Kurzfilm „Alter Ego“ // Und die Frage:
„What would my bra say if it could talk?“

21.12.2016 Film
shes mercedes titelbild

Der für She’s Mercedes entstandene Kurzfilm „Alter Ego“ aus der Feder der wunderbaren Regisseurin und Drehbuchautorin Alexa Karolinski, ist ein Ausblick ins Morgen, das längst nicht mehr weit weg zu sein scheint. Und vielleicht sogar ein gut gemeinter Rat.

Wenn ich das Hier und Jetzt nämlich in wenigen Worten erklären müsste, das Leben in der westlichen Welt, jemandem von einem anderen Stern etwa, dann kämen mir zwei Begriffe zweifelsohne recht schnell in den Sinn: Technologie und Selbstoptimierung, womöglich sogar deren Fusion und damit unweigerlich auch ziemlich konträre Gefühle.

Eine Mischung aus Neugier und Hoffnung einerseits, aber auch große Skepsis und Unwohlsein. Denn bei allem Bestreben nach Mehr, nach Perfektion und sämtlichen Superlativen, das durch Social Media immerzu befeuert wird, beim Versuch irgendwann einmal irgendein Ziel zu erreichen, verpassen wir inzwischen allzu oft, was wirklich wichtig ist: Das Leben als aktives Verb. Stattdessen setzen wir einen Fuß vor den anderen ohne hinzusehen, weil die Augen meist auf Bildschirmen kleben, wie in einem Hamsterrad, das sich immer schneller dreht ohne anzuhalten, wo längst Schönheit wartet. Wir tragen Smart Phones als Scheuklappen, starren auf Smart Watches, statt die Zeit zu genießen, gehen Problemen mit ebenfalls smarter Ablenkung aus dem Weg, verlagern Kommunikation aufs Digitale und sind dabei nahezu taub geworden für die Signale unseres Körpers.

 Sabine Seymour, Professorin für „Fashionable Technology“ an der Parsons New School of Design ist eine jener Stimmen, die ahnen, dass es kein Zurück mehr gibt. Dafür aber ein „Besser“, einen natürlicheren Umgang mit der Hardware, die uns doch eigentlich nicht zu Sklaven machen, sondern ausschließlich nützen sollte. Ihr „Wearable Bra“ spielt eine fast unsichtbare Hauptrolle in Karolinskis Werk:

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Alexa Karolinskis Kurzfilm wirft einen Milkshake-farbenden Blick in eine Zukunft, in der Kleidung uns nicht mehr nur schmücken, sondern auch supporten wird. Wie eine innere Stimme, ein Alter Ego, ein weiseres, älteres Ich? Denkbar wäre es. So in etwa ergeht es jedenfalls Annabelle Dexter-Jones, die euch womöglich als Schauspielerin, Designerin, Model oder Mark Ronsons Schwester ein Begriff sein könnte. Schlaftrunken öffnet sie die Tür ihrer Wohnung und findet ein Päckchen, den „magischen“ BH. Noch belächelt sie das Geschenk, trottet zum Kühlschrank und nimmt einen Schluck Saft. “Life’s too short to drink your breakfast” bemerkt eine Stimme aus dem Nichts. Ist es ihr BH, oder doch ihr eigenes Ich, das an längst gefestigten Marotten rüttelt?

Sabine Seymour

Sabine Seymour

Die Schluss-Sequenz zeigt Annabelle auf das Meer blickend, das sie bisher übersehen hatte: “It’s easy to forget that this is a city on the ocean.“ Ihr Blick wandert hinüber zu einer grauhaarigen ältere Dame, gespielt von der Advanced Style Ikone Joyce Carpatidie in wohlklingenden Worten, aber ungefragt entgegnet: “We’re disconnected in all kinds of ways and we hardly ever realize it” – Vielleicht handelt es sich hierbei gleichsam um die Kernaussage Seymours Idee. Im Film jedenfalls bekommt die vertraute und doch fremde Stimme an dieser Stelle endlich ein Gesicht. Und wieder fragt man sich: Wer bist du? Annabelle selbst, die ihr jüngeres Ich vor Fehlern bewahren will oder vielleicht doch das Geschenk aus der (nahen) Zukunft?

annabelle

Aus eben jenem Gedankengang heraus gründete die Professorin das Unternehmen SUPA.ai, das Technologie aus der Hosentasche befreit und tragbar macht. Damit wir unsere Existenz künftig im besten Fall endlich wieder zunehmend aktiv formen und am Ende erhobenen Hauptes sicher sein können, Chancen genutzt statt die Tage in Lethargie und auf Pixel starrend verbracht zu haben. Mithilfe von unsichtbaren „Wearables“, die unsere Körper verstehen und diese Informationen sinnvoll interpretieren können. Einem BH wie besagtem etwa, der uns nicht mit Funktionen erschlägt, sondern als Wegweiser agiert. Getreu dem Motto: What would my bra say if it could talk?

Wie das alles im Alltag aussehen soll, und zwar schon im kommenden Jahr, begreife ich ehrlich gesagt nicht gänzlich, ich ahne bloß: Das wird groß und neu und anders und eine kleine Revolution und hoffentlich eine, die persönliche Daten für Gutes nutzt. Mehr erklärt uns Seymour selbst im Interview.

– In freundlicher Zusammenarbeit mit She’s Mercedes –

2 Kommentare

  1. Yvonne

    Aber alle mal an die eigene Nase gepackt: Die meisten von uns stecken doch genau in diesem Hamsterrad und sind mehr oder weniger techniksüchtig. Warum die Technik also nicht zum Freund machen?

    Antworten

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