Nike for Nike: „Believe in more“
– Warum ich mir selbst entgegenrenne

13.03.2017 Wir, Sport
In Kooperation mit Nike
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Ich hatte ein Scheißjahr. 2016 war das, als gefühlt alle ein Scheißjahr hatten. So richtig erklären musste das niemand, man hatte ja selbst teilgenommen und war an irgendetwas gescheitert, im Großen und Kleinen, die einen mehr, die anderen weniger, aber wirklich jeder ein bisschen. Auch ich und zwar mit voller Wucht. Noch vor drei Monaten habe ich mich zwischen Wunderkerzen, guten Vorsätzen und Konfetti aus der Kanone gefragt, wann es wohl wieder ruhig werden und wann das alles endlich aufhören würde. Das Verlieren von Menschen, das Zweifeln, das Bangen und auch die Anstrengungen des Alltags, die mir feindseliger als sonst erschienen. Ich wünschte mir nicht viel, bloß dass mein Leben vielleicht mal wieder klarkommen könnte auf sich selbst und mich und alles, was dazu gehört. Nichts wurde besser, auch nicht im Januar. Zum ersten Mal seit ich denken kann, habe ich mich so richtig hängen und auch gehen lassen. Das ist hin und wieder zwar ok oder sogar ein Muss, aber irgendwann auch zu viel. Zu viel Stillstand. Bloß begriff ich das lange nicht.

Bis ich mich damit anfreundete, die Umstände ohnehin nicht ändern zu können und schließlich anfing, mich an den „Optimismus“ zu erinnern, den ich offenbar verloren hatte, und gleichzeitig nach einem neuen Blickwinkel auf all die vergeigten Dinge suchte. Dabei entdeckte ich etwas, das ich ‚das Schöne Scheitern‘ nennen will. Wenn man schon Scheiße fressen muss, dachte ich, dann doch zumindest nicht ohne Sinn. Fortan übte ich mich also darin, weniger wehleidig auf Fehlschlägen herumzureiten als mich vielmehr darauf zu konzentrieren, was all diese durchlebten Momente mit mir oder aus mir gemacht hatten. Schwäche wurde plötzlich zu Stärke. Und das miese Gefühl zu so etwas wie lang vermisster Energie, zu dem Willen, etwas grundlegend zu ändern. Gut möglich, dass 2016 überhaupt nicht ausschließlich scheiße gewesen ist, sondern eine Art Neuanfang für uns alle. Es stimmt, das Jahr hatte eine solche Kraft, dass auch ich lange von Misstrauen erschlagen liegen blieb. Dabei hätte ich es eigentlich besser wissen müssen. In einem Video, dass wir gemeinsam mit Nike Women gedreht haben, beschreibt meine Freundin Ruby sich etwa als Lotusblume. Das klingt nach Pathos, ist aber fassbar. Je fetter der Schlamm, desto prächtiger die Blüte.

Ist doch wahr. Wo wären wir jetzt ohne die Zuversicht, die allein aus dem Umstand heraus entsteht, dass wir noch hier sind, trotz oder vielleicht sogar wegen alldem, was uns widerfährt. Dass wir auf beiden Beinen stehen und selbstbestimmt handeln, uns aufrappeln und weitermachen können. Nicht nur wir im Privaten, sondern auch wir als Frauen, aber vor allem als Menschen. Wenn wir über uns fluchen und über das verdammte letzte Jahr, vielleicht auch über das Jetzt, dann übersehen wir etwas Entscheidendes. Nämlich dass ohne Zweifel eine neue Zeit angebrochen ist. Eine, in der wir scheitern und auch ehrlich sein dürfen, ja sogar sollen, um zu wachsen, um uns und anderen Mut zu machen. Um uns besser kennenzulernen, um Vertrauen aufzubauen in unsere Fähigkeiten, ins Aufstehen. Eine, die uns begreifen lässt, was es bedeutet, für sich einzustehen. Für das, woran wir auch noch morgen glauben. An uns. Daran, dass wir alles schaffen können. Vor allem miteinander. Wir müssen bloß in Bewegung bleiben. Im Kopf, im Alltag und immer dann, wenn es um unsere Träume geht. 

