Fashion Week Tendenzen //
Über Mode, die Spaß machen darf.

28.09.2015 box3, Mode, Trend

spring summer 16 fun in fashionManchmal tut mir Mode leid, vor allem, wenn sie sich auf den spitzen und kritischen Zungen ihrer Betrachter herumtreibt. Es ist, als könne sie kaum etwas richtig machen, als zehre der ständig zu bestehende Drahtseilakt zwischen Tragbarkeit und Euphorie langsam aber sicher an ihren Nerven, als sei sie selbst nicht mehr sicher, was sie überhaupt will, wen sie bezirzen und kleiden mag. Vielleicht liegt der Fehler aber auch nicht bei der Mode selbst, sondern bei der Einstellung, mit der wir ihr gegenüber treten. Wer definiert überhaupt, was straßentauglich, wer, was zu viel ist? Meist die, die am Ende sowieso nicht für das brennen, was die Designer dieser Erde sich von Saison zu Saison für uns überlegen. „Alles langweilig“, hört man von hier, während dort hinten jemand brüllt „Verkleidungskiste!“. Na, was denn jetzt? Ich weiß, ich weiß, es gibt einen goldenen Mittelweg. Aber der ist nunmal nicht jederfraus Sache.

Umso glücklicher bin ich darüber, dass eine Handvoll Modeschöpfer und -Schöpferinnen an ihrem Mut zur optischen Dekadenz und Exzentrik festhalten und immer wieder dafür einstehen, dass Mode, ganz gleich in welchem Gewand sie daher kommt, vor allem eins muss: Spaß machen. Oder besser: Spaß machen dürfen. Wo kämen wir auch hin, ohne Leidenschaft und Experimente? Nach ein paar Jahren, die vor allem im Zeichen elegant-smarter Geradlinigkeit standen, die geprägt waren von schneeweißen Sneakern und Gemütlichkeit, wird eine Gegenbewegung jedenfalls immer deutlicher: Plötzlich wollen wieder dieses Bauchkribbeln ob des Besonderen spüren, wir wollen gesehen werden, statt in vornehmer Zurückhaltung zu verschwinden. Nicht immer, aber manchmal. Zumindest aber wollen wir die Freiheit genießen, uns in schreiende Farben, geschicktes Layering und verspielte Prints zu tunken, wann immer das Gemüt danach verlangt. Das wäre doch mal was. Wenn wir endlich begreifen würden, dass es tatsächlich Menschen gibt, die Mode lieben, in all ihren Facetten, aus tiefstem Herzen. Denen es Spaß macht, gelegentlich zu übertreiben, in Rollen zu schlüpfen und herum zu probieren bis Ananas-Früchte auf rosa Krawatten prangen.

Im Grunde sind die Looks, die beispielsweise bei Gucci, MSGM, Prada oder Marni über den Laufsteg jagten auch als Ode an die Toleranz zu verstehen. Angesichts der weltpolitischen Lage eigentlich kein Wunder – es ist wie damals nach der Weltwirtschaftskrise: Mode versucht auch, ein Stück weit zu betäuben. Das mag perfide sein, aber gleichzeitig die Natur des Menschen. Das neue Opium fürs Volk, behaupten die einen. Andere denken nicht weiter über den Ursprung des neu entdeckten tragbaren Lärms nach, sie lieben die Mode bloß wie andere Kunst:

Alle Bilder seht ihr bei VOGUE.

5 Kommentare

  1. Kali P.

    Geh in ein Kunst-Museum und sieh dir die verschiedenen Werke, Kunstrichtungen und Stile an. Manche findest du wunderschön, manche grausam, manche verstehst du einfach nicht. So ist Mode für mich.
    Ich muss nicht immer alles toll und großartig finden. Vielleicht ist es auch hier angebracht, mit dem Urteilen aufzuhören und die Dinge sein zu lassen, wie sie sind. Dann würde es aber wohl keine Trends geben. So ganz ohne Meinungen, Kritiken und Ihgitt-Gerufe.
    Mode ist ein Werk aus Vorstellungskraft, Zeit und Material, gefertigt für ein Publikum und dessen engstirniger Vorstellung von ihr. Nur so wird und vergeht sie.
    Picasso oder Dalí werden auch nicht von jedem gemocht, doch eben auch nur von den wenigsten verstanden.
    Liebst
    Kali von Miss Bellis Perennis

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  2. Esra

    Toller Text – wie immer!
    Ja!
    Spaß und Toleranz – am besten Hand in Hand!
    Wie intolerant die Menschen anhand bloßen Aussehens sein können, habe ich leider selbst zu spüren bekommen, als ich mir die Haare pink färbte!
    Wie abschätzig ich angeschaut wurde zum Teil!
    Kopfschütteln von wildfremden Menschen – und warum?
    Nur wegen lustigen Pigmenten in meinem Haar!
    Das muss aufhören… Von intoleranz gegenüber Aussehen bis zur Intoleranz gegenüber der Person selber ist nur ein mini kleiner Schritt!
    lg
    Esra

    http://nachgesternistvormorgen.de/

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  3. Jules

    Wie immer wundervoll geschrieben und so wahr! Ich ertappe mich häufig dabei, etwas tragen zu wollen, es dann aber nicht zu tun, weil es anderes ist, als das, was ich sonst trage. Dabei sollte Mode Spaß machen und vielleicht sogar ausdrücken, wie man sich fühlt – auch, wenn es jeden Tag anderes ist.

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  4. Pingback: Fashion Week Tendenzen // Über Mode, die Spaß machen darf. | LilaFine.com

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