Film-Tipp & Politisches // Wie geht es mit den Hebammen weiter?

30.11.2015 Allgemein, Kolumne
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Heute Abend läuft ein Film im ZDF „Nacht der Angst“ ein Film mit der großartigen Nina Kunzendorf – ein Drama und ein Hochaktuelles noch dazu. Sie verkörpert in diesem Film eine freiberufliche Hebamme und die Geschichte, die dort erzählt wird, beruht auf einer wahren Begebenheit. Aber nicht nur das: Der Film zeigt vor allem, wie es um die Hebammen in Deutschland bestellt ist – und ist gerade vor diesem Hintergrund unser TV-Tipp des Tages: 

Hebammen kämpfen nicht nur um das Leben der Kinder, sondern auch zunehmend um ihre Existenz. Freie Hebammen betreuen Schwangere schon in der Schwangerschaft – führen Vorsorge-Untersuchungen und nötige Laboruntersuchungen durch, beraten Frauen und werdende Eltern bei allen aufkommenden Fragen rund um Schwangerschaft, die Geburt und das erste Jahr – manchmal sogar noch darüber hinaus. Sie begleiten Paare bei einer außerklinischen Geburt oder in der Klinik als Beleghebamme, sie sorgen für einen sicheren und guten Start ins Leben und betreuen die Familien von der Wochenbett-Zeit bis zum Ende der Stillzeit: Ein langer Zeitraum in einer der einschneidendsten Phasen im Leben.

Wir haben in Deutschland die Wahl, wo wir gebären wollen. Man kann von außerklinischen Geburten halten, was man mag, aber der Luxus, das eigene Wohnzimmer, das Geburtshaus gegenüber, die nächste Klinik oder auch eine Uniklinik mit allen medizinischen Geräten für den Fall der Fälle aussuchen und auswählen zu können, ist ein Privileg, das zu wackeln droht.

Bundesweit arbeiten derzeit rund 21 000 Hebammen, frei oder an einer Klinik. Es ist ein klassischer Frauenberuf, denn es gibt lediglich ein halbes Dutzend männliche Kollegen „Entbindungspfleger“ genannt.

Zu den Fakten:

– Freiberufliche werden nach Geburten bezahlt

– Die Haftpflicht beläuft sich derzeit auf 6270 € im Jahr –  auch wenn es Ausgleichszahlungen für Prämiensteigerungen gibt, ist diese Summer für immer weniger Kolleginnen zu stemmen.

– Im Juli 2016 läuft die Gruppenhaftpflichtversicherung des Deutschen Hebammenverbandes aus

– Vergangene Woche wurde bekannt, dass es wieder für zwei Jahre einen Versicherer gibt: wieder wird die Summe steigen, nicht aber die Vergütung (2017 werden es knapp 7.639€ im Jahr  sein).

Jedes Mal, wenn ich zum Dienst fahre, wünsche ich mir, dass alles gut geht. Jedes Mal, bevor ich zu einem meiner langen Schicht aufbreche, versuche ich, etwas vorgeschlafen und gegessen zu haben, um bereit zu sein, für das, was in der Klinik auf mich wartet. Denn es kann sein, dass ich drei Minuten nach Betreten des Kreißsaales zu einer Reanimation dazu gerufen werde, eine Frau verstärkt blutet oder ich rasch in den Geburtsraum soll, um die Geburt eines schnellen Kindes zu betreuen, das nicht auf die Dienstübergabe warten wollte.

In vielen Stunden der Nacht sitze ich an den Badewannenrändern, höre den werdenden Muttern beim Atmen zu, ermutige sie, wenn nach vielen Stunden der Mut und die Kräfte schwinden, überwache das noch Ungeborene, bringe dem werdenden Vater einen Kaffee und muss in Sekundenschnelle entscheiden, was unternommen wird, wenn die Geburt nicht normal verläuft. Oft atme ich dabei erst so richtig aus, wenn ich Mutter und Kind auf die Station oder eben direkt nach Hause entlasse. Dann ist erstmal alles geschafft-alles gut gegangen – bis zum nächsten Mal.

Der Beruf der Hebamme ist nicht nur ein schöner Beruf, nein, er ist vor allem mit einer hohen Verantwortung verbunden.

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Ein Arzt darf eine Geburt ohne Hebamme nicht durchführen, eine Hebamme ohne Arzt aber sehr wohl.

Allein daraus kann man ableiten, wie unglaublich wichtig dieser Beruf ist, den es schon so lange gibt. Die aktuelle Entwicklung ist tragisch und skandalös und wird noch ungeahnte Folgen haben, so viel steht fest: Denn vielen Hebammen droht aufgrund der steigenden Kosten das berufliche Aus.

2 Kommentare

  1. Judith

    Das ganze Thema macht mich unendlich traurig. Ich habe vor 4 Monaten meine kleine Tochter bekommen und die Zeit danach war die aufregendste Zeit meines Lebens. Noch nie war ich so unbeholfen und unwissend im Umgang mit Etwas, das so viel Sicherheit benötigt. Natürlich darf man die Intuition einer Mutter nicht unterschätzen, aber Mütter sind nunmal auch Menschen und gerade in solchen Extremsituationen brauchen Menschen Zuspruch, und das am besten von jemandem, dem man vertraut, der einen unterstützt, bekräftigt und Sicherheit schenkt. Leider wäre ich in dieser Zeit beinahe alleine gewesen. Nur mit viel Glück und einen Tag nach der Geburt unserer Tochter haben wir eine Hebamme für die Wochenbettbetreuung gefunden. Und das obwohl ich im 2. Monat meiner Schwangerschaft mit der Suche angefangen habe. Viele der kontaktierten Hebammen hätten mir gerne geholfen, konnten es allerdings nicht, weil sie schon überlastet waren. Glücklicherweise habe ich die „Hebammenunterversorgung“ nur bei dem einfacheren Teil des Wochenbetts zu spüren bekommen, ich möchte mir aber gar nicht ausmalen was passiert, wenn das so weitergeht.

    Kinder brauchen Hebammen, und wir brauchen Kinder!

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  2. Fiona

    Wie schön, dass ihr das Thema hier auch ansprecht! Ich habe gerade mein erstes Kind bekommen und hatte zum Glück eine Hebamme, die mich schon während der Schwangerschaft begleitet hat. Das war toll! Und vor allem jetzt im Wochenbett kann ich mir garnicht vorstellen wie es ohne sie wäre… Es ist mir schleierhaft wie irgendjemand denken könnte, Hebammen seien unwichtig?! Ich hoffe so sehr, dass sich doch noch eine Lösung findet.

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