Recap: 24 Stunden in Prag | Electronic Beats Festival

08.05.2012 Musik, Event, Allgemein

Ausflüge wie diese darf man sich in etwa so vorstellen wie Klassenfahrten. Beschwippst von all den Eindrücken, von guten Momenten und noch besserer Musik, flaniert man im Rudel durch die Straßen verwinkelter Städte, bleibt hier und da stehen, um auch die kleinsten Details erfassen zu können. Am Ende hat man längst nicht alles gesehen, aber ziemlich viel erlebt – was bleibt, sind wilde Erinnerungen und ein kleines Miauen im Kopf. Wenn man nach diesen kleinen Reisen dann trotz des akuten Schlafmangels nicht zur Ruhe kommt, dann liegt das vielleicht am nicht abebben wollenden Endorphinausschub – Wenn selbst das Nachbeben noch so groß ist, muss der Knall gewaltig gewesen sein: Grimes, Woodkid und The Whitest Boy Alive in einer einzigen Nacht, irgendwo im Prag. Angesichts des Electronic Beats Festival Line Ups hätte man auch gleich die Option der sofortigen herzraseninduzierten Ohnmacht wählen können. Wir haben uns allerdings für Plan B entschieden: Durchhalten und bloß nicht nicht verstören lassen von zu viel Euphorie.

Los ging’s am Samstagmorgen mit Pierre von Mit VergnügenLaJessie von Interview.de,  Nina von Travelettes, Katja von LesMads, Frank von iheartberlin, Marcel von Amy und Pink und dem guten Kai alias Stylespion im Gepäck.

Zwei Mal zwei Stunden fanden wir Zeit, die Umgebung in Prag ein klein wenig zu erkunden. Das reicht natürlich längst nicht aus, um hier sämtliche Tipps aus dem Ärmel zu zaubern, aber so viel soll gesagt sein: Die „Goldene Stadt“ mit all ihren gotischen und barocken Bauten, ist geprägt von Kontrasten, die uns vielleicht erst beim zweiten Blick auffallen mögen. Während die Hausspitzen sich in Bonbontönen aneinanderreihen und Geschichten vergangener Zeiten erzählen, katapultiert uns alles, was sich auf Augenhöhe abspielt in die heutige Kultur des slawischen Landes: Funkelnde Schaufenster, diese überladene Ästhetik, die etwas andere Prestige-Kultur. Manche Ecken scheinen beinahe mediterran-verklärt. Zumindest das sonniges Prag ist ein schönes Prag.

Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion
Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion
Foto: This is Jane Wayne
Foto: This is Jane Wayne
Foto: This is Jane Wayne
Foto: This is Jane Wayne

Fotos: This is Jane Wayne

Irgendwann nämlich, nach einem Abendessen im Imperial, platzen plötzlich sämtliche Wolken auf und verhindern mit ihren strömenden Tropfen unsere pünktliche Ankunft in der Festival Location. Adieu Grimes, willkommen Frustration. Lange währte das Stimmungstief allerdings nicht, denn der Franzose Yoann Lemoine alias Woodkid produzierte kurz darauf sein eigenes Donnerwetter. Ein gutes Donnerwetter, mit viel Bass und noch mehr Leidenschaft. Und obwohl ich eigentlich schon nach dem schwer gehypten Track „Iron“ genug hatte von der großen Inszenierung des Alleskönners, war ich plötzlich Teil dieser konstruierten Kunstwelt, die deine Beine hypnotisiert und jedes Gefühl surreal verklärt. I’m frozen to the bones / I am a soldier on my own / I don’t know the way.

Fotos: This is Jane Wayne 

Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion

Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion

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Dann The Whitest Boy Alive, die Explosion, das musische Herzrasen. Ich weiß nicht, was mit uns passiert, wenn der Bass wie ein brummendes Wesen aus einer anderen Sphäre einsetzt, wenn tänzelnde Akkorde, elektronische Klänge und Erlend Oyes Stimme zu einem Nebel fusionieren, zu einem Sog, der jegliches Gefühl zwischen Sonntagsfrühstück, Sternegucken und Explodierenwollen durcheinander wirbelt. Aber es fühlt sich perfekt an, jedes Mal. Vielleicht ist die Musik von Marcin, Sebastian, Daniel und Erlend sowas wie die Brücke zwischem bewusster Reglementierung, intelligenter Komposition und einer kleinen Brise Laissez-Faire. Sie ist schön und zwar auf diese ehrliche Art und Weise. Wie ein Gesicht, das Ecken und Kanten aufweist, das besonders ist, statt bloß 0815. Wie Menschen, die von innen heraus strahlen, statt mit ihrer platten Makellosigkeit zu blenden.

Mitten in der Menge war eine Energie zu spüren, die uns Deutschen vielleicht manchmal fehlt. Loslassen, den Körper selbst bestimmen lassen, wie er sich zum Takt verbiegen will, Spaß haben ohne den Kopf zu benutzen. Vor Freude schreien, weil der Moment so gut ist, dass du ihn nicht gehen lassen willst. Den Jungs da oben auf der Bühne zeigen, dass sie Teil der funkensprühenden ekstatischen Masse sind, die das Leben feiert und die Liebe und die Musik.

Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion

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Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion
Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion

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Mike Skinner gab sein DJ-Set zum Besten, schöpfte aus einem Potpourri verschiedenster Stile und vermochte es, auch den Schläfrigsten von uns auf die Tanzfläche zu katapultieren. Nicht zuletzt die ständige Anwesenheit und die zaghaften Tanzeinlagen seines treuen Manager, Zigarettenhalters und Rückenwinds machten ihn außerdem äußerst sympathisch. Da kann wohl jemand nicht gut alleine sein. Und trotzdem: Mike Skinner allein ist eben nicht The Streets und daran müssen wir uns wohl noch gewöhnen.

Foto: Kai Müller | kaimueller.eu | Stylespion

Ihr Lieben, es war mir eine Ehre. 

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