POSITION STATT POSE // Ein Solidari-T für das Grundrecht auf Gleichheit

16.11.2016 Gesellschaft, box1, Wir

art III solidari t

Ob Mode politisch sein kann, ob sie es sogar sein muss, als Ausdrucksmedium, Statement und stoffgewordene Parabel, die von Solidarität und Verbundenheit erzählt, darüber diskutieren wir immer wieder, gerade jetzt. Weil man nicht nichts tun kann – gegen Homophobie, Rassismus, Sexismus und Weltbilder, die keine Diversität erlauben. Gegen die Angst vor dem Fremden und Neuen, die als Dünger für rechtes Gedankengut, den Aufstieg von AfD und Pegida in Deutschland und den Brexit funktioniert, die Autokratien zulässt, Marine Le Pen hetzen, Viktor Orbán drangsalieren oder Donald Trump siegen lässt. Rückblick.

In der Nacht des 12. Juno stürmt Omar Mir Seddique Mateen gegen 02:00 Uhr den Gay Club „Pulse“ und erschießt 49 Menschen. Aus Hass gegen eine von vielen Minderheiten; das Massaker von Orlando gilt als gezielter Anschlag auf die LGBTQ.-Gemeinde. 25 angehende Modejournalisten/-innen der Akademie für Mode & Design beschließen am darauffolgenden Tag, dass nichts mehr nicht politisch sein kann und darf. Auch Mode nicht. Zusammen mit ihrem Dozenten Fabian Hart entwickeln sie die Idee zum Solidari-T-Shirt ART III, das Artikel 3 GG, also unser Grundrecht auf Gleichheit, als StreetART auf die Straße bringt und sichtbar macht. Der gesamte Erlös kommt dem Hamburger Verein Basis und Woge zugute, der sich um Jugendliche kümmert, die aufgrund ihrer Sexualität, Hautfarbe, Herkunft oder Religion mit Diskriminierung und Ausgrenzung konfrontiert sind. Wir machen mit. Weil Position jetzt wichtiger ist als Pose.

„Das Gesetz ist die Basis unserer Gesellschaft – 
 so wie ein T-Shirt ein Basic unseres Alltags ist.“ ART III

Nike&Jakob – Final

„Wir sind nicht länger die Unbeschwerten, deren gutes Leben von den anderen gesichert und organisiert wird. Unsere Demokratie ist keine unwiderrufliche Errungenschaft unserer Geschichte. Wir selbst müssen sie sichern, unsere Grundrechte einfordern.“ Fabian Hart

art III solidari t

Zwar gelingt es und ganz sicher nicht, die Welt mit einem einzigen T-Shirt vom Kleingeist zu befreien, aber wir können für das einstehen, woran wir glauben. Daran, dass jeder Mensch gleich (viel wert) ist. Sichtbarer Zusammenhalt ist unweigerlich imstande dazu, genau dort wichtige Diskurse zu beleben, wo sich vielleicht längst eine gefährliche Art von Selbstverständlichkeit eingeschlichen hat. In unserer Blase etwa. Wenn Liberalität Standard ist, fällt das Streitgespräch allzu häufig unter den Tisch, genau wie jene, die mit ihren Befürchtungen isoliert daneben stehen. Dabei ist der Austausch womöglich unsere kostbarste Währung, die effektivste Waffe gegen Rechts in jedweder Form.

art IIIDie fair produzierten T-Shirts sind passend zum International Tolerante Day in limitierter Edition unter artdrei.bigcartel.com für je 40,00 Euro erhältlich.

„ARTIII repräsentiert die Vielfalt unserer Gesellschaft und ist in den sozialen Medien zu Hause. Wer ARTIII verkörpern möchte und selbst nicht nichts tun möchte, kann ab sofort unsere Botschaft der Dreieinigkeit verbreiten.“

Es war mir die größte Ehre, einen Teil der Macher*innen kennenlernen zu dürfen, besonders Julia Rau, die unsere Freundin Mary Scherpe, Schauspieler Clemens Schick, Einkäufer Herbert Hoffmann, Youtuberin Suzy Grime, App-Co-Gründerin Ann-Kathrin Grebner, Willy, Patrick Mason (Art Director), Autor Adrian Bianco (Biancissimo & Vice) oder die beiden Magazinmacherin Kira und Olive, aber auch Jakob und mich für eine kleine Kampagne zusammengeführt hat. Durch die Unterstützung von Elbsticker, Glore Store Hamburg, Marlowe Nature, Marten Herma Anderson und der Fotografen Marlen Stahlhut, Roman Rätzke, Kumičak und Namslau, sowie durch EigenOinanzierung, konnte das Projekt ARTIII realisiert werden. Danke!

