This is Jane Wayne - Slow Sunday - Ich möchte, dass du mich magst

Slow Sunday //
Ich möchte, dass du mich magst.

11.12.2016 Allgemein

This is Jane Wayne - Slow Sunday - Ich möchte, dass du mich magstIch bin oberflächlich konsenstauglich. Ein konsenstaugliches Chamäleon sozusagen. Nicht zu laut, nicht zu leise. Lustig aber nicht albern. Höflich, aber nicht unterordnend. Locker, aber nicht überdreht. Freundlich, aber nicht naiv. Selbstbewusst, aber nicht arrogant. Ich wirke deswegen in vielen Situationen fast unsichtbar, aber trotzdem erinnert man sich später an mich, fast immer positiv. Ich habe das perfektioniert. Nicht nur, weil ich festgestellt habe, dass mich dieses Verhalten in der künstlich aufgebauschten Mode-Branche, in der ich lange gearbeitet habe, am wenigsten gefährdet – sondern auch, weil die Wahrscheinlichkeit, abgelehnt und verletzt zu werden, wenigstens etwas minimiert wird. Denn darum geht es: Um unbegründete Ablehnung der eigenen Person. In der Tiefe bin ich ganz und gar nicht konsenstauglich, sondern eher ein seltsames Nischenprodukt mit etwas komischen Ansichten und Prinzipien, über die sich selten jemand unterhalten möchte. Doch davon wissen die meisten gar nichts, weil es zu diesem Level an Intensität oft nicht kommt.

Das finde ich auch nicht schlimm. Intensität ist anstrengend und Oberflächlichkeit sowie Small Talk sehr wichtiger Gesellschafts-Kit. Was ich aber schlimm finde, ist, dass mir in meinem Leben in den meisten Fällen nicht mal mit einem Mindestmaß an Freundlichkeit und Respekt entgegengetreten wird. Selbst mit meiner heute perfektionierten Unsichtbarkeit. Einfach so, aus Gründen, die nie jemand zugeben würde und die ich mir nicht ausgesucht habe. Ich möchte aber nicht abgestraft werden für Dinge, Eigenschaften oder Vorteile, die ich angeblich genieße, wenn diese absolut nichts mit mir als Person zu tun haben. Ich möchte in Frieden vor mich hin leben. Ich möchte in Ruhe gelassen werden. Ich möchte aber auch, dass man mich mag, weil es viel schöner ist, gemocht zu werden. Weil eine freundlich gestimmte Umwelt einem Sicherheit gibt. Weil respektvolles Verhalten und „jemanden mögen“ häufig sehr nah beieinander liegen. Und weil es an meiner Person nichts „nicht zu mögen“ gibt.

Ich werde viel häufiger abgelehnt, als gemeinhin von anderen angenommen. Völlig unbegründet. Ich bin schon immer passiv ausgegrenzt worden und obwohl ich immer überall recht beliebt bin, bin ich trotzdem eine Außenseiterin. Das hat mich hochsensibel werden lassen. Auch wenn niemand etwas sagt, auch wenn Gesichtsausdrücke sich nur kaum merklich verändern und man objektiv meinen könnte, man befände sich in einer neutralen Situation, könnte ich über jede einzelne Begegnung in meinem Leben einen psychoanalytischen Roman schreiben. Ich merke andauernd, dass ich nicht erwünscht oder nicht gewollt bin – oft bevor die entsprechenden Bekanntschaften es überhaupt selber merken.

