Vorgemerkt: „Blue is the warmest colour“ mit Léa Seydoux | ab Dezember im Kino

11.11.2013 Allgemein, box3

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„Blue is the warmest colour“ ist der englische Titel eines französische Filmes namens „La vie d‘ Adèle“, den man im Deutschen lieblos mit „Blau ist eine warme Farbe“ übersetzte. Letztere Namensgebung regt leider nur bedingt zum Kinobesuch an – dabei sollte man das Drama von Regisseur Abdellatif Kechiche keinesfalls verpassen. Jedenfalls glaube ich fest daran. Denn erstmalig wurde die Goldene Palme in Cannes nicht nur für die wundervolle Regiearbeit verliehen, sondern zeichnete zudem die hervorragende Leistung der beiden Hauptdarstellerinnen Léa Seydoux und Adèle Exarchopoulos aus. Ja, das betonte man sogar sehr ausdrücklich. 

Das, was dort von Léa und Adèle mehr vorgelebt als -gespielt wird, könnte eine der echtesten Liebesgeschichten sein, die das Kino bisweilen hervorgebracht hat.

Die 15-jährige Adèle (Adèle Exarchopoulos) lebt in Lille, knutscht mit Jungs und sammelt erste sexuelle Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht – bis sie merkt, dass sie sich mindestes genau so sehr zu Frauen hingezogen fühlt und schließlich auf Emma (Léa Seydoux), die rebellische Kunststudentin aus gutem Hause, trifft. Die beiden werden ein Paar. 

„Das ist mehr ein dramaturgisches Element als ein inhaltliches: Kechiche geht es nur am Rande um die Homosexualität. Vielmehr will er die erste Liebe in ihrer ganzen Dimension zeigen, ob homo- oder heterosexuell (…)“, schreibt Paul Katzenberger auf sueddeutsche.de

Und damit wird er hoffentlich Recht behalten. Es geht um die Einschränkung der eigenen Entfaltung getreu Sartres Zitat „L’enfer c’est les autres (dt. Die Hölle, das sind die anderen)“, um die Grausamkeit von Gefühlen und Menschen, um die Kraft von bebenden Herzen, um Leidenschaft und die Grenzen von Liebe. Der zweite Teil des Films springt in eine andere Zeit. Adèle und Emma leben zusammen, aber entfernen sich dabei immer weiter voneinander. Intellektuelle Differenzen, unterschiedliche Zukunftsentwürfe, Leere, trotz Begehren und die Frage: Wann muss man loslassen? 

„Dominierte vorher der Überschwang, so ist es nun die profane bekannte Geschichte von all den Paaren, egal welcher sexuellen Orientierung, die trotz allen Bemühens und des nach wie vor großartigen Sex an ihren immanenten Gegensätzen scheitern“, schreibt Katzenberger weiter.

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Wer noch immer denkt, er hätte es mit einem homoerotischen Schnulli-Film zu tun, wird höchstwahrscheinlich enttäuscht. Sicherlich kratzt „Blue is the warmest colour“ auch aufgrund der politischen Lage Frankreichs an einem spannenden Diskurs und mit siebenminütigen Sexszenen an unseren Sehgewohnheiten: Nicht nur die im Film gezeigte Grausamkeit diverser Mitschüler verweist auf die noch heute fehlende allumfassende Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlicher Beziehungen, und zwar auf der ganzen Welt, sondern auch die thematisierte eigene Unsicherheit, die tiefsitzende Angst vor dem Coming-Out, beeinflusst durch subtile und offensichtliche Diskrimierung. Trotzdem bleibt „Blue is the warmest colour“ mehr als eine in Teenagergefühle eingepackte Gesellschaftskritik und drei Stunden lang so nah am Zuschauer, dass manch ein Kritiker von der „authentischsten Liebesgeschichte aller Zeiten“ spricht. Wir werden'(s) sehen.

 

 

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