Du Hipster, Ich Hipster, Wir alle Hipster – Warum ich die Diskussion nicht mehr ertrage.

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Nike Air Max. Beanies. Bomberjacken. Jutebeutel. Wasauchimmer. „Oah, das ist so hipster.“ – Wirklich und wahrhaftig: Ich ertrage diese Diskussion nicht mehr. Der Grund dafür ist einfach: Wer um alles in Welt entscheidet denn gerade, was ein Hipster ist? Und wer ein Hipster ist? Und überhaupt? Ich weiß schon grob, was damit gemeint ist, so groß ist der Nagel in meinem Kopf schließlich auch nicht. Damals, Mitte des 20. Jahrhunderts war das Hipstertum eine in den USA verbreitete Subkultur, quasi die amerikanische Antwort auf die Boheme, ausgelebt von der Beat Generation und Bebop-Anhängern, also vornehmlich schwarzen Musikern, sowie Künstler-Gruppen. Aber der „moderne Hipster“ von heute ist ein seltsames Gespenst, das heute kaum mehr definierbar ist. Da hilft auch der 100. ZEIT-Artikel nicht. Langsam könnten wir also vielleicht alle mal mit der Scheiße aufhören. Es wird anstrengend. Und inzwischen weiß ich auch wirklich nicht mehr, ob Hipster oder Hipster-Hasser nun die nervigeren Zeitgenossen sind.

Wir, die wir zum Beispiel diesen Blog hier schreiben oder lesen, sind die allergrößten Hipster, wenn es nach allen anderen da draußen geht. Arrogante Säcke wie wir sehen das selbst aber natürlich ganz anders: Wir haben den Stil ja schließlich mit Löffeln gefressen, sind bloß sowas wie Vorbilder, brauchen keine Inspiration, die ganzen Ideen kommen nämlich einzig und allein von all den privaten Underground-Raves in unseren Hirnen. Wir kaufen den ganzen heißen Scheiß nur aus Spaß an der Freude, ohne uns darüber im Klaren zu sein, dass es sich hier um wirklich heißen Scheiß handelt. Nein, eigentlich wird der Scheiß erst durch uns so richtig heiß. Ein großer Ärger, dass dann diese ganzen depperten Mitläufer-Kiddies  mit ihren hässlichen Kopien nachrücken, in geschmacklos-bunten Turnschuhen erbärmlich aussehen und unser aller Image runieren. Man selbst ist ja nie der Hipster, es sind immer nur die anderen.

Merkt ihr noch was? Wer diesen Gedankengang für voll nimmt oder gar Parallelen zu eigenen Ansichten ziehen kann, gehört schon mal konsequent wach gerüttelt. Aber auch jene, die über den abgefuckten Berlin-Style herziehen, über diese homogene Masse, sind kein Stück besser. Wir können ja auch nichts dafür, dass es hier verdammt nochmal arschgeil ist. Das heißt aber nicht, dass es woanders auf der Welt weniger arschgeil wäre.

Schon alleine das demonstrative Niedermachen diverser Menschen-Gruppen, die einen Hang zu einer bestimmten Optik oder einem oberflächlich betrachtet hedonistischen Lebensstil pflegen, zeugt von ekelhafter Intoleranz. Wer über Hipster schimpft, der tut das häufig, weil es für ihn selbst den sozialen Niedergang bedeuten würde, als selbiger bezeichnet zu werden. Wieso, das verstehe ich bis heute nicht.

Sollte es den Hipster tatsächlich noch geben, komme ich nicht um die Annahme umher, dass eine Deckungsgleichheit zwischen genau jenem und dem Hipster-Hasser vorhanden ist. Es ist, als würden Hipster unterschiedlichster Ausprägung gegeneinander in den Kampf ziehen. Blöd ist nur, dass am Ende niemand gewinnen kann. Ich darf das, weil ich hab das zuerst gemacht. Und der da hinten, der darf diese Musik nicht hören, der hat nämlich keine Ahnung und wieso trägt der eigentlich Vinyl mit sich herum? Und alle anderen sind grundsätzlich eh erst einmal beschränkt, wenn sie besser aussehen als ich oder einfach anders. Hallo? Das ist dann wohl die größere Kirsche auf der Torte der Lachhaftigkeit.