Die ersten 10 Sekunden eines Aufeinandertreffens sind für mich deshalb die entscheidensten. Fast panisch versuche ich, die Situation möglichst schnell zu erfassen. Ich will vorbereiten sein auf das, was kommt. Denn die Härte, mit der mich der negative Vibe meines Gegenübers leider viel zu häufig trifft, ist eigentlich immer unerwartet schmerzhaft und geht direkt durch, mitten ins Herz. Der Schmerz bleibt manchmal für Tage, er lässt mich nicht schlafen, er lässt mich zweifeln und er lässt mein Leben viel weniger schön erscheinen als es eigentlich ist. Es fehlt mir im Allgemeinen an der nötigen sozialen Schutzmauer, die in meiner DNA offensichtlich einfach nicht vorgesehen war und für die mir deshalb schon mein halbes Leben lang der Baustoff fehlt. Wenn ich spüre, dass mein Gegenüber mich nicht mag, aus Gründen, für die ich nichts kann und für Eigenschaften und Merkmale, die ich nicht verstecken müssen möchte, dann fühlt sich das an, als würde ich bestraft werden für die Person, die ich bin. Ich fühle mich nicht akzeptiert, nicht respektiert und „falsch“. „Du bist nicht okay, du bist nicht gewollt“, das ist das Gefühl, dem man, wenn man es zu oft spürt, irgendwann zu glauben anfängt.

Ich hatte schon immer das Bedürfnis nach Liebe und Akzeptanz. Ich bin nicht gerne eine harte Person oder eine, die ständig daran arbeiten muss, abgestumpft und unterkühlt zu werden, damit mir die Dinge nicht so nahe gehen. Ich möchte nicht die Negativität anderer Menschen in meinem Leben haben. Es ist mir nicht egal, was andere über mich denken. Es ist nicht schwer, mich zu verletzen. Ich möchte gerngehabt werden und das macht mich leider oft abhängig von völlig unberechenbaren Menschen, denen ihr liebendes und fühlendes Wesen abhanden gekommen ist. Die sich im Krieg mit sich selbst befinden und deshalb auch automatisch im Krieg mit ihrer Umwelt.

Über die Zeit allerdings habe ich gelernt, meine Sensibilität nicht mehr als Schwäche zu empfinden, sondern ganz im Gegenteil als ein Geschenk, egal, wie viel Schmerz sie mir auch bereiten mag. Ich mag diese Eigenschaft nämlich eigentlich sehr an mir. Ich möchte nichts an ihr ändern und ich denke mittlerweile, dass sie vielleicht die größte Stärke ist, die ich überhaupt habe. Je häufiger ich verletzt werde, desto mehr Liebe, die ich zu geben habe, scheint sich daraus zu entwickeln. Vielleicht ist das ein simpler Überlebensmodus in dem ich mich da befinde, das ist durchaus möglich. Aber ich umarme diesen Modus jeden Tag und versuche nicht mehr, gegen ihn anzukämpfen. Die Stimmen, die von außen über Jahre an mich herangetragen wurden und in meinem Kopf nachhallen, sind viel leiser geworden, seit ich achtsamer mit mir umgehe. Ein „du bist zu lieb“, „du bist zu nett“, „du bist zu sensibel, zu weiblich, zu weich“ kommt mir inzwischen glücklicherweise oft absurd vor. Wieso sollte ich eine so tolle Eigenschaft, die für die richtigen Menschen in meinem Umfeld und auch für mich selber ein Geschenk darstellt, abstellen? Ein Leben mit Freundlichkeit ist ein gutes Leben, es ist vielleicht das beste Leben. Warum sollte ich es durch Härte, Abstumpfung und durch Kälte ersetzen? Der Fehler liegt gar nicht bei mir, sondern bei jenen, die sich an mir stören. Die in mein Leben kommen und ungefragt kritisieren. Die bei mir herumpoltern, weil sie nicht an sich selbst und an ihrem eigenen inneren Frieden zu arbeiten.

Nur weil ich manchmal mit einer Eigenschaft vermeintlich weniger gut durchs Leben komme, nur weil sie es mir schwerer macht, in allem was Leistungsdenken und Machtergreifungsfantasien beinhaltet, heißt das nicht, dass ich sie deshalb aufgeben will. Selbstzweifel und Unsicherheit müssen dahin zurückgeschoben werden, wo sie ihren Ursprung haben. Nämlich zu den Menschen, die aus einer charakterlichen Schwäche heraus die schlimmen und traurigen Erfahrungen, die sie in ihrem Leben machen mussten, in sehr viel sehr tief sitzende Wut anderen und sich selbst gegenüber umgewandelt haben. Ich wünsche mir, dass ich in Zukunft noch öfter sagen kann: Ja, ich will gemocht werden. Aber wenn du mir absprichst, „okay“ zu sein, wie ich bin – dann nicht von dir.

