Notre Dame, wir brauchen deine MilliadärInnen!

Vorgestern Abend empfing ich eine SMS aus Paris, von einer Freundin, die das 11. Pariser Arrondissement seit 12 Jahren ihr Zuhause nennt, die für immer bleiben will und dennoch sagt, seit den Terroranschlägen am 13. November 2015 habe sich das Leben dort verändert. „Notre Dame steht in Flammen“, schrieb sie mir in wirr aneinander gereihten Kleinbuchstaben, ich musste zwei Mal hinsehen um zu verstehen. „Aber wir wissen noch nicht, warum.“ Die Menschen um sie herum stünden fassungslos da, viele würden weinen und sich an den Händen halten. „Ich weiß nicht, ob sie wirklich um die Kathedrale trauern, oder einfach Angst haben“, schob sie noch hinterher, „als würde eine alte Wunde wieder aufgerissen werden“.

Ich las und weigerte mich, auch nur einen Gedanken an Terror zu verschwenden. Kurz darauf stand ohnehin fest: Es war ein Unfall. Und noch immer weist nichts auf eine vorsätzliche Tat hin. Weshalb mich vor allem der gestrige Tag irritiert zurück ließ. Mein Instagram-Feed wurde im Minuten-Takt von Trauer-Bekundungen und großer Anteilnahme geschwemmt. Hatte ich vielleicht ein Detail übersehen? Nein. 

Versteht mich nicht falsch. Auch ich weiß um die Symbolkraft des Weltkulturerbes Notre Dame, am 24. August 1944 hatte das Glockenläuten die Befreiung von Paris von der deutschen Besatzung verkündet, ich habe Victor Hugo gelesen, verstehe den Schock, das Gefühl aufreißender Wunden, ich habe Respekt vor den Feuerwehrleuten, die es schafften, den Brand vollständig zu löschen, davor, dass dieser Ort für viele Menschen vor allem eine Begegnungsstätte war, trauere vielleicht sogar aufrichtig um die verkohlte gotische Architektur. Dachte sogar kurz darüber nach, ob die Leute sich womöglich auch aufgrund eines ganz bestimmten Sinnbildes so betroffen zeigen: Weil eben nicht nur Notre Dame in Flammen steht, sondern ganz Europa, wegen des offensichtlichen Rechtsrucks etwa, wegen „liberaler“ Autokratien und cleverer Nationalisten. Der Grundtenor aber klang anders, ich hörte und las permanent nur: Notre Dame! Von dort hatte man die beste Aussicht! Sie war das Herz unserer Identität! Die Kathedrale hat so viele inspiriert!

Ja natürlich hat sie das. Zu Großem und Gutem einerseits. Aber auch: Zu extremer Gläubigkeit, Größenwahn (Napoleon setzte sich hier selbst die Krone auf den Kopf), zu Massakern und Macht zum Beispiel. Denn auch das ist Notre Dame, leider. Und: Der Inbegriff von Dekadenz. Während im gesamten Land Hunger und Not herrschte, steckte die katholische Kirche ihr Geld in Prachtbauten und dekorativen Luxus, errichtete zwischen 1100 und 1250 nicht nur Notre Dame, sondern ungefähr 1472 weitere Kirchen. Die Liste der fragwürdigen Erinnerungen an das Zuhause von Quasimodo ist endlos lang. Aber sei’s drum, schön anzusehen ist „das Herz Frankreichs“, sein Ursprungsort, ja schon (gewesen). Es ist ja auch nicht alles weg von der gigantischen Touristen-Attraktion. Eigentlich steht da sogar noch recht viel. Warum diesen neuen Teil der Geschichte also nicht akzeptieren? Und zum Beispiel nur flicken, was eben geflickt werden muss? Etwas Neues schaffen? Stattdessen soll in Zukunft alles „noch hübscher“ werden. Vergleiche sind scheiße, aber hier geht es um Relationen:

Von Syriens Kulturgütern ist nach acht Jahren Krieg jedenfalls wenig bis nichts übrig. Ganze Kinderkrankenhäuser und Städte wurden und werden zerbombt. Es starben und sterben Menschen, jeden Tag, überall auf der Welt. Der Jemen verhungert. Was wir nicht vergessen dürfen: Daran sind auch wir, die Westliche Welt, schuld. Aber das nur als schneller Blick über „unseren“ eurozentrischen Tellerrand hinaus, der durch den medialen Umgang mit dem Unglück von Notre Dame wieder einmal besonders sichtbar wurde. Aber nein, wie gesagt, an Trauer ist überhaupt nichts verkehrt, dennoch können die Ausmaße ebenjener tatsächlich Ausdruck einer viel größeren Problematik sein. Darüber einmal nachzudenken lohnt jedenfalls. Dass sich seit Jahren konkurrierende Milliadärsfamilien nun aber ein öffentliches Stelldichein um die höchsten Spendensummen für den Wiederaufbau der Pariser Kathedrale leisten, macht mich fassungslos. Mehr als 800 Millionen liegen bereits jetzt, 48 Stunden später, bereit. Dabei ist die Katholische Kirche selbst steinreich. Zahlen will sie freilich nichts – offizieller Besitzer sei nunmal Frankreich.

Auch egal. Dank großzügiger Spenden soll ja ohnehin alles wie früher werden, nur besser. Hurra.

Liebe MilliadärInnen, Spenden sind immer toll, das seht außer Frage, ein seltsamer Beigeschmack bleib aber dennoch, es ist nämlich so: Seit Jahren rufen Menschen aus Fleisch und Blut, die eure Hilfe dringend benötigen, ohrenbetäubend laut nach euch. Und unser Planet! Quasi vergebens. Erst bei einem Gebäude aus Stein(!), hört ihr so richtig aufmerksam hin, werdet großmütig uns sanft. Nicht irgendwann, nein, ohne zu zögern. Nichts anderes haben wir erwartet, aber insgeheim gehofft.

Hier geht es tatsächlich längst nicht mehr um Whataboutsim. Sondern um Prioritäten und Verhältnisse. Die zum Glück nicht nur mir überaus fragwürdig vorkommen. An alle spendablen Kulturrrettenden: Natürlich habt ihr ein Dankeschön verdient. Aber ein nachgeschobener Denkanstoß darf dennoch nicht fehlen. Vielleicht war euer eigener Vorgarten nur der Anfang und irgendwann kehrt ihr auch dort den Dreck weg, wo nicht nur der Aussichtspunkt selbst, sondern eine komplette Aussicht in Trümmern liegt. Die Macht und das Geld dazu habt ihr ja. 

