Stylecrush: Grece Ghanem, 52, Montreal

12.04.2018 Mode, Menschen

Ich bin jetzt 30. Manch einer meint, das sei blutjung, meine  Schwestern hingegen halten mich schon jetzt für ziemlich steinalt. Wie man es auch dreht und wendet, das Alter scheint so gut wie niemandem schnurzpiepegal zu sein, sei es wegen Äußerlichkeiten, inneren Konflikten oder persönlichen Erfolgen und Misserfolgen. Ein halber Erdball scheint sich inzwischen jedenfalls vor allem nach niemals schwindender Jugendlichkeit zu sehnen, vor allem in optischen Belangen, die Kosmetikbranche dankt es ihm ebenso wie die plastische Chirurgie. Stichpunkt: Optimierungswahn. Dem entgegen stellen sich all jene, die finden: Das Alter, ja Heidernei, nichts weiter als eine blöde Zahl im Personalausweis. Womöglich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte, was mich aber immer wieder wundert, ist die überaus weit verbreitete Annahme, in der Mode gelten strikte Altersgrenzen. Was ja eigentlich gar nicht so recht zum fürchterlichen Botox-Trend passen mag. Meine eigene Mama zum Beispiel kann bestimmt ein Lied von diesen unausgesprochenen Regeln singen, ich erinnere mich nämlich noch an eine Zeit, in der sie stets zu sagen pflegte: „Nike, ich kann doch keine Turnschuhe zur Jeans tragen, ich bin ja schließlich nicht dein Zwilling.“ Und während die selbe Mutter inzwischen selbst Chucks besitzt, denke ich vermehrt: Geht das noch? Soll ich wirklich? Bin ich dafür nicht zu „erwachsen“? Schrecklich ist das und großer Quatsch. In welchen anderen Bereichen können wir schon so überaus frei entscheiden? Eben. Vermutlich mag ich den Account von Grece Ghanem deshalb so gern. Dem Vorurteil, Frauen würden spätestens ab 40 irgendwie unsichtbar werden, setzt sich die Kanadierin vehement entgegen. Zeit, dass sich was ändert, und zwar nicht nur innerhalb der Branche, die vermehrt für das Verwischen von Altersgrenzen einsteht (man denke da etwa an Joan Didion für Céline), sondern auch im echten Leben. Damit auch Frauen, die kein Bein in der Öffentlichkeit stehen haben, leuchten können und wollen. Ü50 ftw. 

Ich weiß gar nicht mehr genau, wie oder wann ich über die 52-Jährige gestolpert bin, aber mir schwant, sie und ihr wunderschönes naturgraues Haar erfreuen sich derzeit immer größerer Beliebtheit. Was zunächst als Mutter-Tochter-Projekt auf Instagram startete (Greece Tochter ermutigte ihre Mutter vor etwa eineinhalb Jahren zum wilden Posten von Bildern), zählt mittlerweile mehr als 37.000 Follower. Aber wer genau steckt eigentlich hinter dem Account? Bei Desert Mannequin erfahren wir zum Beispiel, dass Grece in Liberia geboren wurde und seit zwölf Jahren in Montreal lebt. Sie ist Mikrobiologin und Personal Trainer und findet, dass es weniger darauf ankommt, was Trends uns vorgeben als vielmehr darauf, was die Kleidung, die wir wählen, mir uns macht. Im besten Fall sollte sie uns dabei helfen, uns stark zu fühlen. Und: Alles in Maßen, bittesehr. Grece selbst jedenfalls sagt, sie kaufe nicht viel, aber dafür Besonderes, das ewig währt.

[typedjs]"I believe clothing, too, helps to give us strength when we feel our worst."[/typedjs]

Wir sind und bleiben große Grece-Fans und hoffen, dass sie viele Frauen dazu ermutigt, sich nicht weiter hinter Zahlen zu verstecken – macht, wonach euch der Sinn steht. Und habt vor allem keine Angst vor dem Alter(n). Egal ob 20, 50 oder 100 – „Get away with expressing yourself in your truest form.“

Und noch mehr Accounts, denen wir folgen:

4 Kommentare

  1. Hannah

    Ich finde diese erwachsene Frau auch sehr toll, aber irgendwie ist das befremdlich, dass sie post wie die omnipräsenten 20-jährigen Bloggerinnen, mit dem schräg gehaltenen Kopf und den zu einander gedrehten Zehensitzen. Schade irgendwie.

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  2. Felicitas

    Vielen Dank für den tollen Tip! Was für ein Modevorbild und irgendwie wirkt das Ganze so unangestrengt! Als ältere Frau traut man sich ja wirklich kaum etwas, besonders in Berlin. In Paris dagegen sieht man schon sehr chic angezogene „Alte“.. hier braucht es mehr Mut!

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