Fotocredits Collage: tumblr (viciouslycyd, qsdaydream, 20th-century-man), landonmetz.com, Pinterest (Bloglovin)

24 Kommentare

  1. Vera

    Hm, der Satz „Ich merke andauernd, dass ich nicht erwünscht oder nicht gewollt bin – oft bevor die entsprechenden Bekanntschaften es überhaupt selber merken“ hat mich stutzig gemacht. Möglicherweise stösst du so oft auf Ablehnung, weil es eine Art self-fulfilling prophecy ist? Versteh mich nicht falsch, ich möchte dir nicht unterstellen, du seist schuld an der erfahrenen Ablehnung. Ich kann das nicht beurteilen. Und ich verstehe auch, dass dir Ablehnung zu schaffen macht und dass du geliebt werden möchtest. Nur, vielleicht fokussierst du dich etwas zu sehr auf die Möglichkeit, abgelehnt zu werden, sodass du anderen gar keine Chance gibst, dich zu lieben?

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    1. Julia Jane Artikelautorin

      Hi Vera,

      das ist natürlich eine Möglichkeit, aber ich glaube, dass sie auf mich nicht zutrifft.
      Vielleicht macht dich mein Satz stutzig, weil du dir nicht vorstellen kannst, dass andere Vibes aussenden, die ihnen selber nicht bewusst sind? Ich spreche hier auch von den ersten Sekunden eines Kennenlernens, in denen außer Äußerlichkeiten und vielleicht noch die Stimmlage einer Begrüßung nichts anderes in die Sympathie-Waagschale geworfen werden kann. Selbst wenn ich mich zu sehr darauf fokussieren würde, kann ich in damit meiner Meinung nach nur sehr schwer die Reaktionen in den ersten Sekunden meines Gegenübers beeinflussen.
      Natürlich sei hier gesagt, dass immer wenn es um Nuancen und Vibes geht, es sehr schwer ist eindeutig die Situation zu schildern und eine Konsenslösung zu finden. Jeder empfindet das anders und das ist ja auch völlig okay.

      Ich danke dir für deinen Kommentar.
      Liebe Grüße,

      Julia

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  2. Tine

    Liebe Julia,

    vielen Dank für diesen Einblick in deine Gedanken- und Gefühlswelt. Für mich ist es das erste Mal, einen meiner Erlebnissen so ähnlichen Text zu lesen.
    Auch ich habe mich erst vor kurzem dazu entschieden, diese Sensibilität und meinen Harmonie suchenden Umgang mit Mitmenschen nicht als Defizit, sondern als Stärke zu sehen.
    Ich kann das leider nicht so schön formulieren, wie du es getan hast. Ich möchte dir dafür danken. Denn es bestärkt mich in meiner Erkenntnis, diese Charakterzüge nicht mehr als Schwächen einzuordnen. 🙂

    Liebe Grüße und einen wunderschönen 3. Advent,
    Tine

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  3. Sophie

    Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr du mir aus der Seele sprichst. Dein Text hat mich sehr berührt. Danke

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    1. Julia Jane Artikelautorin

      Wie lieb von dir, Sophie. Wenn meine Texte bei anderen durchkommen und diese vielleicht ähnliches empfinden, dann macht mich das wirklich glücklich <3

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  4. Alex

    Hey liebe Julia,

    ich kann mich sehr gut in deine Gefühlslage hineinversetzen. Du schreibst deine innere Welt so klar und durchsichtig, dass dieser Mut zur Offenheit bewundernswert ist.
    So wie es am Anfang klingt, versuchst du dich selber in eine Rolle zu quetschen, nur um mit anderen Menschen in Frieden zu sein. Doch obwohl du dich stetig versuchst im Mittelmaß zu bewegen, denkst du, dass du auf Ablehnung stößt. Vielleicht solltest du mehr dazu stehen wie du bist? Nämlich die mit den abgedrehten Ansichten! Ich kann es verstehen, dass wir nicht überall unsere intimsten und intensivsten Seiten zum Selbstschutz preisgeben sollten. Aber ich habe immer das Bedürfnis mich auszudrücken und nicht etwas inneres nach außen zu unterdrücken und etwas vorzutäuschen. Natürlich ist die Mode-Branche auch eine Welt der Oberflächlichkeit, aber mich haben schon immer diejenigen Designer am meisten interessiert, die sich von den anderen unterschieden haben.
    Übrigens eine gute Sichtweise, um mit den abgekühlten Menschen umzugehen 😉

    Selbstzweifel zurück wo er hin gehört!