*EDIT: Wir aber auch – sofern wir zusammenhalten. Vielleicht nicht binnen Stunden. Aber wenn auch wir unser eigenes Denken, Verhalten und Handeln häufiger (kritisch) hinterfragen, können wir womöglich nicht weniger viel bewirken.

 
 
 
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Ich dachte eigentlich, es sei nicht notwendig so ein Video hier zu posten, aber seit dem Brand des Notre Dame wird mir bewusst, wie ignorant wir eigentlich sind. Ich spreche mit diesem Posting niemanden an, der sich allgemein in irgendeiner Form politisch oder zur Gesellschaft äußert, ich spreche hiermit auch keinem die Trauer über die Geschehnisse ab – natürlich ist das, was passiert ist, extrem traurig. In meiner Liste hier aber haben so viele bekannte Persönlichkeiten ihre Trauer zu Notre Dame bekundet, von denen ich leider sonst nie etwas zu anderen tragischen Geschehnissen oder Umständen auf der Welt höre. Und das frustriert so hart. Es ist ironisch, dass unsere westliche Welt und besonders unsere Generation in fast weltfremder Manier in Schock und Schrecken durch die Tragödie von Notre Dame versetzt wird, ihr aber nicht bewusst scheint, wie üblich es in anderen Teilen der Welt ist (und selbst hierzulande vor nicht allzu langer Zeit noch war), dass bedeutende historische Bauten und Häuser vor den Augen ihrer Bevölkerung und Bewohner durch Kriegshandlungen zerstört werden. Vor kaum mehr als ein paar Jahren wurde die einst aufblühende syrische Haupstadt Damaskus, komplett zerbombt und als Ruine von Stadt hinterlassen. Diese Bilder haben wir alle gesehen. Und obwohl das Ausmaß dieser Katastrophe so unendlich viel größer war für Millionen von Menschen auf dieser Welt, hat es leider nicht die gleiche Reaktion hervorgerufen. Ganz abgesehen davon, dass einige wenige Milliardärs-Familien in den letzten zwei Tagen ganz kurz mal insgesamt 600 Mio. Euro für die Wiederaufbau zugesichert haben… Ich wünsche mir mehr Solidarität als Menschen dieser Erde, nicht als Europäer, als Muslime, als Christen oder Juden oder Veganer. Wir sitzen alle im gleichen scheiss Boot. Genauso wenig scheinen wir zu erkennen, wie symbolisch dieser Brand für unsere Zeit und unser Klima ist und dass dieses Gefühl der Zerstörung von Dingen, die nie wieder in dieser Form rekreiert werden können, das dominante Gefühl des 21. Jahrhunderts sein wird. Mehr Gedanken zu Notre Dame findet ihr in meiner Story.

Ein Beitrag geteilt von WANA/ WERNER/ WANYE WEST (@wanalimar) am

 
 
 
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Please watch my insta story for deepened elaboration on the topic // Yesterday the Cathedral of Note Dame , one of the worlds most important cultural sights, stood in flames due to renovation complications. People were weeping out on the streets of Paris and Instagram was full of condolences and participation. And this made me think: when we see that something we care about is in flames, we’re affected. And apart from the fact that Notre Dame’s fire is devastating: what is with our house, our planet, that is on fire? Humanity has wiped out 60% of wild life since 1970 and more than 90% of the world’s children breathe toxic air every day. According to a report by the UN Intergovernmental Panel on Climate Change we have 11,5 years from now to avoid a avoid catastrophic environmental breakdown. As @gretathunberg says: “Our house is on fire.” It’s not only Notre Dame that burns, it’s also our existence, our soil, our forrests and oceans that literally are burning down if we don’t act. We need to care about our cultural, but also ecological heritage. I’m moved by this beautiful building burning down, I couldn’t believe my eyes when I saw it and I feel so sorry for all locals that have emotional connection to this building. And I hope some day people will be as moved by the threats humanity is facing due to climate heating. Not only Notre Dame will be gone if we don’t act. / photo by @christopher__burns

Ein Beitrag geteilt von Madeleine Daria Alizadeh (@dariadaria) am

Foto in der Collage von @melinchenslife

48 Kommentare

  1. Lena

    Ich verstehe deinen Beitrag und das, was dich ärgert. Auch mein erster Impuls war aufgrund der enormen Spenendenbereitschaft: What?!

    Aber, Moment mal!

    Ich selbst bin immer die erste, die in Diskussionen irritiert und ernüchternd drein schaut, wenn mein Gegenüber – angesichts meiner Behauptung, beispielsweise der Feminismus in Deutschland muss stärker werden – sagt: Aber was ist denn mit XY? Da passiert auch scheisse. Schau mal nach Saudi-Arabien, was geht dort ab? Oder noch unpassender: Was soll denn der Feminismus, wenn Menschen auf der Welt verhungern, sterben?
    Hhmpf… JA, richtig. Absolut. Gleichberechtigung fehlt auch dort. Scheisse passiert auch woanders. Aber es geht doch gerade um einen anderen Kontext.
    In ähnlicher Weise empfinde ich die Empörung über die Millionenspenden für die Notre Dame – nämlich nicht vergleichbar. Nicht in einer Diskussion zu vereinen.