Das ART III Logo des Solidari-T steht für den Artikel 3 des Deutschen Grundgesetzes, das seit 1949 existiert:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechts, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

ARTIII-Gruppenbild-finalDanke, danke, danke und Chapeau, ihr tollsten Student*innen.
Es müsste mehr von euch geben ♥

7 Kommentare

  1. Kristiane

    Mir hätte es vielleicht noch besser gefallen wenn das Statement sich auch dem Betrachter vermittelt. Also dem, der dem Shirt-Träger ohne Vorwissen begegnet.
    Vermutlich wurde darüber aber lang und ausgiebig diskutiert und man hat sich für die ’schlichte‘ Variante entschieden. Womöglich ist es für andere ja sogar ein Kaufgrund ein ‚politisches‘ Shirt zu tragen, dass aber als solches nicht erkennbar ist.

    Ein paar Infos zum Shirt als solches wären trotzdem hilfreich. Woraus ist das Shirt denn gemacht und wo wurde es gefertigt, ist es bedruckt, oder doch bestickt?
    Vielleicht kann die Produktbeschreibung dahingehend noch ergänzt werden.

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  2. Sysa

    Eine schöne Idee, aber am Ende für mein Verständnis doch zu ARTsy bzw. eben zu kryptisch. Weder wird gleich klar, was man vermitteln möchte, noch ist es so kryptisch, dass man dadurch ins Gespärch kommt.

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  3. Jul

    Also erstmal finde ich es auch wahnsinnig gut und wichtig zu erkennen, dass jetzt die Zeiten des Sich-politisch-Raushaltens vorbei sein müssen. Auch dass ihr Janes uns auf eurem Blog nicht nur mit Hübschem/Feinem/Leckeren auf dem Laufenden haltet, sondern so eine gekonnte Mischung auch aus Meinung und wirklich Relevantem hinbekommt-super. Dafür mal ein großes Danke!

    Dieses „ART III“-Projekt sehe ich allerdings auch kritisch.
    Klar ist etwas tun und seine Kreativität für den Guten Zweck einzusetzen besser, als nur zu jammern und drauf zu warten dass andere aktiv werden- keine Frage!
    Auch finde ich den Ansatz gut, Mode als Statement im Alltag benutzen zu wollen.
    Wenn dies dann allerdings SO subtil stattfindet (wie ja auch von Kristiane und Sya bemerkt), dann kommt bei mir leider ein Beigeschmack von (ich nenne es jetzt mal) „Engagements-Selbstbeweihräucherung“ auf.
    Ich denke nämlich nicht, dass es besonders viel Courage erfordert, sich ein Hemdchen anzuziehen, dessen kryptische Botschaft nur von Leuten entziffert werden kann, die sich eh schon mit der Aktion auseinandergesetzt haben und ihren Aussagen daher, davon gehe ich jetzt mal aus, sowieso zustimmen. Die Menschen, die es umzustimmen und von demokratischen Werten zu überzeugen gälte, werden so aber nicht erreicht.
    Klar soll das kein Aufruf zum Ziegelsteine-Werfen sein und jeder Tropfen auf dem heißen Stein ist besser als nichts, bei dem Thema. Auch soll ja keiner im Kartoffelsack (oder verwaschenem Antifa-Shirt) rumlaufen müssen, nur um zu zeigen, für welche Werte er einstehen will- verständliche Message-Mode: ja bitte!
    Aber, und ich meine das auch schon bei mir selbst und in meinem Umfeld beobachtet zu haben, ich glaube man läuft schnell Gefahr, sich mit solchen Aktionen selbst zu belügen, nach dem Motto „Ich mache doch was, ich engagiere mich ja…“. Leider ist das Ganze dann aber oft zu kurz gedacht oder noch nicht ausgegoren und verfehlt so sein eigentliches Ziel.
    Eine Modekollektion, die eine Botschaft vermitteln möchte welche man aber nicht versteht, ist am ende halt leider wieder doch nicht mehr als…eine fancy Modekollektion. Dann hat man als Designer oder Endkunde zwar persönlich das gute Gefühl, dem ganzen Wahnsinn da draussen scheinbar etwas entgegengesetzt zu haben, wirklich erreicht ist damit aber trotzdem nichts. Eventuell hält dieses beruhigend bequeme „Engagiertheits-Gefühl“ einen sogar davon ab, „so richtig“ aktiv zu werden, weil man das Gefühl hat, es ja irgendwie schon zu sein.
    Das alles heißt nicht, dass ich die eine Lösung hätte, wie man es besser macht, auch will ich die Macher nicht beleidigen oder ihre edlen Motive infrage stellen. Nur lasst uns hier gemeinsam diskutieren, wie man sowas in Zukunft besser machen kann!