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    1. Julia Jane Artikelautorin

      Hi Alex,

      danke für deinen Kommentar. Mir fällt es in der Tat schwer überall so zu sein, wie ich wirklich bin. Aber gibt es das überhaupt? Das wirkliche Ich und das andere Ich? Vielleicht ist mein oberflächliches Ich ja auch ein Teil von meinem wirklichen Ich.
      Jedenfalls finde es ich toll, wenn du ungezwungen immer so sein kannst, wie du bist. Das ist sicher etwas sehr wertvolles und ich wünsche dir, dass du es dir so beibehälst.

      Liebe Grüße,

      Julia

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  5. Mila

    Ein sehr bewegender Text, liebe Julia, ich kann fast alles, was Du schreibst 1:1 nachfühlen. Ich habe auch schon so oft gehört, ich sei zu nett und denke mir dann – manchmal sage ich es auch – eigentlich sind nur die anderen nicht nett genug. Allerdings muss ich den Kritikern der Menschen, die gerne nett sind und versuchen, stets das Mittelmaß zu wahren, zu Gute halten, dass einen das für die meisten Menschen wenig greifbar macht – da braucht es schon ein paar Ecken und Kanten. Aber die zeige ich eben nur den Leuten, von denen ich das Gefühl habe, ich kann ihnen vertrauen.

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    1. Julia Jane Artikelautorin

      Hi Mila,

      das ist wirklich ein interessanter Aspekt, dass „nette und freundliche“ Menschen für andere weniger greifbar sind. Das finde ich für mich persönlich total seltsam, denn jemand, der mir seinen Ecken und Kanten am Anfang vielleicht etwas zu sehr aufdrängt, finde ich nicht greifbar. Eher unangenehm. Aber das ist sicher eine Frage, wie man selber ist. Vielleicht brauchen andere direkt etwas zum Festhalten, zum Einordnung und zum Erinnern. Mir hingegen reichen diese Informationen auch später.

      Danke für die Anregung und deine lieben Worte.
      Liebe Grüße,

      Julia

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  6. Magda

    Danke Julia für diesen Text! Ich habe gerade in den letzten Wochen auf der Arbeit das Feedback bekommen, zu nett zu sein und zu Harmonie-liebend und das ich dies schellstens ändern solle. Das hat mich sehr getroffen und ich habe es als negative Persönlichkeitseigenschaft aufgefasst, v.a. wenn einem dies häufiger an den Kopf geworfen wird. Dein Text hat mir gerade die Augen geöffnet: warum sollte das eine Schwäche sein? Ich lasse mich nicht durch deren Kälte in meiner Persönlichkeit degradieren.. ich danke dir für deinen Text und freue mich jeden Sonntag auf deinen Beitrag hier. Ganz gross! <3

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  7. Nora

    Liebe Julia,
    danke für deine Offenheit. Wenn ich ganz ehrlich bin, verstehe ich den Text allerdings nicht gänzlich. Du schreibst du seist ein Konsens-Chamäleon und dass Menschen dich eigentlich immer in guter Erinnerung behalten. Dann schreibst du wiederum, du würdest viel häufiger abgelehnt, als man annehmen würde. Was denn nun? Macht dich dein Chamäleon-Dasein so aalglatt, dass dich alle mögen oder doch eher das Gegenteil? Und wenn du meinst, eigentlich ganz anders zu sein, wäre es doch schön, das auch zu zelebrieren, anstatt sich in Unsichtbarkeit zu üben. Das macht einen zwar angreifbarer, aber auch viel liebenswerter und eben das Gegenteil von oberflächlich. Vielleicht, und das ist nur eine Idee, ich kenne dich ja nicht, ist es auch dieses Chamäleon-Dasein, das Leute irritiert.

