Die Sache mit dem Drama, oder: Art Never Comes From Happiness – echt wahr(.)?

22.08.2012 Leben, Allgemein

Letztens am Küchentisch, eine dieser typischen Szenen. Wein und selbstgemachte Pasta, plötzlich Melancholie. „Glaubst du, wir provozieren die Dramen in unserem Leben, weil wir Angst haben, sonst zu vertrocknen, weil wir das brauchen, um inspiriert zu sein?“ -„Ja.“
Die Antwort fiel mir nicht leicht. Weil das alles so nach Geltungsdrang klingt und Freaktum. Aber ja, verdammt. Nach drei Joints sieht man die Dinge manchmal klarer und plötzlich macht es Boom im Kopf. Die Retrospektive gibt mir recht: Die glücklichsten Momente in meinem Leben waren die einfallslosesten.

Versteht mich nicht falsch, ich rede nicht von Glück im klassischen Sinne, ich meine, was ist das, Glück? Ich bin eigentlich immer glücklich, irgendwie, außer die monatlichen PMS-induzierten Hormonschwankungen verknoten mein Gehirn auf absurde Art und Weise. Scheiße fühlt sich das an. So scheiße, dass ich manchmal geneigt bin, mich wieder an der Uni einzuschreiben. Einfach so, bloß, damit ich drei ganze Tage der Woche einfach so verschlafen könnte und Semester schieben, Vorlesungen online streamen und dabei leiden, flach im Bett liegend, wegen der irren PMS. Die Realität sieht anders aus, aber jeder hat schließlich Träume, das ist wichtig. Meiner Logik zufolge müssten das demnach die produktivsten Tage des Monats sein. Aber auch das ist falsch. Diese Art von Traurigeit bringt uns kein Stück weiter. Wir müssen von innen heraus bluten. Worum sich alles dreht, ist doch die Liebe. Was wir brauchen, ist Drama. Und richtig mieser Herzschmerz.

Laufen die Dinge in geregelten Bahnen, wird es langweilig und Gedanken hängen irgendwo in der Pipeline fest, um erst Tage später ganz seicht vorne raus zu tropfen. Förderlich ist das nicht, jedenfalls nicht für das, was man Kreativität schimpft, höchstes für den Schlaf. Hier beginnt der Teufelskreis, hier liegt das Problem. Menschen wie wir können nicht einfach auf dem Sofa sitzen, Popcorn essen und im Märchenpärchenwunderland versinken. Stattdessen ertrinken wir darin und irgendwann steht uns das Wasser bis zum Hals. Das alles dient bestenfalls als gut gemeinter Urlaub. Als kurzzeitige Theraphie, um wieder klar zu kommen, nach all dem Chaos. Nach all dem selbtverschuldeten Wahnsinn, denn meist liegt der Kern des großen Übels ganz allein bei uns.

Manchmal denke ich darüber nach, ob das sowas wie ein Selbstzertörungsmechanismus ist, der im richtigen Moment alles in Schutt und Asche legt, eine Art Automatismus, der einzig und allein dafür sorgt, dass wieder Bewegung in den Alltag kommt. Kurz bevor man ankommt, da, wo jeder hin will, in diese Blubberblase voll Harmonie, setzt sich die Maschinerie in Gang und jagt wie eine Abrissbirne durch die heile Bezeihungswelt. Totalschaden, von jetzt auf gleich. Irgend ein Grund findet sich immer, sei es ein falsches Wort, die falschen Freunde oder das Gegenteil, die unerträgliche Perfektion. Notbremse. Und plötzlich fließen sie wieder, die Gedanken. Das weiße Blatt Papier ist nicht länger Endgegener, sondern Homie, ein Fangbecken für all die geistigen Ergüsse, die das Drama ab sofort wieder durch die körpereigene Umlaufbahn schießt. Art never comes from Happiness. Echt wahr.

Mehr Texte zum Thema Leben gibt’s hier.

15 Kommentare

  1. Laura

    Ein Gedankengang in dem etwas Wahres liegt! Habe definitiv mehr als einmal genickt. Am Anfang mag das frustrierend sein, aber ich glaube tatsächlich auch, dass manche Menschen irgendwie einfach nicht dazu gemacht scheinen, glücklich zu sein. Das mag hart und pessimistisch klingen, aber diese Menschen brauchen das permanente Auf-und Ab, Für und Wider, Hell und Dunkel. „Alles in Ordnung“ bedeutet Stillstand, Stagnation und damit können „wir“ nicht umgehen.
    Außerdem, wenn man mal darüber nachdenkt: Die größten Genies unserer Zeit, waren doch irgendwie fast immer jene, deren Seelen durch tiefe Abgründe gezeichnet waren.

