. Das ist doch verrückt.

Die Deutschen haben zwei elementar schwierige Eigenschaften (im Übrigen gibt es in jeder Nation solche Eigenschaften): 1. Sie haben eine panische Angst vor dem Fremden an sich – ob das Juden oder Flüchtlinge oder Andersdenkende sind. Das Fremde, das Andere, das mögen viele Deutsche nicht. Da läuft es ihnen Kalt den Rücken herunter. Wir sehen das im Moment ja beim Umgang mit den Flüchtlingen. Auf der anderen Seiten gibt es aber auch viele tolle Menschen, die sich dem stellen und anders damit umgehen. Offener, sozialer, interessierter. Und 2.: Die Diskussionskultur ist hier darauf ausgerichtet, dass man sehr schnell auf einen Nenner kommt. Dazu muss man sehr schnell so tun, als wisse man tierisch bescheid. Sonst kommt man ja auf keinen Nenner. Wenn man offen sagt „da kenn ich mich nicht mit aus“ würde ja so etwas wie eine Diskussion entstehen.

Auch moderner Antisemitismus scheint weiterhin omnipräsent zu sein, vor allem in Frankreich verlassen viele Juden gerade ihr Land. Du selbst kannst von subtilen und weniger subtilen Attacken auch ein Liedchen singen.

Ja, die von mir erzählten antisemitischen Übergriffe im Buch, habe ich alle selbst erlebt. Und viele, auch in den Interviews, die ich im Moment gebe, sagen dann „naja, das ist doch ein bisschen übertrieben, das kann doch nicht sein. Haben sie das wirklich erlebt? Mir ist sowas noch nie begegnet.“ Und dann denke ich, ey Leute, lest euch mal die Kommentare unter dem FB-Post durch, als mein Artikel im Dezember im Zeit Magazin erschienen ist. Oder lest euch die Kommentare durch, die unter allen Artikel erscheinen, in denen es um Israel geht. Da wird einem schwindelig. Wie kann man sowas ausblenden?

Wie schafft man es, damit umzugehen? „Ausblenden“ ist ja offensichtlich nicht der richtige Weg.

Ich versuche offen damit umzugehen und Menschen zu konfrontieren. Ich sage dann „dir ist aber schon klar, dass das antisemitisch ist oder rassistisch“ oder was auch immer. Wir alle haben ja Vorurteile im Kopf, ich doch auch. Aber wichtig ist, dass wir uns dessen auch bewusst sind. Vorurteile sind nur gefährlich, wenn wir sie nicht als Vorurteile dechiffrieren.

Wo hört denn eigentlich der Spaß auf? Ich erinnere mich zum Beispiel an diese Hipster-Hitler Zeichnungen. Da musste ich erstmal schlucken. Für mich war das kein Spaß.

Oh Gott. Ich kannte das gar nicht. Das Schlimme daran ist, dass man Dingen damit die Bedeutung nimmt. Alles zu ironisieren, heißt Bedeutung zu entziehen. Genau so war es auch mit dem Foto von mir und dem Hitlerbart, den mir diese zwei Idioten rangemalt haben. Und dann per Anwalt verkünden lassen: „Wir wollten das Groteske der Veranstaltung symbolisieren.“ Und man denkt, wie bitte? Ich finde das alles gefährlich und auch infantil. Wenn etwas weh tut oder schwierig auszuhalten ist, dann kann man sich ruhig ohnmächtig fühlen und muss nicht alles ins Lächerliche ziehen. Das ist wirklich einfach nur pubertär.

Hast du jemals eine Entschuldigung gehört? Oder ist auf der anderen Seite eher wenig Einsicht zu holen?