    Und auch der Frage von Vera würde ich mich anschließen: gehst du schon so sehr davon aus, abgelehnt zu werden, dass du manchmal auch Gespenster siehst? In meiner Erfahrung im Umgang mit Menschen habe ich eines gelernt: die meisten Menschen denken viel weniger über einen nach, als man das gemeinhin im eigenen Kopf durchspielt.

    Mir kommt der Argumentationsganz des Textes ein wenig widersprüchlich vor, darum frag ich nach.
    Alles Liebe!
    Nora

    Antworten
    1. Julia Jane Artikelautorin

      Hi Nora,

      schau mal, oben habe ich bereits einiges beantwortet. Es gibt für mich einen Unterschied zwischen meinem Chamäleon Dasein im Laufe der Begegnung und der Ablehnung, die ich in den ersten paar Sekunden empfinde (und die sich dann durchzieht). Es ist sicher etwas unscharf formuliert, widersprüchlich empfinde ich es aber nicht. Lass es mich so sagen: Sicherlich irritiert Leute dieses Chamäleon Verhalten etwas, führt aber dazu, dass ich weniger angreifbar bin (und mich sicherer fühle) und wird ausgelöst durch die spürbare Ablehnung der anderen. Vielleicht wäre es objektiv gesehen ein guter Weg, wenn man die Ablehnung ignoriert und sich weniger an die Situation anpasst – ergo die anderen weniger irritiert und am Ende vielleicht doch alle miteinander sympathisieren. Ich arbeite aber vor allem daran, dass mir das Ganze nicht so nahe geht, das würde mir selber schon ein gutes Stück helfen. Alles andere liegt mir irgendwie fern. Ich finde übrigens, dass es jemand liebenswert macht, wenn er tatsächlich freundlich, emphatisch und lieb ist und nicht, wenn er mir einfach nur zeigt, wie er wirklich ist.
      Und auch spannend fand ich den Einwand „die meisten Menschen denken viel weniger über einen nach, als man das gemeinhin im eigenen Kopf durchspielt“, denn ich würde es eher so formulieren: Die meisten Menschen denken viel weniger über sich selber und ihre Wirkung auf andere nach, als man es sich vorstellen kann. Es muss nämlich gar keiner über mich nachdenken, es würde nur nicht wehtun, wenn man einfach mal ganz nett, freundlich und unvoreingenommen ist.

      Danke für deinen Kommentar und liebe Grüße,

      Julia

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  8. pingu

    Liebe Julia,

    dein Text hat mich sehr berührt. Danke für deine Offenheit bei diesem Thema.
    Über Verenas Einwand mit der „self-fullfilling prophecy“ mache ich mir selbst auch öfter Gedanken. Ich bin zwar oft davon überzeugt durch mein Auftreten ausschließlich positive Vibes zu verbreiten, doch bin ich mir mit Sicherheit auch nicht immer ganz bewusst, ob so ein kleiner Zweifel an den Absichten meines Gegenübers, meinen Ausdruck doch mehr beeinflusst als mir lieb ist. Selbst wenn man die Begegnung später noch einmal reflektiert und versucht das eigene Verhalten möglichst objektiv wahrzunehmen, wird man sich nie ganz sicher sein, ob man nicht doch ein falsches Signal gesendet aber nicht bemerkt hat. Insofern wirkt zu häufiges Hinterfragen auch verunsichernd, denn Wahrheit und Wahrnehmung sind nicht das gleiche.
    Um also die eigene Freundlichkeit, Unvoreingenommenheit und Sensibilität nicht zu verlieren, hat es mir geholfen eine Grenze für negative Vibes ziehen. Eine Grenze zwischen außen und innen, die Negatives vom Gegenüber abschirmt, bevor sie mir zu nahe gehen. Das ist eine ganz einfache und notwendige Schutzmaßnahme, denn ich kann und muss auch gar nicht von jedem gemocht werden. Ohne diesen Zwang bin ich frei, weil ich keine Gegenleistung meiner „vorgestreckten“ Freundlichkeit erwarte. Ebenso mag ich auch nicht jeden Menschen so richtig gern, doch ich kann trotzdem jedem gern mit Freundlichkeit begegnen. Freundlichkeit ist eine Chance, wenn der andere nichts daraus machen kann oder will, bleibe ich auf neutraler Distanz. Wie soll der andere mich auch mögen, wenn er das vielleicht von sich selbst (noch) nicht sagen kann? Vor der Liebe zu anderen, kommt für mich die Selbstliebe. Bei der Beschäftigung mit solchen und anderen Dingen des Selbst, ziehe ich auch gern die Philosophie zu Rate und übe mit Meditationen. 😀
    Ich wünschte jedenfalls, ich würde dir begegnen liebe Julia, denn dann würde ich dir ganz viel positives zurücksenden 🙂