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    1. Fabienne Sand

      Hey Lena! Ich verstehe was du meinst. „Whataboutism“ ist problematisch, reißt Dinge of aus dem Kontext und relativiert gesellschaftsrelevante Vorgänge, Katastrophen oder politische Ereignisse. Was bei Notre Dame bzw. dem immensen Spendenberg aber besonders interessant ist, ist der offenkundige Eurozentrismus von Berichterstattern, Spendern und Trauernden. Als Mensch, der in den letzten Tagen den Medientenor beobachtet hat, kommt man nicht umhin die Omnipräsenz dieser „Katastrophe“zu bemerken, während schon seit Stunde 0 SpenderInnen gefunden sind, Gutachterinnen Konzepte zum Wiederaufbau schmieden und europäische Länder Expertinnen zur Unterstützung Frankreichs bereitstellen. Ich verstehe viele Mechanismen die dazu beitragen, dass dieses Unglück zur zeit so unglaublich viel Gehör findet und halte Schock, Trauer und Wut als Antwort auf Bilder mit Einstürzenden Altbauten und Feueralarm für natürliche Reaktionen. Besonders in diesem Falle zeigt es aber ganz wunderbar wie eine weiße Mehrheitsgesellschaft in sich geschlossen für das „Wohl“ in den eigenen Reihen sorgt und dabei besonders eindrucksvoll ein zurzeit tatsächlich brennendes Europa, eine brennende Welt außer acht lässt. Die Geldsumme über die wir sprechen ist absurd. Es gibt Brennpunkte im öffentlich rechtlichen und eine Tagesschau, die zu 50% aus Bildern einer brennenden Kirche besteht. Ein Echo was mich tatsächlich schockiert und bedrückt. Es scheint mir fast so, als währen alle ganz erleichtert und erpicht darauf, endlich über etwas profanes trauern zu können und das will ich keinem absprechen. Am Ende bleibt es aber trotzdem erschütternd und unangenehm zu hören, dass an anderen Stellen das Geld umso mehr gebraucht werden könnte.

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      1. Lena

        Hi Fabienne! Wahrscheinlich beziehe ich diese Gedanken und Ansichten, die du nennst, beim Lesen bereits mit ein und störe mich deshalb umso mehr an der Schwäche solch einer whataboutism-Argumentation. Weil sie – berechtigterweise – angreifbar ist und die Kritik an genannten Problemen dadurch schwächer wird. Es lässt das eigentliche Problem nicht für sich stehen, sondern versetzt es in einen Vergleich. Das finde ich schade!
        Die von dir genannten Probleme müssen besprochen werden, präsenter sein, lauter werden. Ich finde das funktioniert auch ohne das Beispiel der Notre Dame, weil man es gleichzeitig unterlassen würde, Dinge zu verallgemeinern – Stichwort: Trauer, Egozentrik, weiße Privilegiertheit, Banalität, usw. Zeigt diese Themen auf – ich bin die erste, die applaudierend mitliest und teilt -, aber lässt es für sich allein stehen, nicht in Konkurrenz zueinander.

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        1. Fabienne Sand

          Du hast recht. Und wahrscheinlich macht es Notre Dame und die Spendenbereitschaft am Ende so simpel für viele die die Metaebene nicht greifen können. Es ist so furchtbar plakativ solche Vergleiche zu ziehen und am Ende doch wieder Sinnbild für Gesellschaftsgefüge und eine „Wegschaugesellschaft“, die lösbare Probleme angehen kann und will und sich bei akuter „Überfragung“ und Ratlosigkeit versteckt und zurückhält. Das halte ich für einen natürlichen Mechanismus, wenn auch für einen Problematischen

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      2. eine andere lena

        Ja genau, wie eurozentrisch von Europäern für ein Bauwerk in Europa zu spenden!
        „“Whataboutism“ ist problematisch“ sagst du, aber wenn eine Kirche brennt, kommt gleich hinterher das „aber“.
        Mein Instafeed ist voll von Muslimas aus aller Welt, die was von einer zeitgleich brennenden Moschee und der white supremacy media reposten, aber dass der Brand in der Moschee nach 7 Minuten gelöscht war, da es nur einen Monitorraum betraf, schreibt keiner dazu. Manch einer würde das ja als fake news bezeichnen. Ach ne, war ja keiner aus der westlichen Welt mit einem christlichen Hintergrund, also nur halb so schlimm tihihi.

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        1. Fabienne Sand

          Hui Lena, keineswegs halte ich das Spenden für das Bauwerk für Eurozentrisch, allerdings den Umgang mit Problematiken und Katastrophen in unserer Gesellschaft, sowie das Weltbild vieler Europäerinnen. Bitte nicht vermischen. Tatsächlich ist Eurozentrismus nämlich ein Phänomen, welches in vielen Bereichen zu beobachten ist, da ist ein Medientenor nur ein mini Beispiel. Beim letzten Teil deines Kommentars steige ich leider vollkommen aus. Das kommt mir dann doch alles sehr verbittert sowie generalisierend vor. Verstehe nicht was das hier zu suchen hat bzw. in wie weit es zum Kontext passt. Sicherlich sind „FakeNews“ nicht nur ein westlich/ christliches Problem. Hat ja aber auch nie jemand behauptet? Mein „aber“ begründe ich am Ende meines Kommentars dann doch recht solide. Tatsächlich kann man „Whataboutism“ kritisch beäugen und outcallen, ohne die ganzen Ebenen dieser Debatte zu missachten. Wenn wir von einer brennenden katholischen Kirche reden, werde ich tatsächlich aber besonders spitzfindig. Eine derart problematische Institution die sich mit Geld zuschmeißen kann, werde ich ganz sicher nicht lobhuddeln.

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          1. Fabienne Sand

            Ich korrigiere mich – tatsächlich nenne ich den Eurozentrismus von Spendern. Das nehme ich gerne zurück und kam im Eifer des Gefechts. Ich finde es wichtig sich hier auf Berichterstattung und Beileidsbekundungen zu konzentrieren.

          2. eine andere lena

            Ich finde nicht, dass der letzte Teil meines Kommentars aus dem Kontext ist, da es um den Umgang mit dem Thema ging.
            Aber ich bin gerade wirklich zu sauer, um mich zu erklären. Ich entfolge euch jetzt überall und werde diesen Blog nie wieder besuchen (ja, my loss und so, ich weiß schon), schönen Tag noch.

          3. Daniela

            Notre Dame ist doch nicht nur Teil einer fragwürdigen Institution. Diese Kirche ist für viele Menschen ein besonderer Ort, ein geschützer Raum. Ich bin selbst nicht gläubig, aber fand bei einem Besuch in Notre Dame eine wunderbare Ruhe. Ich fühlte mich gut aufgehoben und war beeindruckt von der Atmosphäre. Daher rührt sicher auch die hohe Anteilnahme vieler Menschen.

