„Die meisten Frauen tragen den falschen BH“ – Schwachsinn. Oder?

02.09.2013 Allgemein, Mode, box1

hunkemoeller„80 % der Frauen tragen den falschen BH“. Jaja, schon klar. Langsam aber sicher wissen wir’s ja und was wir auch wissen: Dass wir nicht zu diesen dämlichen 80 % gehören. – dachte ich zumindest. Bis ich am Freitag eines Besseren belehrt wurde und binnen weniger Minuten vom Glauben abfiel. 

Als die Einladung von Hunkemöller bei uns eintrudelte (Beratung und Anprobe!), blieb ich ziemlich unberührt und desinteressiert auf meinem Stuhl sitzen. Ich war gerade dabei, die Mail in den Papierkorb zu verfrachten und nach einer passenden Ausrede zu suchen, als ich plötzlich innehielt. Moment mal. Sollte es bei mir kleidungstechnisch wirklich einen Defizit geben, dann hat man hier gerade wohl voll ins Schwarze getroffen. Ich konnte mich nicht einmal mehr an meinen letzten Unterwäschen-Kauf erinnern. Ein stiefmüttlerlich behandeltes Thema meinerseits. Vor allem, weil ich kein Problem mit auf Unterhosen platzierten Autos, Eulen oder Wolken habe und Feinripp-Schlüppis seit meiner Kindheit fester Bestandteil meiner „Lingerie“ sind. Da müssen Männer mit umgehen können. Oder eben weggucken.

Und dann noch diese fiesen Assoziationen im Kopf: Sylvie van der Vaart als Kampagnenmodel – urgh. Dieser Laden in Düsseldorfs Altstadt, den ich schon während meiner Studentenzeit wegen der rosa Schaufenster-Strapse mied. Naja, egal. Vorurteile beiseite schieben und hin da. 

In Rotterdam angekommen wartete schon die persönliche Busen-Beraterin. Meine hieß Deborah und war die Reinkarnation der Höflichkeit gepaart mit ein bisschen kessem Witz. Muss man wohl auch besitzen, wenn man erwachsenen Menschen das Phänomen „Busenhalter“ noch einmal von vorn erklären muss. Was ich lernte: Es gibt, grob betrachtet, ungefähr 28 Busenformen. Aus diesen ermittelten Daten (1200 Frauen standen „Modell“), entwarf man schließlich vier BH-Formen. 

hunkemoellerUnd hier wären wir auch schon angekommen bei Thema „zu doof, die Brust angemessen zu betten“. Ich dachte tatsächlich, es handle sich dabei um eine rein kosmetische Angelegenheit. Ob ich eben will, dass alles oben heraus quillt, sich in der Mitte zu einem Ritz zusammenlegt, oder eben nicht. Pustekuchen. Es gibt für jeden Topf das passende Deckelchen – so ist das auch bei Möpsen.

Und während ich mich noch gegen Spitze und seltsame Schalen-Formen sträubte, schleppte Deborah schon den halben Laden in meine Umkleidekabine. Sie hatte mich ausgemessen, kurz auf meinen Busen (aber eingepackt) geschaut und fasste es wie folgt zusammen: Immerhin liegst du hinsichtlich der Größe richtig. Aber die Form, die du da trägst, ist absoluter Mist! Ehm. Da hatte ich mich schon das einzige Modell ohne Nike-Swoosh geschält, das bei mir daheim zu finden war und dann hat diese Dame auch noch was zu meckern. Ich rollte mit den Augen. Und erschrak zu Tode, als man mir an knallrotes Modell der Marke „sexy“ reichte. Einatmen. Ausatmen. Anprobieren. Dann die Erleuchtung. 

Ich kann meine Erfahrung, die auf das obige Szenario folgte, nur folgender Maßen beschreiben: Hola die Waldfee. „Balcony“ it is. So nennt sich wohl die Form, die an meinen Oberkörper passt. Und so sah das Ganze auch aus. Ich blieb trotzdem skeptisch, denn ich sah mich noch nicht mit mega Hupen durch die Welt stolzieren. Halbnackt sah es aber genau so aus. In diesem Moment wusste ich, weshalb Sport-BHs mir immer die liebsten waren. „Nee, keine Sorge, zieh mal dein T-Shirt an!“. Ok. Huch. Da waren die Hupen auch schon wieder weg, oder eher: Sie sahen normal aus. Genau wie mit Sport-BH, bloß wurden sie ausnahmsweise nicht zu platten Pfannkuchen zusammen gequetscht. Die Erklärung: „Na, das Volumen, das da ist, das ist eben da. Du kannst dir die Brüste ja nicht an den Rücken schnallen.“ Klang logisch und das tut es auch heute, drei Tage später, noch. 

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Fazit: Seit Freitag überlege ich, den Eulen, Wolken und Nike-Swoosh-Schlabbermodellen „Lebe Wohl“ zu sagen. Also nicht komplett, aber manchmal. Ich kann mir nun die Schnürsenkel binden, ohne danach das Dekoltee neu sortieren zu müssen (flupp, flupp – ihr wisst, was ich meine). Ich kann mich ausziehen, in den Spiegel schauen und mir selbst zuzwinkern, statt in Lachen auszubrechen. Was ich sagen will: Schönheit kommt von Innen, das ist klar. Aber im gleichen Zug tut es eben auch gut, nicht nur oberflächlich gut gekleidet zu sein, sondern auch unten drunter. Für den Samantha Jones-Effekt. 

Danke für die Einladung, ich hab‘ wirklich was gelernt, was ich nicht gedacht hätte, lernen zu können.