Die haben die Entschudligung natürlich per Anwalt verkündet. Ich glaube aber, dass da nicht viel Einsicht zu holen ist. Die beiden jagen so durch Berlin-Mitte und finden sich tierisch lustig und cool. Scham kennen die glaube ich gar nicht. Sie haben ja auch die ganze Zeit behauptet, sie hätten nur das Bild gemacht, aber der Hitlerbart wäre schon dran gewesen. Ich weiß aber von Freunden, vor denen sie es zu gegeben haben, dass das eine Lüge war und ist. Wenn ich also meine Schuld nicht eingestehe, ist das wirklich keine Einsicht.

dussmann

Dein Roman nimmt uns grob an drei unterschiedliche Orte mit – es gibt einen Teil, der in Berlin spielt und sich mit modernem Antisemitismus auseinandersetzt, der Tel-Aviv-Teil behandelt den Nahost-Konflikt, der Bangkok-Teil das Thema der Identitätsfindung. Und mittendrin ist Lola, die Protagonistin. Wie viel habt ihr gemeinsam?

Lola, ich und die Autorin Mirna Funk sind alle drei unterschiedlich, haben aber Schnittmengen. Generell ist „Winternähe“ eindeutig ein Roman. Wer das Buch als Biografie liest, macht einen großen Fehler. Weder handelt es sich dabei um meine eigene Familiengeschichte, noch ist mir jemals Shlomo begegnet. Den letzten Sommer habe ich ausschließlich mit dem Schreiben eines Buches verbracht und mit keinem Mann.

Du hast aber den Krieg in Tel Aviv miterlebt. Am 15. Juli bist du dort angekommen, da hatte ich schon ein bisschen Angst um dich. Wieso bist du trotzdem geblieben?

Ja, das stimmt. Der Krieg hatte schon begonnen, als ich geflogen bin. Ich bin also in den Krieg gereist. Erstmal, weil ich diesen Roman schreiben musste. Das wusste zu diesem Zeitpunkt ja niemand. Ich bin damit nicht hausieren gegangen. Ey, ich schreibe einen Roman! Weil man weiß, schreib den mal zu Ende, dann kannst du das immer noch erzählen. Wie viele FB-Statusse habe ich schon gelesen, in denen vom Schreiben eines Romans die Rede war und dann kam nie einer. Also, ich wusste, dass ist wichtig für das Buch. Ich war aber auch ein bisschen naiv, weil ich noch nie eine solche Situation, also Krieg, erlebt hatte. Man glaubt irgendwie, das sei nur ein kurzes Aufflackern und dass das alles bestimmt bald weder vorbei geht. 50 Tage lang passierte aber genau das nicht. Und zwischenzeitlich googelte ich schon nach Flügen nach Griechenland und dachte, du musst hier weg. Ich konnte zehn Tage nicht das Bett verlassen, mit war schwindelig, schlecht. Die Symptome hatten viele – PTSD (posttraumatische Belastungsstörung). Und dann gab es kurz einen Waffenstillstand und alle dachten, es wäre vorbei.

In Berlin willst du trotzdem nicht mehr bleiben – wenn das Baby da ist, geht ihr zu dritt zurück nach Tel Aviv. 

Ja, wir werden in beiden Städten leben. Erstmal habe ich das ganze nächste Jahr noch mit dem Roman zu tun. Man denkt immer, dass ist wie mit Youtube-Videos, das geht für eine Woche viral und dann nächstes Video bitte. Ein Roman hat aber doch eine etwas längere Halbwertzeit. Dazu ergeben sich andere berufliche Möglichkeiten für mich, die ich wahrnehmen will. Daher Berlin-Tel Aviv und Tel Aviv-Berlin. Solange unsere Tochter nicht in die Schule muss, kann man das alles machen. Sie wird dreisprachig aufwachsen. Daher ist es sowieso gut, wenn sie lange Zeit auch wirklich in den beiden Städten vor Ort ist.

Die Entscheidung hat also nichts mit Groll gegen Berlin zu tun.

Gegen Berlin hege ich keinen Groll, das ist ja meine Heimatstadt. Die haben ich so lieb, wie man Dinge lieb hat, die man sein ganzes Leben kennt. Trotzdem fühlt es sich für mich besser an, wenn ich weiß, ich kann jederzeit nach Israel. Die Franzosen gehen jetzt so zahlreich, weil sie schon seit Jahren Wohnungen in Tel Aviv haben. Die haben genau so wie ich irgendwann angefangen zwei Wohnorte zu kreieren, als es anfing unangenehm zu werden. Und jetzt gehen sie, weil es nicht mehr auszuhalten ist. Man will ja nicht gehen müssen, wenn es schon zu spät ist. Unter einem solchen Druck macht man Fehler, man trifft auch fatale Entscheidung. Viel besser, so glaube ich jedenfalls, ist es, wenn man zwei Wohnorte hat und dann freier und beweglicher ist.