  2. Nika

    Mich macht dieser Artikel irgendwie fassunglos, sorry. Ich studiere Soziologie und kenne mich gut mit problematischen eurozentristischen Denkmustern aus. Aber hier muss man mal die Kirche im Dorf lassen und einfach aus psychologischer und emotionaler Perspektive miteinbeziehen, dass Menschen immer emotional mehr betroffen sind wenn derartige Fälle in ihrer Stadt, Land, Kulturkreis, wie auch immer, vorkommen. Wenn in deiner Nachbarschaft deine Stammkneipe oder dein Stammcafe abbrennt, ist es nicht wahrscheinlicher, dass du spendest und dich engagierst als wenn eine Bar in Manila abbrennt, oder in Accra? Weil du einfach durch die räumliche Nähe und Erinnerungen emotional viel stärker involviert bist. Und so mag es französischen Milliadär*innen gehen. Das hat wenig mit Eurozentrismus zu tun und langsam bin ich es leid, dass ihr wirklich ALLES (selbst den Brand eines Kulturbauwerkes, der Augenscheinlich viele Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen berührt) in den Kontext von white supremacy, Kolonialismus, Eurozentrismus, Syrien und wasweissich setzt. Kommt doch mal wieder etwas runter.

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    1. Fabienne

      warum bist du es leid? Weil es wehtut diese toxischen Strukturen immer wieder unter die Nase gerieben zu bekommen oder weil du nicht der Meinung bist, dass gängige Machtstrukturen der Treibstoff für den Erfolg des globalen Westens ist? Der Schmerz wird bleiben, bei Bedarf verlinke ich aber gerne Literatur.

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  3. Kerstin

    Schließe mich Nika an. Fand den Artikel auch eher befremdlich. Hier brannte eine Kirche, die – ja tatsächlich – auch ein nationales Symbol und ein Teil der europäischen Geschichte und Kultur ist. Das ist doch schrecklich und Menschen, die dies so empfinden und sich entsprechend äußern und verhalten, sollten man dies zugestehen können ohne Rechtfertigungsdruck (warum hier, warum dort nicht) aufzubauen.

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  4. Gitta

    Ich kann es nicht fassen. Meint ihr eure Kommentare ernst? Glaubt ihr nicht, ihr fühlt euch aufgrund eurer Trauer angegriffen und vergesst das Wesentliche? Niemand hat gesagt, dass wir nicht traurig sein dürfen. Keiner behauptet, dass es egal ist. Aber es muss doch klar sein, dass die Prioritäten hier komplett verschoben sind. Die Verhältnisse! Nach zwei Tagen 800 Millionen. Für ein Gebäude, das noch Zeit hat. Die Kinder im Yemen haben keine Zeit. Sie brauchen das Geld um zu LEBEN, nicht um wieder gut auszusehen. Würdet ihr denn nicht eher anderswo Hilfe leisten, wenn ihr so stinkreich wäret? Wieso nimmt man die Geschichte von Notre Dame jetzt nicht a und flickt das Nötigste? Erklärt mir, was da in euch passiert. Ich bin fassungslos darüber, wie dieser Artikel falsch oder gar nicht verstanden werden kann.

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  5. Tine

    Hier meldet sich noch eine Soziologin. Doch, es ist sogar sehr interessant, was eurozentrische Denkweisen hier triggern. Ich bin seit gestern verwirrt über die Reaktionen. Nicht darüber, dass jemand trauert. Klar, es ist der eigene Vorgarten. Aber die Spenden sagen einiges aus über unsere heile westliche Welt, die lieber nur ihr eigenes Haus schön her richtet, obwohl sie fremde zerstört hat.

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  6. Tine

    Und nochwas. Nur weil es „logischer“ und gefühlt „emotionaler“ und „natürlich“ ist, sich um das zu kümmern, was vor der eigenen Haustür passiert, ist es doch noch lange nicht richtig. PEOPLE OVER BUILDINGS.

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  7. Aglaja

    Der moralische Rigorismus, mit dem der Artikel und teilweise die Kommentare Menschen für ihre Gefühle verurteilt, macht mich wirklich traurig. Da hätten sich Zwingli, Calvin und Co. noch eine richtige Scheibe abschneiden können. Besonders ungut finde ich, dass viele den Blick über den Tellerrand einfordern (Stichwort der hier extrem strapazierte Eurozentrismus, aber im Prinzip: richtig so!), ihn selber aber eher abzulehnen scheinen, wenn es ihnen nicht in den Kram bzw. die Argumentation passt; weil sie selber nicht gläubig sind, scheint es sie richtig zu empören, wenn Christen es schlimm finden, wenn eine der bedeutendsten Gotteshäuser dieser Welt-(see what I did there)Religion in Flammen steht. Auch der ewige Hinweis mit dem geradezu preußisch-pedantisch erhobenen Zeigefinger, dass die katholische Kirche die Inkarnation des Bösen ist, nervt langsam. Jedem, der einigermaßen geradeaus denken kann, ist klar, welches Leid die Kirche verursacht hat (sexueller Missbrauch, etc.) und welche Probleme sie dabei hat, sich diese einzugestehen und die Strukturen innerhalb der Institution zu verändern. Dass die Kirche und das kirchliche Leben für viele Menschen auch sehr bereichernd ist, Trost und Kraft spendet, steht dem jedoch gegenüber und sollte auch von einem überzeugten Laizisten, Agnostiker oder Atheisten akzeptiert werden können.

    Zum Vergleich mit der geringen Medienaufmerksamkeit/Spendenbereitschaft für die Kriegsgebiete im Nahen und Mittleren Osten: Wenn man von den obszönen Summen hört, die französische Billionärsfamilien höchst öffentlich in die Spendenbüchse werfen (hoffentlich erfährt der Fiskus nicht davon, welche Summen da teilweise in der Portokasse schlummern), möchte man zu mindestens einen Bruchteil an menschliches Leiden in Syrien und Jemen abgezweigt wissen. Wieso ist das nicht so? Ein Teil der Erklärung, in anderen Kommentaren wurden weitere Gründe genannt (Nähe-Distanz), ist „Compassion Fatigue“. Dieses Verhaltensmuster wurde bereits während der Kartoffelpest in Irland in den 1840/1850er Jahren beobachtet. Zuerst war die Öffentlichkeit in Großbritannien und ganz Europa sehr interessiert und es wurde kräftig gespendet. Diese Bereitschaft ließ jedoch schnell nach, obwohl die Situation sich nicht verbessert, sondern verschlimmert hatte. Ähnlich ist es leider auch heute.