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    1. Pi

      wow, du fasst sehr respektvoll und reflektiert zusammen, was mir zu diesem thema auch durch den kopf ging,
      das ist eine sehr konstruktive und differenzierte auseinandersetzung mit der guten intention und den potentiellen fallstricken dieser aktion.

      meine frage/anregung dazu:
      wie wird daraufhingewirkt, dass das statement t-shirt als solches verstanden und als einladung zu konstruktiven diskursen erkannt wird? ist das projekt ART III als t-shirt design- und verkaufsaktion in sich abgeschlossen, oder wird sie noch von erklärenden/informativen u/o diskussionen und austausch fördernden aktionen und events begleitet?

      und: beschraenkt sich die philosophische fundierung dieser aktion darauf, dass alle personen wie in artikel drei genannt vor dem GESETZ gleich sind, oder wird auch ueber die ethischen, den lebensalltag und die wirtschaft/konsum betreffenden konsequenzen diskutiert und philosophiert, was es heisst, wenn alle menschen auch aus einer philosophischen perspektive gleich sind und gleiche rechte haben? (im sinne des kategorischen imperativs, der vereinbarkeit des guten lebens des selbst mit dem guten leben fuer alle, sozialer gerechtigkeit, nachhaltigkeit, evtl dem capability approach?

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  4. Vanessa

    Mh. Ein wenig wundert es mich doch, dass es hier erst einmal (wenn auch konstruktive) Kritik regnet.
    Erinnert mich ein wenig ein Weltretter-Vegetarier-Diskussionen á la „Wie, du isst zwischendurch mal Fleisch? Ne, also wenn du nicht komplett vegan lebst, nur noch Bio-Produkte und Fairtrade kaufst, nehm ich dich nicht ernst.“
    Ich weiß, der Vergleich hinkt, aber vielleicht versteht der ein oder andere, worauf ich hinaus will.
    Wichtig ist, dass etwas passiert. Dass immer mehr Menschen auf solche Ideen kommen, Projekte starten, zum Nachdenken anregen, versuchen, sich für etwas einzusetzen. Das muss nicht immer gleich auf Anhieb perfekt und schon zum politischen Manifest ausgearbeitet sein. Auch Kleinvieh macht Mist und irgendwo muss man ja mal anfangen, oder?
    Und mich freut es ungemein, momentan an vielen Ecken viele kleine Projekte in der Art zu sehen, immer mehr Menschen, die aktiv werden, anstatt nur zuzuschauen.
    Noch so ein Beispiel: https://www.facebook.com/bewegungfuerdemokratie/?fref=ts
    Ich denke nicht, dass die Begründer und Unterstützer von ART III sich jetzt zurücklehnen, auf die Schulter klopfen und denken „Puh, also meinen Teil habe ich jetzt beigetragen. Fertig!“.
    Und auch wenn die Message etwas kryptisch und das T-Shirt stylisch ist – ich denke schon, dass sich die Aktion rumsprechen wird, und wenn auch erst einmal in der Sphäre der Modewelt. Aber immerhin sind’s doch alle Influencer mit guten Kontakten, wenn das ein oder andere Magazin auch noch darauf hinweist…es ist doch begrüßenswert, vielleicht erreicht es auch das ein oder andere Fashion Victim, das sich sonst nicht mit politischen und sozialen Themen auseinandersetzt und regt zum Nachdenken an.
    Und für alle, die entweder nur denken „schickes Shirt, kauf ich“ oder die immer noch erst einmal meckern und mit dem Finger auf alle Punkte zeigen, die verbesserungswürdig sind: Wenigstens spendet man für einen gute Zweck.

    Also ich finde die Aktion – trotz aller Kritikpunkte, die ich durchaus nachvollziehen kann – super.

    LG, Vanessa

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