Mit dabei waren außerdem: Schlotti von Metropolitan Circus, Sarah von Josie Loves und Angelica von ModeJunkie und Laura von The Limits of Control

13 Kommentare

  1. Bambi

    Ein Thema zum Haareraufen – muss ich auch immer wieder aufs neue feststellen.
    Denn so richitg spaßig wird es erst, wenn man sich Boob-technisch irgendwo jenseites von A-D/75-85-Musterfrau ansiedelt. Da ist Hunkemöller (zumindest für mich) meist eine gute Adresse, wenn man nicht grade ein Vermögen hinblättern mag.

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  2. Julia

    Da dieses Thema in letzter Zeit dauernd durch diverse Frauenmedien geistert, ist es wohl auch bei mir mal an der Zeit für eine Beratung. Mir schwant Böses…
    Ein herzerfrischender Text, by the way!

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  3. lara

    Nike, du bist so zauberhaft! Ich saß gerade breit grinsend in der straßenbahn und hab deinen artikel gelesen. Vielleicht starte ich jetzt auch eine Unterwäsche-Revolution in meinem Kleiderschrank … Vielleicht!

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  4. Sarah

    Wenn nur die Qualität von Hunkemöller nicht so unterirdisch wäre. Erst sitzen die BHs super und nach ein paar mal waschen leihern die Gummis schon aus. Gerade wenn man dann jenseits von einem D Körpchen liegt, muss man dann leider doch mehr Geld investieren. Ich gehe nur noch ins Wäschegeschäft oder in größere Kaufhäuser. Man muss es leider zugeben, im Falle BH ist die Marke die besser Wahl.

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  5. Conny

    Das BH Thema scheint ja gerade echt im Trend zu sein. Ich habe zwar einige ansehnliche Modelle in der Unterwäsche Schublade, aber irgendwie will keins davon so recht sitzen. Du hast mich gerade erleuchtet, ich glaube ich gehe mal ein paar Lingerie Abteilungen plündern – für den Samantha Jones Effekt, wie du sagtest, denn der hat mich gerade überzeugt 😉
    PS: ich liebe liebe liebe deinen schreibstil und deine charmante ehrlichkeit!

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  6. Nina

    Ich denke Oh Nein! und das 80 % der Frauen den falschen BH tragen, weil sie einen BH tragen. Wie unnütz, unschön und unbequem BHs einfach sind! Ich habe überhaupt keine Lust darauf, dass meine Brüste aussehen wie große nippellose Plastikkugeln. Dass diese Spitzen-Schleifchen-Drahtgestelle ein schöneres Dekolleté herstellen sollen als die Natur finde ich anerzogenen Unsinn.

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    1. Christina

      Wenn du nur einen BH zur Kosmetik eines schöneren Dekolletés brauchst, benötigst du tatsächlich nicht unbedingt einen.
      Ich würde auch manchmal gerne sagen, „Scheiß drauf!“ Geht aber nicht, wenn man Körbchen-Größe F besitzt. Es sei denn du hast mega trainierte Brustmuskeln. Wenn ja, herzlichen Glückwunsch!
      Ich trag auf jeden Fall einen BH nicht allein wegen der Gesellschaft, sondern weil’s angenehmer ist.

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  7. Julia

    Hej miteinander,

    erstmal finde ich es super wie ehrlich du das Thema ansprichst,lob dafür. Habe die Erfahrung auch vor ein paar jahren gemacht und stellte fest das ich gänzlich die falsche größe trug.
    Außerdem möchte ich Christina zustimmen jenseits der „normalen“ Körbchengrößen ist es extrem unangenehm keinen BH zu tragen, das ist nicht nur eine kosmetisch anerzogene Sache sondern Fakt. Der Richtige BH ist übrigens nicht wirklich unebequem zumindest habe ich die Erfahrung gemacht.

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  8. Cla von Glam up your Lifestyle

    Denn perfekt sitzenden BH zu finden ist gar nicht so leicht. Auch ich dacht jahrelang ich würde das richtige und passende Modell tragen. Bis mich auch eine nette Verkäuferin in einem Wäschegeschäft eines besseren belehrte.
    Sie hat sofort erkannt, dass ich eher D-Körbchen habe statt C. Und plötzlich quillt auch nichts mehr oben raus.
    Breitere Träger sind für mich auch zum Vorteil, die geben mehr Support, so dass nicht alles in den Keller rutsch. 😉

    Gegen Hunkemöller habe ich mich auch erst gesträubt. Doch ich habe dort vor kurzen einen hübschen und perfekt passenden BH gefunden, für 24,95 € was will man mehr. So übel ist die Qualität gar nicht.
    http://glamupyourlifestyle.blogspot.de/

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  9. Nico

    Den Artikel habe ich mit einem Schmunzeln gelesen, er ist Dir wirklich gelungen.
    Unterwäsche ist bei mir auch so ein Thema, dass ich eher sporadisch behandel, jedoch habe ich soeben beschlossen, mich auch mal beraten zu lassen.

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  10. Pingback: Richtige BH Größe finden » BH-Guide.de Wiki

  11. Anna

    Ein schöner Beitrag und spricht mir aus der Seele. Das große Problem ist ja auch, dass die gekauften BHs sich nicht verändern, aber unser Körper ist ständigen Veränderungen ausgesetzt. Man nimmt zu, man nimmt ab, die Schwangerschaften tun ihr übriges und schon fragt man sich warum es zu schmerzen kommt. Ich finde auch, jede Frau sollte sich ab und zu mal in einem professionellen Dessous Laden beraten lassen.

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