Vielleicht kleidet sich  A. sich wie die ultimative Kunststudentin, kauft gern Second-Hand-Platten und klebt sich funkelnde Bindis auf die Stirn. Vielleicht tut sie das, weil sie die ultimative Kunststudentin ist. Weil sie Musik mehr liebt als alles andere und auf der Suche nach Erleuchtung ist. Vielleicht hat sie aber auch schlichtweg platten Spaß an den schönen Dingen des Lebens und dem Anziehen an sich und vielleicht findet sie den Inhalt ihres Kleiderschranks richtig klasse, vielleicht ist es ihr schnurzpiepegal, wer noch so aussieht, oder wer nicht. NA UND? Dann lasst sie doch, herrgott nochmal. Für die Gründe interessiert sich so oder so keine Sau, man schaut den Menschen ja viel zu gern vor den Kopf, statt mitten rein.

B. mag meinetwegen dicke, glaslose Brillen. Das sieht scheiße aus, aber was kümmert es euch? C. fühlt sich sowieso ziemlich fresh, während er auf seinem Fixie Rad durch Berlin heizt, natürlich. Und du bist besser, weil du ein Holland-Rad besitzt? Come on. Lasst den Menschen doch einfach ihren Spaß und die einzige wirkliche Freiheit, die ihnen noch bleibt: Die Entscheidung für einen ganz bestimmten Lifestyle, für oder gegen eine Jugendkultur, die Entscheidung so auszusehen, wie sie sich selbst gefallen. Hört auf, euch das Leben gegenseitig schwer zu machen, lasst das Schubladendenken sein und vor allem: Werft euer Ego endlich weg. Es geht nicht darum, wer cooler ist, wer was zuerst entdeckt hat, darum, wer „echter“ ist oder beschissener in der Birne.

Es geht darum, sich selbst gut zu finden. Und wie auch immer ichduersiees das anstellt, sollte uns im Jahr 2013 doch wirklich nicht mehr schockieren.

Herzlichst,

Nike v.D. aka Who- & Whatevs.

76 Kommentare

  1. NYC

    solange die scheisskids in den grossstädten so derb aggressionsfördernd rumlaufen und jede zweite tusse nikes an ihre mauken schnallt wird die diskussion auch nicht aufhören. ergo: scheisskids in die tonne! täte mir auch gut!

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  2. anna

    „Wir können ja auch nichts dafür, dass es hier verdammt nochmal arschgeil ist.“ – yeah yeah yeah!

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  3. Debbie

    Ein schöner Artikel, der mir teilweise wirklich aus dem Herzen spricht. Allerdings, so finde ich, gibt es auch zu viele Leute die sich verstellen – und das sieht man ihnen ganz schnell an. Deshalb wirken an einigen die Air Max, die runde Nickelbrille oder die selbstgedrehten Zigaretten zum Bio Kaffee auch einfach nachgekauft und unecht. Weil sie sich am Ende ihrer Sache nicht sicher sind. Und das ist wohl das, was Hipstern/Hipsterhassern am Ende unterbewusst so auf die Nerven geht. Solange es echt ist, ist alles gut. Und ok, am Ende soll sowieso jeder tun wonach ihm ist… Wer sich aufregt ist schließlich selber Schuld und wer keine anderen Sorgen hat, der auch. Das Musikvideo ist trotzdem top!

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  4. maike

    das hat nix mit „afhören sich gedanken über etwas zu machen“ zu tun. kindisch ist es sich darüber aufzuregen wie andere einen wahrnehmen, dass es einen ärgert und dass es dir ja vielleicht auch ein bisschen das ego ankratzt, wenn man dich als hipster bezeichnet.
    die leute, die ich als „cool“ empfinde, denen ist das schnurtzpiepsegal. und genau diese lässigkeit einem so ausgelutschtem thema gegenüber ist doch wunderbar.

    ich gebe huehneflei recht:“ mich stresst die hipster diskussion – ich schreib einen artikel zur hipster-diskussion.“ denk mal drüber nach.