    Fazit: Es ist alles sehr deprimierend.

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    1. Aglaja

      Nachtrag zum Jemen: In den Kommentaren hört es sich teilweise so an, als wäre es ein Klacks, dort zu helfen, wenn nur genügend Spendemittel da wären, wie sie jetzt in Paris ja offensichtlich da sind. Dem ist leider nicht so, da die beteiligten Kriegspartien (Saudi-Arabien und Iran) dieses Stellvertreterkrieges größtes Interesse daran haben, internationale Hilfsorganisationen den Zugang zu der an Hunger und Cholera leidenden Bevölkerung so schwer wie möglich zu machen und die Bevölkerung sprichwörtlich als Geiseln halten. Das heißt nicht, dass man nicht spenden sollte, vielmehr, dass man mehr spenden muss, es aber nunmal alles andere als „einfach so“ geht und man Äpfel und Birnen nicht vergleichen kann.

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  8. Timmi

    Liebe Aglaya, wir sollten ja alle reflektiert hier ran gehen. Mittlerweile haben sich auch ziemlich große Medien zu Wort gemeldet, die ebenfalls treffende Worte für diese immensen Spendensummen finden und sie infrage stellen. Ich habe zunehmend das Gefühl, dass Gläubige sich in dieser Debatte häufiger angegriffen fühlen und deshalb die Einwände nicht verstehen. Dabei werden sie das nicht, oder wo liest du dergleichen im Text heraus? Ich bin gläubige Christin und frage mich trotzdem, ob man so ein Gebäude wirklich so bejubeln muss. Es hängt Blut daran. Es ist also vielleicht wirklich Zeit für eine neue Geschichte und da stimme ich anderen Stimmen viel eher zu, die nämlich ganz richtig sagen, dass ein Wiederaufbau nicht sein müsste, Beispiel: Gedächtniskirche.

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  9. Lee-Laa

    hey, Lena. Da sprichst du mir aus dem Herzen…. genau diese Gedanken sind auch mir durch den Kopf! PEOPLE OVER BUILDINGS wie oben so treffen formuliert.

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  10. Lisa

    Als jemand, der in der der Baubranche/Denkmalinstandsetzung arbeitet bin ich etwas verwirrt über diese Diskussion. Jeden Tag werden in Europa wichtige und weniger wichtige Baudenkmäler saniert, allein der Erhalt des Kölner Doms kostet täglich 18.000€, ohne dass sich jemand daran stört.
    Mir ist klar, dass es hier nicht explizit um die Geldsummen geht, sondern darum, warum denn für etwas vermeintlich nebensächliches wie ein Gebäude so viel Beileid aufgebracht wird, ich verstehe aber auch nicht, warum es keine Gleichzeitigkeit von Interessen geben soll?
    Die Argumentation mit den „vergessenen syrischen Kulturgütern“ finde ich besonders irritierend, wenn man bedenkt, dass zahlreiche Experten aus aller Welt und die UNESCO schon seit Jahren den Wiederaufbau von z.B. Palmyra planen, dessen Ausführung bisher an der mangelnden Sicherheitslage und nicht am mangelnden Geld dafür scheitert. Man kann irgendwie der Bevölkerung (selbst den Reichen!) nicht vorwerfen, da möglicherweise weniger emotional zu reagiert zu haben – die meisten werden Stätten wie Palmyra erst durch ihre Zerstörung kennengelernt haben.

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  11. Merit

    Was ist das Problem hier in den Kommentaren? Es ist doch so leicht zu verstehen, wenn man eigene Befindlichkeiten aussen vor lässt: Es ist zwangsläufig widerlich, dass innerhalb kürzester Zeit so viel Geld (Stand: 1Milliarde) für ein Gebäude gesammelt werden kann, wohingegen es ewig dauert bis Bruchteile davon für z.B. Verhungernde gespendet werden. Hallo? Keiner nimmt euch euren Glauben und auch nicht eure Trauer. Es geht hier aber verdammt nochmal nicht um euch. Es geht nicht darum, dass eine Kirche wieder aufgebaut wird. Oder um die Spenden allein. Es geht um das GROSSE GANZE. Um Ungerechtigkeit. Aber ist ja nicht so schlimm, wenn man selbst nicht betroffen ist.

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  12. Conny

    Was einem bei diesen Spendensummen bewusst wird, ist, wie ungleich Geld verteilt ist. Natürlich liest man ständig von winzigen prozentualen Anteilen der Gesellschaft auf die der größte Teil des Vermögens fällt – solche Zahlen werden jetzt noch greifbarer…

    Auch ich habe auf Social Media gepostet, dass ich es traurig finde, dass die Kirche abgebrannt ist. Erst vor ein paar Monaten bin ich noch durchgelaufen. Aber um Himmels Willen, das Spendengeld sollte für was anderes benutzt werden. Von mir aus steckt einen Teil in den Erhalt des Gebäudes, damit der Rest nicht auch noch zusammenbricht. Aber immense Summen die vorher jahrzehntelang fehlten und jetzt plötzlich da sind (wo es doch eigentlich zu spät ist) fühlt sich schon ziemlich grotesk an.

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  13. Dami

    Die Frage die sich mir stellt, ist was jeder einzelne tut.
    Und das kommt mir bei dieser ganzen Diskussion ein bisschen zu kurz. Mein kompletter Instagram-Feed ist voll mit Entsetzen und Bestürzen über die gesammelte Summe, dabei gibt es ja viel mehr Probleme: Flüchtlingskrise, Klimaerwärmung usw.
    Jammern und Kritik auf Social Media Kanälen hilft wirklich niemandem. Davon werden Probleme nicht gelöst. Damit werden stattdessen schnell Fronten verhärtet.
    Es fällt einem nun mal leichter, Trauer und Mitgefühl für Dinge zu empfinden, die nicht abstrakt bzw weit weg sind.
    Natürlich weiß ich, dass irgendwo Kinder sterben, weil sie kein sauberes Wasser haben. Ich kanns mir aber einfach nicht vorstellen. Genauso wenig, wie dass ich mir vorstellen kann, dass Polkappen schmelzen.
    Das hat nichts damit zu tun, dass mir Europa wichtiger ist, als andere Gegenden, ich habe nur mehr Bezug zu Europa bzw. zu Ländern, die ich „kenne“.
    Klar, könnte das Geld anderswo „besser“ eingesetzt werden, aber genauso könnte dein Geld irgendwo hingehen (das „dein“ richtet sich hier nicht speziell an dich, sondern an jeden einzelnen), wo es sinnvoller ist, als im neuen Ganni Haarband.