Jetzt sitze ich also hier, noch immer ziemlich häufig alles anzweifelnd, umgeben von Hochglanzbildern und stets bemüht darum, meine Stimme auch für Sinnvolles zu nutzen, statt immerzu im Schein zu ersaufen. Hauptsächlich, weil Fremde oft nur schwer verstehen, was mich aus oder glücklich macht, weil sie nicht an das glauben, was ich mache. An meinen Beruf als Bloggerin zum Beispiel und daran, dass ich mehr im Kopf habe als die Laufstege der letzten siebzehn Saisons. Ich nehme also die Skepsis und benutze sie als Motor und Motivator, ich mache sie zu etwas, das mir nichts mehr anhaben kann, das mich sogar bestärkt. Ruby studiert Schauspiel und hätte auch sie zu sehr auf Einwände von Außen und die eigene Unsicherheit gehört, dann stünde sie jetzt nicht auf der Bühne, dann wäre sie vielleicht nicht einmal mehr sie selbst. Zu viel Eigensinn, haben sie gesagt. Nun, wir zwei sind trotzdem hier und auch, wenn wir mehr als ein Mal aufgeben wollen, haben wir es zum Glück niemals getan. Wenn man sich irgendwann selbst bestärkt und versteht, verstehen einen hoffentlich auch die anderen, zumindest ein bisschen. Freunde sowieso, selbst wenn wir streckenweise sogar eine andere Sprache sprechen als unsere Lieblingsmenschen – und erst recht als der Rest der Welt. Als die Allermeisten.

Aber genau darum geht es doch, wenn wir heute von Empowerment und Feminismus sprechen. Darum, anderen Lebensmodellen mit Respekt gegenüber zu treten, eigene Entscheidungen treffen und in Zukunft einfach sein zu dürfen, wer und was man ist. Meinetwegen auch unsportlich. Rennen kann ich trotzdem. Nicht gut, aber ich kann es. Weil es will. Weil ich mir selbst entgegen laufen muss, um nicht verrückt zu werden. Äußere Einflüsse werden dann egal, das Drumherum ausgeblendet und mir manchmal schon nach zwei Kilometern richtig übel. Aber immer, wenn man denkt, es geht nicht mehr, dann geht es weiter, dann wächst man über sich hinaus, im besten Fall auch im echten Leben. Ich glaube, deshalb schreibe ich das hier, Vorgaben gab es nämlich keine. Weil ich selbst nie an mich geglaubt habe und schon gar nicht daran, dass mir das Laufen eine Lehre sein könnte. Es gab eine Zeit, da hätte ich jedem Joggenden am liebsten ein Beinchen gestellt; der Sinn des Ganzen erschloss sich mir nicht und dazugehören wollte ich auch nicht. Eingebildete Langweiler, dachte ich, Juppis, die gut aussehen und angeben wollen. Jetzt bin ich auch so eine von denen, die anderen zum Rennen raten, sollte die eigene Welt mal wackeln.

Ich sage ja, ich hätte es wirklich früher wissen müssen. Dass wirklich alles wieder gut wird. Und dass es manchmal schon ausreicht, mit genau dem anzufangen, was man sich am allerwenigsten zugetraut hätte.

7 Kommentare

  1. Julia

    Dein Text berührt mich so und ich habe Respekt vor deiner Offenheit. Ich laufe auch nicht für den Beach Body, sondern für die Seele. Sag ich meinen Freundinnen auch immer, aber wenn man nicht dran bleibt, dann kann mans auch nicht verstehen. Also macht es, Leute! Hilft echt.

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  2. Lea

    Schieße mich Julia an. Es müsste mehr solcher ehrlichen Posts geben.. Bloggerinnen sind auch nur Menschen. Tolle Menschen meine ich und ich finde gerade ihr seid ein Vorbild. 🙂

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    1. sigrun

      ich schließe mich der bitte an. ich gönne euch eure freude über die videos, aber dass sie jedes mal mit ton starten ist sehr anstrengend. danke!

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  3. Anastasia

    „Weil ich mir selbst entgegen laufen muss um nicht verrückt zu werden..“
    genau so fühle ich mich auch und genau das gleiche sollte ich vielleicht wieder nach langer Zeit tun.
    Danke für deine Offenheit und das Gefühl nicht alleine mit diesen Gefühlen zu sein.

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  4. Anna

    Was für ein schöner und berührender Text. Auch wenn ich Euch als Leserin in real life gar nicht kenne und genauer über die Ups und Downs bei Euch bescheid weiß (müssen wir Leser ja auch gar nicht), kann ich sagen, dass dieser Blog so unglaublich gewachsen ist in den letzten 12-18 Monaten. Ich habe Euch vorher schon gerne gelesen. Aber jetzt ist einfach viel mehr MEHR. Gerade, Du liebe Nike, triffst mit Deinen Texten so oft den Punkt und mitten in die Herzen von Generation Y. Danke für diese Themenvielfalt. Vielleicht bringt das ja auch der Rollercoaster Life mit sich, dass man über sich selbst hinaus wächst und sich auf Themen und Inhalte stürzt, die wirklich eine Rolle spielen. Das Schöne nebenbei darf aber natürlich nicht außer acht gelassen werden. Bin total verliebt in die neuen Aeyde Schuhe. Habe das letzte Paar der khakifarbenen in 38 erwischt. Man sind die schön.

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