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  5. ConnÜ

    Ist das wirklich noch so aktuell in den großen Zeitungen? Das Hipstertum? :O
    Mich verwundert es gerade, dass dir das so abgeht, weil das für mich eigentlich schon abgeflaut war.
    Mittlerweile sagt man Hipster doch eher mit einem Zwinkern. 😉 Ist doch alles halb so wild und man kann es nunmal nicht abstreiten, dass der große Individualismus was Kleidung betrifft eben oft in Einheitsbrei und eben diesem Hipstertum abdriftet. So what?
    Das sind eben Leute die mit den Trends gehen (aber meinen es vor allen anderen getragen zu haben), die früher als Fashion-Opfer beschimpft wurden.
    Letzteres würde ich als schlimmer empfinden, aber hey, ist wie gesagt auch egal. Wenn du dir gern Air Max kaufst und das nicht nur weils alle anderen machen, sondern du sie magst, scheiß drauf! Dann solltest du darüber stehen.
    Ich hätte gedacht dass Fashion Blogger da ein dickeres Fell hätten und da auf Durchzug schalten.

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  6. Nike Jane Artikelautorin

    Liebe Maike,
    ich weiß schon, was du meinst. Ich musste auch ein bisschen lachen, als ich das Ergebnis sah, nachdem ich schrieb, dass ich die Hipster-Diskussion nicht mehr ertrage. (:
    So ein Text entsteht auch nicht, weil ich denke „ich schreibe da jetzt mal ne ganze Seite drüber“. Das ist eher so, dass ich zwei Sätze schreiben will und mich dann um Kopf und Kragen rede.
    Und trotzdem: Klar, ich denk mir schon, dass mich vielviele als Hipster bezeichnen.
    Aber wirklich, aus den genannten Gründen macht mich das keineswegs fertig.
    Das tut ja nicht weh. Weh tun ganz andere Äußerungen, die rausgehauen werden, ohne dass dich der Sender überhaupt kennen würde.
    Die liebsten Grüße!

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  7. YoYoYo

    Ich denke der Grund, warum sich viele über das grassierende Hipstertum aufregen ist eher, dass man vielen von diesen vermeintlich völlig superindividuellen Kreaturen einfach nicht mehr abkauft dass es ihr eigener Style ist, hinter dem sie auch länger stehen ALS ES GERADE IN IST.
    Wenn sich A. wie die ultimative Kunststudentin kleidet und sich funkelnde Bindis auf die Stirn klebt ist das doch ihr gutes Recht und ich kann mir nicht vorstellen, dass sich an dieser (wenn auch speziellen) Optik noch jemand stören würde und wenn doch spräche das nur für unglaubliche Intoleranz und Ignoranz so denkender Personen. Wenn man aber jede Saison seinen kompletten Kleiderschrank ausmistet und seinen Stil ständig so sehr dahingehend verändern muss, dass man en vogue ist und bleibt und dabei der eigene Grundstyle komplett flöten geht finde ich persönlich das ein wenig lächerlich. Vinyl gibts schon seit eh und jeh und jetzt plötzlich mutieren alle zu den grossen Plattenliebhabern und müssen ihre frisch gekauften Second Hand Platten bei Facebook posten?! Ist das nicht ein bisschen albern? Kann ja jeder halten wie er will aber diese fucking Hipster Attitude nach dem Motto „seht her wie individuell und stylish ich bin“ gepaart mit der kompletten Unfähigkeit eigene Styles zu entwickeln und die Mode an seinen (Grund)Style anzupassen anstatt seinen Style jedes Mal aufs neue der Mode anzupassen finde ich echt lachhaft. Wieso habt ihr alle überhaupt so einen Drang danach „dazuzugehören“ und super hip zu sein? Sonst kein Leben und keine Hobbies oder Freuden?? Oder ist es euch in euren Agenturen den ganzen Tag einfach zu langweilig?? ;-)…