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    1. Samira

      Exakt. Man muss es den Menschen schon selbst überlassen, wofür sie spenden wollen. Und die, die am lautesten über die Spenden der Milliardäre schimpfen, sollten sich mal fragen, wofür sie in letzter Zeit so gespendet haben. Oder ob sie ihren Post vielleicht gerade im Urlaub in Nizza verfassen. Die Kosten unseres Nizza-Urlaubs entsprechen nämlich prozentual von unserem Einkommen etwa dem, was der Milliardär Pinault von seinem Vermögen für Notre Dame spendet. Und wir wissen nicht, ob er auch regelmäßig große Summen für den Jemen, Syrien oder Venezuela spendet.
      Gerade als Besitzerin überteuerter Designertaschen sollte man sich mit dem Verfassen solcher Artikel unbedingt zurückhalten. Solange wir uns unser Ganni Haarband und die Chloé Tasche von unserem 3000 € Gehalt gönnen, sollte sich ein Milliardär die Restauration eines Monumentes gönnen dürfen. Die im Gegensatz zu deiner Gucci Tasche immerhin der Allgemeinheit zugute kommt. Prozentual ähnlicher Betrag.

      Oder wir gehen ins Kloster. Dann aber alle.

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  14. Tülay

    Danke Dami!
    Diese Milliardäre, die ihr kritisiert, verdienen u.a. ihr Geld mit Marken, die ihr hier propagiert, Luis Vuitton, Loreal usw.
    Im Übrigen würde ich mir einen ebenso öffentlichen Aufschrei wünschen, wenn ein Fußballer mal wieder 30 Mrd Gage bekommt. Wann ist es nun „whataboutism“?
    Ich habe selbst muslimische Wurzeln, aber respektiere die Wunder westlicher Kultur und Architektur.

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    1. Merit

      Liebe Tülay, ich hab gestern schon gedacht, dass die Leute echt einfach verstehen, was sie verstehen wollen, wenn sie Texte lesen. Was haben jetzt die Marken damit zu tun? Und Kritik heißt ja nicht Boykott? Wer respektiert denn hier keine Wunder? Es gibt doch außerdem auch genügend Aufschreie über Gagen. Aber es sagt hier ja auch keiner, dass es scheiße ist, dass die Milliardäre da so viel verdienen. Auch nicht, dass sie spenden. Aber es ist scheiße, dass sie bei einem Gebäude über Nacht immense Summen spenden, für Menschen aber nur Bruchteile.

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  15. Eva Parke

    Manchmal empfiehlt es sich, fahrende Züge abzuwarten, nicht aufzuspringen. Wie lange ist hier nicht über das Elend rund um den Erdball berichtet worden. Wurden keine Appelle an Deutsche gerichtet, denen es in jeder erdenklichen Hinsicht ziemlich gut geht … Die Kritik hier, setzt mir immer zu sehr nur dort an, wo mediale Aufmerksamkeit garantiert ist, jemand vorangegangen ist (die Berichterstattung in den Medien ist teils unterirdisch primitiv; woher wollen deutsche Medien wissen, wie gut oder schlecht Pinault und Arnault miteinander auskommen).

    Woher wisst ihr, wie viel Geld der Milliardäre in humanitäre Projekte geht?

    Wie hier in einigen sehr guten Kommentaren erläutert, ist Notre Dame Notre Dame, ein Kulturdenkmal, das über die Grenzen Frankreichs hinaus geliebt wird. Was kann dieser Bau für die Verfehlungen Geistlicher der katholischen Kirche?

    Auf welche Initiativen zur konkreten Hilfestellung Betroffener aus Aleppo, ganz Syrien und dem Jemen dürfen wir uns auf This is Jane Wayne freuen? (2018 war übrigens Afghanistan das tödlichste Land der Erde). Wer so gut schreiben kann, wie ihr, könnte Menschen, für die es bei einer Abschiebung um Tod oder Leben geht, mittels Härtefallersuchen davor schützen. Kann aber zur Folge haben, dass der Instagram-Account infolge geänderter Prioritäten verweist ….

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  16. Elisa

    Nike ist meisten die die hier über Gesellschaft schreibt und war soweit ich weiß über zwei Monate raus aufgrund einer schweren Krankheit. Sie ist seit zwei Wochen zurück. Und du machst das gleich was du hier anderen vorwirfst. Woher weißt du was noch kommt und folgt oder was hinter den Kulissen gemacht wird? Das hier ist in erster Linie ein Lifestyle Blog und ich bin sehr dankbar dass dann bei wichtigen Themen Haltung gezeigt wird!!!! Obwohl dadurch bestimmt auch Kunden verloren werden..

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  17. hirndiva

    Wenn hier ein Mantel für 3.000 € getragen wird, schreit doch auch keine auf und fragt nach wieviel Kinder im Jemen davon satt geworden wären. Geld und Moral sind ein ungleiches Paar. Die Diskussion die hier angestoßen worden ist, ist richtig und wichtig,sollte aber den eigenen Tellerrand mit einbeziehen.

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  18. Elisa

    Wenn ich jetzt schon wieder das mit dem teuren Mantel lese, von dem Hirndiva spricht, kann ich nur noch sauer werden und froh sein, dass ich hier keine Texte verfassen muss, die dann von Leuten kommentiert werden, die es einfach nicht kapieren. ES GEHT UM DIMENSIONEN. Es ist scheiß egal, ob wir uns alle Taschen für 4000 Euro kaufen. Spenden von einer Milliarde in wenigen Tagen sind nicht normal!!! Die UNESCO hat ein Budget von 1.8 Milliarden für komplett 2018 und 2019!!!!!

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  19. hirndiva

    Falsch,es geht um die Einstellung, und die ist in der kleinen Dimension nicht anders als im Großen. Aus welchen Beträgen ,von welchen Leuten,setzen sich den Spenden zusammen..? Wenn wir “ Kleinverdiener “ jetzt alle nur noch Taschen kaufen, statt zu spenden,mit dem Hinweis auf die Großen….ist das dann “ normal „….?