Ja, das macht Sinn. Die israelische Regierung ist trotzdem nicht gerade dein Lieblingsthema. Was muss sich als erstes ändern?

Bibi muss weg. Das Problem an Bibi ist nicht, dass er ein gemeiner und fieser Typ ist, sondern, dass er, um seine Macht zu erhalten, einen ganzen Staat ruiniert. Das ist egoistisch. Der wäre längst nicht mehr an der Regierung, wenn er nicht einige Rechte und Religiöse bestochen hätte. Hier, du kriegst einen Ministerposten, wir erfinden den Minister of Space, aber gib mir deine Stimme. Jetzt haben wir eine unmögliche Regierung, weil ein Typ nicht akzeptieren will, dass seine Zeit zu gehen gekommen ist. Das ist ein großes Unglück für ein großen Teil der Israelis. Denn dieser größere Teil, ob man es glaubt oder nicht, will Frieden und Ruhe. Man lebt doch sowieso in Koexistenz. 1,7 Millionen israelische Araber auf 6,1 Millionen jüdische Israelis. Das ist Koexistenz. Und die meisten Palästinenser wollen auch ihre Ruhe und sind genervt von dem ganzen Scheiß. Viele sagen, und auch ich, man braucht eine Zwei-Staatenlösung. Die sieht aber vor: Ein Staat für religiöse Extremisten und ein Staat für liberale Weltenbürger.

winternaehe mirna funk

Vielleicht geht es wirklich nicht ohne diese Trennung. Was schade ist, aber da kommt uns das reale Leben wohl in die Quere. Grundsätzlich fällt es vielen Menschen ja schwer, das, was sie nicht wirklich kennen, zu akzeptieren. Man merkt das immer wieder in den sozialen Medien, da werden teilweise sehr extreme Meinungen vertreten, die bloß auf Halbwissen basieren. Weil oft nur Fetzen des großen Ganzen aufschnappt werden. Man urteilt gern, auch über Israel. Könnte man deinen Roman eigentlich als eine Art Guide für Tel Aviv und den Umgang mit dem Judentum verstehen?

Das würde ich mir wünschen. Und das war auch irgendwie mein Ziel, also, einen Roman zu schreiben, in dem die Vielfalt der israelischen Gesellschaft zu erkennen ist. Es wäre wichtig, wenn jeder bei diesem Thema eines versteht: Dass es sooo komplex ist, dass man sich von Verallgemeinerungen verabschieden muss. Man kann sich zu diesem Thema äußern, aber dieses Pseudowissen muss aufhören. Ich bin jetzt seit vielen Jahren immer wieder in Israel gewesen und habe dort ein Jahr gelebt, mein Mann ist dort schon sein ganzes Leben, aber wenn man ihn oder mich nach dem Konflikt fragt, dann ist unsere einzige Antwort: Wir haben keine Ahnung von dem Konflikt. Und zwar, weil er so hochkomplex ist. Das würde vielen hier in Deutschland ganz gut stehen. Einfach mal zu sagen, ich war noch nie in Israel. Ich habe eigentlich keine Ahnung. Ein lustiges Beispiel: Vor wenigen Tagen erschien ein Verriss zum Roman in der Sächsischen Zeitung von Karin Großmann. Und generell darf man mein Buch scheiße finden, gar kein Ding. Aber wenn Karin Großmann es absurd findet, dass ein Pärchen am Strand von Tel Aviv über Politik redet, schließlich tragen sie nur Badesachen, dann hat Karin Großmann einfach keine Ahnung von Israel und argumentiert nur aus ihrer eigenen Lebenswelt heraus. Israel ist der wahrscheinlich politischste Staat der Welt. Alles, aber auch wirklich alles, ist mit Politik aufgeladen. Jeder Besuch beim Bäcker, jede Taxifahrt. Man kann keine 5 Minuten irgendwo sitzen, ohne dass es um Politik geht. Das kann Karin natürlich nicht verstehen. Die lebt aber auch in der merkelschen Wohlfühlrepublik.