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  2. Jessi

    echt wahr. (!) bei mir ganz ähnlich – sobald etwas wirklich gut läuft hab ich das gefühl da scheint irgendetwas nicht richtig zu sein und bau mir stolperfallen wo doch eigentlich gänseblümchen bewachsene wiesen sind. manchmal hab ich den eindruck an ‚emotionssucht‘ zu leiden und durch große dramen (unvergänglicher liebesschmerz, elende vermissung, etc) das leben erst „in vollen zügen“ zu spüren

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  3. sonja

    oh gott, du sprichst mir soooo aus der seele!!!

    ich dachte schon irgendwas ist falsch mit mir, eine freundin sagte mal zu mir „du kannst nicht akzeptieren einfach gluecklich zu sein, du suchst immer nach problemen“

    und ja, es stimmt – einfach dinge hinnehmen und laufen lassen, nein das geht nicht. aber nach dem grossen krach gehts immer besser. mir, der beziehung, meinem umfeld. aber ich brauche das. und dank dir weiss ich nun dass ihc kein fal fuer den psychiater bin, danke 🙂

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  4. Theresa

    Sorry, aber ich sehe das gar nicht so. Mir ging es eine ganze Zeit lang so, als ich lange Single war, da bin ich viel um die Häuser gezogen und hab meine Schmerz ein bisschen mit dies und das betäubt und hatte das Gefühle, dass ich damals RICHTIG gelebt hätte. Im Nachhinein ist das alles großer Blödsinn. Bin jetzt seit einigen Jahren in einer Beziehung, aber eben nciht in solch einer Vorzeigebeziehung mit Regenbogen und Glitzerpony. Wir sind gerne zusammen, aber wir gehen auch beide gerne mit unseren jeweiligen Freunden weg, ziehen auch mal separat um die Häuser.
    Meine Geschichte ist vielleicht kein Musterbeispiel, aber: Was ich damit sagen will ist Folgendes: Es muss nicht immer nur eiskalt oder brühend heiß, schwarz oder weiß sein. Manchmal ist lauwarm und grau genau das richtige- ein bisschen von beidem. Und man kann auch trotz Freund und Glück kreativ sein, man darf sich nur nicht allzu einmummeln in Glückseeligkeit und Päärchenzeug.

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  5. Nike Jane Artikelautorin

    liebe theresa,
    du hast natürlich total recht! beziehungen sind schön, oh ja. dass man aufpassen muss, sich nicht zu sehr einzumummeln, ist allerdings eben so wichtig, das find‘ ich ganz genau so.
    an dieser stelle betone ich nochmal kurz, dass diese „die sache mit…“ texte, nicht den inhalt meines tagebuchs wiedergeben, wenngleich gewisse parallelen natürlich nicht abzustreiten sind, dann und wann. oder eher: gedanken, die man mal hat, egal, ob sie sich am ende als richtig oder falsch herausstellen. in diesem fall muss ich aber sagen: wenn ich trubel im kopf hab, fällt mir das schreiben tatsächlich leichter.
    danke für die lieben kommentare, ihr! <3

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  6. Theresa

    Hallo Nike,
    ja, die Info ist angekommen- war vielleicht nochmal gut das zu betonen. Ich dachte ich geb nur auch mal meinen Senf dazu, weil alle hier so zustimmend sind und das eben ganz reell auf ihre reellen Leben so beziehen. Ich kenn nur eben ein paar Menschen die das sehr exzessiv wirklich betrieben haben (Nur wenn ich mich zerstöre kann ich gute Musik machen etc.) und ich finde das einfach nur dumm, wenn man es um der Sache selbst willen macht bzw. weil es dieses Künstlerklischee gibt. Da kommt wieder die angehende Lehrerin in mir raus, die ermahnend den Zeigefinder heben muss *lach*
    Trotz allem (egal ob echt, nur teilweise oder gar nicht)- sehr schöner Text, mir gefallen diese Texte zwischen all den Modenew ganz gut. Schönen Abend noch!

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  7. blerte

    Liebe Nike,
    an diesem Artikel sieht man (endlich) mal wie gut du schreiben kannst.
    Überragend !
    Liebste Grüße, Blerte

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  8. maike

    leider immer noch nicht viel mehr als ein tagebucheintrag. abhandlungen sehr bekannter themen. als nächstes kommt dann, dass man sich lieber mit freunden trifft, als in clubs zu gehen. sonntage nicht hass- sondern lieblingstage werden. es schön ist, nicht mehr das gefühl des verpassens am samstag abend zu haben. es muss noch unkitschiger, klarer werden.

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  9. Renate

    Ach Maike, sitz doch zuhause und sehr muffig und mecker alles und jeden an 😀
    Ich muss gestehen, dass ich bei Deinen Kommentaren nur noch schmunzeln muss 😀

    Der Beitrag ist sehr schön zu lesen. Einige Male musste ich nicken..Ich finde aber auch, dass es öfters nicht schlecht ist den goldenen Mittelweg zu nehmen 😀 Diese Einsicht kommt mit den Jahren 😉

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