    Antworten
  9. Tati

    Liebe Julia,

    ich kenne das! Aber ich finde, man muss unterscheiden zwischen einer Sensibilität, die man besitzt, und dem Wunsch nach Anerkennung. Sensibilität ist super! Bitte nicht ändern, das siehst du ganz richtig.
    Aber die Abhängigkeit von der Anerkennung anderer, die ist nicht gesund (weil die nämlich weh tut und unfrei macht!) und die kann man auch ändern. Und das ist ein Prozess, der nicht leicht ist, aber gelingen kann, so sehe ich es an mir.
    Denn das ist ein Punkt, an dem du oft leidest und sowas sollte man ändern. Aber je mehr du dich selbst akzeptierst und liebst, desto weniger brauchst du die anderen.
    Die Sensibilität zu akzeptieren ist also irgendwie der erste richtige Schritt.

    Falls das Quatsch ist, sag das gerne 🙂

    Lieben Gruß
    Tatjana

    Antworten
    1. Julia Jane Artikelautorin

      Hi Tatjana,

      nein gar kein Quatsch. Ich suche tatsächlich aber gar nicht nach Anerkennung, die kann man mir auch durch simples „nett sein“ gar nicht geben, sondern nur, wenn man mich wirklich gut kennt. Heruntergebrochen suche ich nach einem freundlichen und friedlichen Miteinander, also vielleicht einer Art oberflächlicher aber unschuldiger Liebe und Akzeptanz. Ich glaube Selbstliebe hilft mir dabei, dass ich die Abwesenheit dieser Liebe und Akzeptanz besser ertragen kann, aber sie hilft nicht dabei, dass mir Menschen positiver gegenübertreten. Es sei denn sie verbessern ihr eigene Selbstliebe, dann vielleicht.

      So oder so, danke für deinen Kommentar.
      Liebe Grüße,

      Julia

      Antworten
  10. Flo

    Die sensible Seite an sich zu schaetzen und sich gleichzeitg als ’starke Frau‘ sehen zu koennen, das also gerade nicht als Gegensatz sondern als komplementaer zu getrachten, finde ich super wichtig. Ganz verstehe ich allerdings nicht was du meinst, da du schreibst, da du einerseits ueberall als Chameleon positive in Erinnerung bleibst, andererseits sagst, dass du wenig gemocht wirst.

    Du schreibst es zwar nicht direkt und es mag um etwas komplett Anderes gehen, aber deine Klagen hoeren sich aehnlich an wie die meiner Freundinnen, die den weiblichen Schoenheitsstandards sehr nahe liegen und das Gefuehl haben, deshalb oft nicht angemessen behandelt zu warden. Es waere in jedem Fall interessant zu erfahren woran du diese Antipathien festmachst, sowohl warum sie entstehen und wie du sie bei deinem Gegenueber feststellst…

    Antworten
    1. Julia Jane Artikelautorin

      Hi Flo,

      schau mal oben, da habe ich eigentlich schon alles beantwortet.
      Bestimmt wäre es interessant darüber zu philosophieren, welche Gründe es für die Ablehnung gibt und wo diese Gründe herkommen. Vielleicht habe ich auch irgendwann mal Lust diesen Fragen nachzugehen und falls ja, dann liest du es sicher hier 🙂

      Liebe Grüße,

      Julia

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