Aus der Ferne ist es wohl einfacher, sich eine Meinung zu bilden als aus nächster Nähe. Dann müsste man sich ja wirklich mit den Dingen auseinandersetzen. Wenn ich am Strand liege, egal wo, dann mache ich übrigens wirklich nicht viel. Ein Buch lesen vielleicht und dann unterstreiche ich besonders schöne Zitate, solche, die man mit ins Leben nehmen kann. Hast du so einen Lieblingssatz auch in deinem eigenen Roman gefunden?

Es gibt, glaube ich ein paar, die sehr gut auf den Punkt bringen, um was es mir ging. Dieses zum Beispiel:

„Jede Person, mit der wir sprechen, ist angefüllt mit eigener Geschichte. Einer Geschichte, zu der wir niemals einen vollständigen Zugang haben werden. Und trotz dieses fehlenden Zugangs muss diese Geschichte, obwohl wir von ihr nicht wissen, immer mitgedacht werden.“

Danke, Mirna und alles Allerbeste für euch Drei.

„Winternähe“ ist im S. Fischer Verlag erschienen und hier erhältlich.

„Mirna Funk erzählt die Geschichte einer jungen deutschen Jüdin in Berlin und Tel Aviv.
Ihr Name ist Lola. Sie ist Deutsche. Sie ist Jüdin. Und die einzige, der ihr ein Hitlerbärtchen ins Gesicht malen darf, ist sie selbst. Sie hat genug davon, dass andere darüber bestimmen wollen, wer sie ist und wer nicht. Sie entscheidet, wovon sie sich verletzt fühlt und wovon nicht.

Wer bestimmt darüber, wer wir sind? Unsere Herkunft, falsche Freunde, orthodoxe Rabbiner?
Lola ist in Ost-Berlin geboren, ihr Vater macht rüber und geht in den australischen Dschungel. Sie wächst auf bei ihren jüdischen Großeltern und ist doch keine Jüdin im strengen Sinne. Ihre Großeltern haben den Holocaust überlebt, sie selber soll cool bleiben bei antisemitischen Sprüchen. Dagegen wehrt sie sich.
Sie lebt in Berlin, sie reist nach Tel Aviv, wo im Sommer 2014 Krieg herrscht. Sie besucht ihren Großvater und ihren Geliebten, Shlomo, der vom Soldaten zum Linksradikalen wurde und seine wahre Geschichte vor ihr verbirgt. Lola verbringt Tage voller Angst und Glück, Traurigkeit und Euphorie. Dann wird sie weiterziehen müssen. Hartnäckig und eigenwillig, widersprüchlich und voller Enthusiasmus sucht Lola ihre Identität und ihr eigenes Leben.“

9 Kommentare

  1. Lotta

    Bin in den letzten Tagen jetzt schon viermal über dieses Buch im Internet „gestolpert“. Hört sich wirklich viel versprechend an – heute wird’s gekauft und im Urlaub gelesen!

    Antworten
  2. Anna

    yay, so saucool, dass ihr auch zu solchen schwierigen Themen berichtet. Danke dafür – sowas müsste viel öfter in der Mitte der Gesellschaft geschehen. Wisst ihr, ob es das Buch auch in anderen Sprachen gibt/geben wird?

    Liebe Grüße!

    Antworten
    1. Mirna Funk

      Liebe Anna,
      Anfang nächsten Jahres erscheint der Roman auch in den Niederlanden und in Belgien. Mal gucken, was in den kommenden Monat noch so passiert und welche Länder darauf aufmerksam werden.
      Liebe Grüße,
      Mirna

      Antworten
  3. Alice

    Sehr interessantes und sympathisches Interview! Ich habe das Buch bereits gelesen und war sehr begeistert! Schön geschrieben und ein toller Einblick in das moderne Judentum. Vor allem hat es mir riesige Lust gemacht nach Tel Aviv zu reisen. Und sich auch mal vor Ort mit dem Ganzen auseinanderzusetzen. Ich hoffe auf weitere tolle Projekte von Mirna!
    Liebste Grüße,
    Alice

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