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  20. Lisa

    Ich bin da ganz bei Elisa und meinen Vorrednerinnen. Kritiker*innen der ND-Kritiker tun exakt was sie anderen vorwerfen. Really? Ein Ganni Haarband kostet 16 Euro. Hier wird pro Kopf weit mehr verdient als 3000, das konnte man im Wirtschaftsteil einer renommierten Zeitung mal nachlesen. So und jetzt? Wisst ihr, was die Janes spenden? Ich weiß es ein bisschen, weil ihr deren Stories regelmäßig verfolge. Und immer diese Teure-Taschen-Keule. Wenn der Intellekt einiger hier nicht über den eigenen Tellerrand hinaus reicht, der die Gesamtkritik zu verstehen verhindert, dann fällt mir nichts mehr dazu sein. Nicht umsonst ist Frankreich gespalten. Nicht umsonst schließen sich Medien wie TAZ oder Tagesspiegel der Kritik an. Es geht eben um ganz andere Dinge, die hier, um es in Elisas Worten zu sagen, einfach nicht kapiert werden. Das macht mich wie Nike fassungslos. Ihr wisst nicht, wofür die Reichen sonst noch spenden? Klasse Ausrede. Dann schaut euch einfach an, was die Hilfsorganisationen dieser Welt so einnehmen im Jahr. Dann müsste sogar euch klar werden, dass es sich bei weitem nicht um Notre-Dame Summen handelt. Und selbst innerhalb Frankreichs. Hört ihr den Leuten eigentlich zu? Es gibt etliche Kirchen, die renoviert werden müssen, es wird seit Jahren um Spenden gebettelt. Die Proteste der Gelbwesten… Mein „Gott“, was kann man an der Kritik nicht verstehen? Es steht doch sogar im Text, dass Spenden IMMER gut sind. Aber, aber…

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    1. hirndiva

      Ich schreibe es jetzt noch einmal,nur weil ich einen anderen Blickwinkel einnehme,heißt dies nicht,ich hätte etwas nicht kapiert.Und es obliegt auch nicht den Kommentatorinnen wechselseitig darüber zu urteilen.
      Danke für die zukünftige Fairness….

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    2. Eva Parke

      Auch wenn das zur Folge hat, dass Du auch mir so richtig einen einschenkst: Man sollte den eigenen Denkansatz daraufhin überprüfen, ob der Grundgedanke tatsächlich gut und konsequent zu Ende gedacht ist. Das kann ich hier nicht finden. Es wird gegeneinander aufgerechnet, was verschiedener nicht sein könnte. „Warum diesen neuen Teil der Geschichte also nicht akzeptieren? Und zum Beispiel nur flicken, was eben geflickt werden muss? Etwas Neues schaffen?“ Qualifiziert sich Nike van Dinther damit etwa als Vordenkerin? Besonders kafkaesk ist die Anmerkung: „Und zum Beispiel nur flicken, was eben geflickt werden muss?“ Wie flickt man ein Dach, das nicht mehr vorhanden ist?

      Für mich ist Empörung, die zutreffende Feststellungen trifft, immer positiv besetzt … hier handelt es sich aber um die der Anmutung nach reflexhafte Kritik daran, dass man ein Bauwerk, das alle Welt kennt und das zu dem Sehnsuchtsort Paris gehört, wie er neben den Franzosen von vielen Menschen rund um den Erdball geliebt wird, wieder hergestellt werden wird. Was genau ist daran unrichtig? Wen geht es etwas an, wie viel Geld Milliardäre in dieses Symbol stecken?

      Den Autoren hier dürften die Erreichbarkeiten der Gönner bestens bekannt sein. Wie wäre es mit einem richtig harten offenen Brief, der all das zum Ausdruck bringt, was Nike hier so unglaublich aufregt. Dass sie womöglich nichts für den Wiederaufbau von Aleppo, die Verhungernden im Jemen, etc. übrig haben könnten, kann sie direkt an Mons. Pinault und Mons. Arnault schreiben und hier veröffentlichen. Wenn schon aus dem Fenster lehnen, dann richtig und ohne Rücksicht auf eigene Nachteile … (das sind ja potenzielle Kunden, auf einem von der Vogue empfohlenen Blog …)

      Im Übrigen ist es egal, wie viel hier für Handtaschen, etc. ausgegeben wird. Man kann ja helfen und konsumieren. Aber helfen Deutsche Modeblogger*Innen in irgendeiner Hinsicht?

      Im Spiegel von gestern hat Ullrich Fichtner mit „Unser aller Frau“ einen sehr guten und schönen Artikel für jene unter uns geschrieben, die verstehen wollen …

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  21. Martine

    Liebe Nike,

    ich lese den Gesellschaftsteil deines Blogs sehr gerne..doch bei diesem Kommentar weiß ich nicht mehr wo mein Kopf steht. Ja es stimmt, wir leben in einer eurozentristischen Blase. Ich würde mir wünschen, dass sich Menschen mehr für die globalen Herausforderungen und Themen dieser Welt interessieren, sich für diese einsetzen und mehr dafür spenden (me included). Ich sehe das genauso.
    Es ist vielmehr diese moralische Überlegenheit, diese moralische Keule, welche mich komplett erschlägt.

    Ich zitiere: „Liebe MilliadärInnen, Spenden sind immer toll, es ist nur so: Seit Jahren rufen Menschen aus Fleisch und Blut, die eure Hilfe dringend benötigen, ohrenbetäubend laut nach euch. Und unser Planet! Quasi vergebens. Erst bei einem Gebäude aus Stein(!), hört ihr so richtig aufmerksam hin, werdet großmütig uns sanft. Und zwar ohne zu zögern. Nichts anderes haben wir erwartet, aber insgeheim gehofft.“

    Sind wir nicht alle Teil dieses Systems. Ihr zeigt mit Finger auf Pinault & Co, doch was genau machen wir anders? „Und unser Planet“ – 90% der Marken, welche auf diesem Blog präsentiert werden, sind von Firmen, welche auf Menschenrechte und unseren Planten pfeifen. Wie passend das gerade „Fashion Revolution Week“ ist und das Unglück von Rana Plaza uns wieder in Erinnerung gerufen wird. Denn wir sind alle Teil dieses Systems, welches hier so heftig kritisiert wird! Sie schreien auch nach uns! Oder schreien sie gerade wegen uns?