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  8. Christine Guggenberger-Karahan via Facebook

    ich liebe jugendkulturen aller art, aber muss gestehen dass ich mit den benannten leider so gar nichts anfangen kann. Weder optisch noch meistens menschlich. Viel Fassade und wenig Sein, dabei ist die Jugend die Kraft und Power für Veränderung, Rebelllion und Reflektion. Aber reine Selbst-Pr und Selbstdarstellung in Form von Sein und Haben ist auf Dauer sehr traurig und schade…

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  9. Pingback: Die Leiden des jungen Hipster : pressekompass

  10. Pingback: Ende der Diskussion | Bandschublade

  11. Esther

    Liebe Nike.
    Ich finde den Artikel sehr lustig und zutreffend und bitte scheiß auf diejenigen, die behaupten, er wäre nicht „gut“ geschrieben. Schreiben, was man ehrlich denkt ist gut genug.
    Ich gebe zu, auch ich habe mich schon über Leute aus diversen Gruppierungen lustig gemacht, möchte das aber sein lassen. Denn es nervt mich. Auch wenn man sich für Mode interessiert und sich damit beschäftigt und Kleider wohl manchmal wirklich Leute machen, muss das noch lange nicht zur Hauptsache werden und schon gar nicht zum strengen Beurteilungskriterium von Menschen. Ich will ja hier kein Hippie-Gelaber vom Stapel lassen, aber man tendiert halt dazu, die Leute aufgrund ihres Aussehens auch charakterlich in eine Schublade zu stecken und das ist echt sowas von dumm. Weil ich mich damit einfach selbst gelangweilt habe, und ich auch nur mich und niemand anderen ändern kann habe ich beschlossen, damit aufzuhören.

    OOOOMMMMM 🙂

    Esther

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  12. Chantal

    Ach kommt schon, es wird immer jemanden geben der irgendjemanden fertig macht, ist nunmal so. Übrigens liebe ich diesen ganzen krassen Hipster-Klassenkampf. Es ist unsere Art zu rebellieren. Wir die wir sonst gegen nichts rebellieren können, alle Freiheiten der Welt haben. Jap, das ist überspitzt formuliert, und natürlich nur auf eine gewisse Gruppe junger Leute anwendbar. #firstworldproblems
    Ich störe mich selten daran wie jemand sich kleidet. Ist ja nunmal etwas womit ich überhaupt nichts zu tun habe. Doch woran ich mich störe ist, Angstrengtheit. (gibts dieses Wort?). Egal ob man als fashionista, hipster, antihipster, alternativer gelten will. sobald das kleine Wort WILL dahintersteht ist es scheisse. Man ist was man ist, und lässt man sich und der Welt freien Lauf, so wird man sich zudem entwickeln als was man sich am wohlsten fühlt. ganz ohne wollen oder anstrengung.

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  13. isa

    ich würd sagen wir machen alle was wir wollen. (hier im internet unter einem artikel groß rumzupöbeln, bringt eh nix und interessiert keine sau 🙂 btw ich fand den super den artikel!)

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  14. Thomas

    Du willst dass man dir deine Meinungsfreiheit und und deinen Stil lässt? Dann lass das jedem anderen auch und leb mit der einen oder anderen Kritik. Wenn du willst dass du von jedem altzeptiert wirst aktzeptier auch die dich nicht aktzeptieren..

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  15. juan carlos manida

    Das schlimmste was ich seit langem gelesen habe, da sieht man, keine Ahnung von Subkultur, Szene und Attitude. Und genau das ist die Sache, die an der ganzen Anti-Mainstream-Pseudointellektuellen-Kacke des modernen jungen Menschen stört.
    Der Ich-Möächte-Nicht-Mainstream-Sein-Kopiere-Subkulturen(nur optisch und mit inhaltloser Musik)-Schlecht-Heranwachsender-Aber-Trotzdem-So-Intellektuell-Wirkende.

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  16. blondi_27

    Juan und christine haben völlig recht ! Inhaltslose musik usw..
    Alle subkulturen sind doch rebellion eigentlich,doch im „hipster“ scheint es sowas nicht zu geben.

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