    Warum erwarten wir von Pinault&Co richtig zu handeln, wenn wir selber genau das gleiche machen? Wieso sollten andere „kehren“ wie ihr so schön sagt, wenn wir nicht selber „kehren“?. Welches sind unsere Prioritäten?

    Ich würde mir wünschen, dass nach dem Aufschrei, mehr über eigenes Handeln und über den eigenen Handelsspielraum nachgedacht wird. Und ja Pinault & Co sind eine andere Dimension jedoch verglichen mit Einkommen in verschiedenen Entwicklungsländern, sind wir auch eine andere Dimension und deshalb ist die „Teure-Taschen-Keule“ für mich sehr legitim!

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  22. Lisa

    Liebe Martine, dein Kommentar zeigt doch, dass dieser Artikel genau das Richtige ausgelöst hat. Wir fühlen uns alle angegriffen, werden nicht ausgeklammert. Das wird auch Nike klar sein. Du „verrätst“ dich hier kurz selbst: „Warum erwarten wir von Pinault&Co richtig zu handeln, wenn wir selber genau das gleiche machen?“ Genau. Weil die unverhältnismäßige Anteilnahme via Social Media und besagter Spenden vielleicht wirklich „nicht ganz richtig“ war. Hier schwingt die Keule in alle Richtungen und ich sehe nicht, dass die Janes sich ausklammern („unser eurozentrischer Tellerrand“).

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    1. Martine

      Liebe Julia, ich weiß jetzt nicht genau, was du unter „verrätst dich“ meinst. Ja ich habe mich über diese gesellschaftliche Debatte gefreut und es gab viele gute, reflektierte Kommentare dazu, welche wie du sagst „das Richtige“ ausgelöst haben. Dieser Kommentar war es für mich aber einfach nicht. Andere Blogger wie beispielsweise Dariadaria oder ein Gastkommentar in Der Standard haben da bei mir viel mehr bewegt. Denn für meinen Geschmack ist dieser Artikel einfach zu reißerisch zu moralisch geschrieben. Das Ergebnis sind nur verhärtete Fronten. Aber das ist wohl einfach Ansichtssache und eine persönliche Meinung meinerseits.

      Für mich wurden in dem Text nicht alle angesprochen, oder alle impliziert oder eigenes Handeln reflektiert. Diese Message kam leider nicht bei mir an. Wenn es doch so gedacht war, freut es mich natürlich umso mehr :)! Und ja vielleicht tut sich was, wir werden sehen was sich verändert!

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  23. Nike Jane Artikelautorin

    Ihr Lieben, ich muss jetzt mal schnell was loswerden: DANKE. Diese ganze Diskussion hier ist, auch für mich, unglaublich bereichernd. Natürlich habe ich vorher mit vielen Freunden und Freundinnen über Notre Dame gesprochen, war in Rage und habe beim Schreiben mitunter vergessen, mich besser zu erklären. Nach eurer Kritik ändert sich zwar nichts an meiner grundsätzlichen Einstellung bezüglich dieses Themas, aber der Ton des Textes wäre nun gewiss ein anderer, auch einige meiner Punkte hätte ich viel deutlicher erklärt. Ich glaube nämlich, grob zusammen gefasst, dass wir uns beinahe alle einig sind: Spenden können nicht verkehrt sein und natürlich müssen wir uns unbedingt zunächst an die eigenen Nasen fassen. Das kam tatsächlich falsch rüber.

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  24. Ava

    Ich weiss überhaupt nicht, welchen Grund es geben sollte, dass sich irgendwer dafür rechtfertigen müsste, wofür er spendet.
    So, nun spendet eben jemand für Notre Dame. Oder es spendet jemand für die WHO.
    Oder es spendet jemand für das Tierheim. Oder es wird nichts gespendet.
    Persönliches Ermessen.

    Wen geht das etwas an und warum wird das überhaupt diskutiert?
    Jeder, und ja auch Milliardäre, können mit ihrem Geld machen was sie wollen.

    Wieso glaubt auch nur einer/eine, da ein Mitbestimmungsrecht zu besitzen?

    Ich halte diese ganze Diskussion und diesen Aufschrei für anmassend.

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    1. Nike Jane Artikelautorin

      Das wiederum halte ich für sehr falsch. Es geht ja, nochmal, nicht darum, dass irgendwer irgendwem vorwirft, dass er/sie spendet. Die Kritik setzt ganz woanders an.

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  25. Ava

    Ich finde auch Kritik daran, WOFÜR jemand spendet, nicht richtig.
    Warum – und ich möchte das wirklich verstehen, sollte sich zB bei mir jemand einmischen dürfen, wie ich mein Geld verteile, hätte ich welches zu verteilen.
    Warum sollte jemand Anstoss daran nehmen dürfen, welches Wohl mir näher liegt?
    Das liegt doch im Ermessen des Einzelnen.
    Und wenn nicht, wieso nicht?
    Betroffenheit für bestimmtes kann man nicht erzwingen, sondern nur erleben.

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  26. hirndiva

    Ich bin froh, daß Nike sich noch einmal geäußert hat.Viele Aspekte sind unausgesprochen geblieben, aber die nationale und internationale Presse hat diese Kontroverse gut ausgeleuchtet. Die Kommentare von Fabienne liegen mir allerdings schwer im Magen. Auch nach mehrmaligem lesen möchte ich ihre Keule nicht auf meinem Kopf niedersausen lassen. Da wird mir zu viel vermischt und Anderes außer Acht gelassen. Ich muss als weiße, mitteleuropäische Protestantin mit mittlerem Einkommen kein schlechtes Gewissen haben, wenn mir bei den Flammen der Notre Dame die Tränen kommen und die Milliadere in Frankreich Geld weinen.
    Danke für die Diskussion

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    1. Nike Jane Artikelautorin

      Obwohl einige Meinungen hier weiterhin auseinander gehen (was ja auch OK ist, solange wir uns nicht beschimpfen), muss ich ehrlich zugeben: Ich habe viel von eurer Kritik mitgenommen. Danke <3

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