Books that saved and shaped my life – mit Yasmine M’Barek aka @ceremonialsofsavage

18.11.2019 Buch, Menschen, box3

Ich kenne Yasmine M’Barek keineswegs persönlich und trotzdem vergeht kaum ein Morgen, an dem ich nicht zumindest ganz kurz bei ihr vorbei schaue, auf ihrem Instagram-Profil meine ich, um auch wirklich sicherzugehen, nichts zu verpassen. Um dazuzulernen, immer wieder. Und pausenlos zu staunen. Darüber, wieviel Durchblick Yasmine aka @ceremonialsofsavage in Sachen Politik und Wirtschaft behält, trotz etlicher Verwirrungstaktiken und einer Informationsflut, die ja erstmal bezwungen werden muss. Yasmine filtert und fasst zusammen, erklärt, kritisiert, kommentiert und analysiert messerscharf. Dabei bewundere ich sie für noch so viel mehr: Für ihre Haltung und ihre unglaublich wichtige Stimme, im Internet, aber auch in der TAZ, für ihre Ästhetik, für ihr kreatives Schreiben, mit dem sie es vermag, scheinbar gewöhnliche Alltagsmomente zu ebenso durchdringenden wie wertvollen Erzählungen zu machen. Danke.

Yasmine M’Barek lebt und studiert Wirtschaftsjournalismus in Köln und ist als freie Journalistin tätig. Sie schreibt hauptsächlich über Politik und Wirtschaft. Nebenbei spricht sie über deutsche Innenpolitik und gesellschaftliche Themen auf ihrem Instagramaccount @ceremonialsofasavage und in ihrem Podcast „Auf einen Polittee“.

 
 
 
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Simone de Beauvoir  – „Die Welt der Schönen Bilder“

Wenn man jung ist, kann man all die Ungerechtigkeiten in ihrem Kollektiv selten verbal zusammenfassen. Die Erste, die mir zeigte, wie es geht, war Simone de Beauvoir. Bei diesem Buch liegt gar nicht der feministische Akt im Vordergrund, sondern die simple aber doch komplexe Analyse von höher gestellten Gesellschaften und die Erkenntnis, dass die einzigen Personen, die sich höher stellen, nur sie selbst und ihr Privileg sind. Beauvoirs Wortwahl, diese detaillierte Beschreibung, machte es mir leichter zu akzeptieren, dass ich im Kapitalismus auch ohne reich oder privilegiert zu sein meine Aufgabe und Wichtigkeit habe. Dass hinter all dem oft nichts steckt, und dass ein kluger Kopf immer die stärkere Waffe bleibt. Aber dass auch das ein Privileg ist.

[typedjs]„Denn heute - das ist die große Revolution des zwanzigsten Jahrhunderts - ist Erzeugen wichtiger als Besitzen.“[/typedjs]

Doris Lessing – „Das Goldene Notizbuch“

Doris Lessing selbst ist eine Ikone, jedes ihrer Werke ist es. Aber nie in meinem gesamten Leben habe ich so schnell und leidenschaftlich 800 Seiten gelesen wie damals, mit 16 Jahren, bei der Lektüre von „Das Goldene Notizbuch“. Wenn die Emanzipation und ihre Analyse und Erklärung ein Buch ist, dann ist es dieses. Nebenbei, ganz geschickt, flechtet Lessing in ihr Werk immenses historisches Wissen ein, und sie zeigt wie wichtig ein alles miteinbeziehender Kontext ist, um komplexe Phänomene wie das Patriarchat zu beschreiben und dekonstruieren. Seither nenne und schenke ich jeder*m dieses Buch. Es kann den Geist nur erweitern. Meine Ausgabe ist prall gefüllt mit Post-its, die Seiten sind ganz dreckig und zerknickt, denn ich nehme es regelmäßig zur Hand, und erinnere mich an die Zitate, die mich maßgeblich beeinflussten.

[typedjs]„Aber wir sind für euch überhaupt keine Individuen, Wir sind einfach vorläufige Formen von etwas, Phasen.“ Und er lachte zornig.“[/typedjs]

Grégoire Delacourt – „Das Leuchten in mir“

Ich glaube, dass Polygamie und Monogamie niemals kollektiv zu beschreibende Phänomene sind. Stellt man sich in seinem heteronormativen Welt geformten Kopf vor, ob und weshalb man fremd geht, und wie sich diese Gefühle anfühlen, dann beschreibt es kein Roman so gut wie „Das Leuchten in mir“. Wie bricht man aus normativen Strukturen aus, wenn man seine eigenen Gefühle nicht verstehen kann, aber de facto keine Gefühle oder nie da gewesene Gefühle da sind? Die Hauptfigur Emma durchläuft diverse sexueller Anziehungskräfte, die durch Einflüsse des Lebens wie den Tod, Krankheit oder Verantwortung schmerzhaft geschnitten werden. Das Buch ist ein Sog, das einen an alle Schmerzen der Emotionen erinnert und sich selbst damit beschäftigen lässt, was man von den normativen Formen der Liebe und des Beischlafs halten soll.

[typedjs]„Ich weiß jetzt, dass die Trauer eine Liebe ist, die keinen Ort mehr hat.“[/typedjs]

Karosh Taha – „Beschreibung einer Krabbenwanderung“

Karosh Taha schreibt mit einer naturalistischen, aber selten lyrischen Art, die mich nicht selten zum Weinen brachte beim Lesen. Die Realität vieler Familien der Diaspora, mit einer Klarheit erzählt, dass man sich gedanklich so oft in so vielem wiederfindet. Familiäre Verantwortung und der unbändige Wille zur Freiheit, sowohl physisch als auch im Geiste, bestimmen den Tenor des gesamten Buches. Wie fühlt es sich an, wirklich atmen zu wollen ohne es zu können? Die Beschreibung einer Krabbenwanderung lässt es fühlen. Es gibt wenige Romane aus der Sicht von Personen of Colour. Diese hier ist ein Meilenstein.

[typedjs]„Ich will mich unter den Laken begraben, mich in die Matratze bohren, in meiner Großmutter wohnen, die mich niemals gebiert. Ich könnte mich von ihrer Leber ernähren und meine Füße an ihren Nieren wärmen.“[/typedjs]

Noah Sow  – „Deutschland Schwarz Weiß“

Noah Sow hat den Grundstein zur Aufklärung von rassistischen Struktur und Machtgefällen in der Gesellschaft verfasst. Jede Person, insbesondere nicht marginalisierte, ist verpflichtet zu dieser Lektüre. Im System, das rassistisch sozialisiert, muss erst die Erkenntnis erfolgen, um tätig zu werden. Man lernt, wieso man zu Schwarzen Personen „Schwarz“ sagt, und wieso Weiße privilegierter sind als Nicht-Weiße im System. Ähnliche, aber auch wichtige Lektüren sind unter anderem Tupoka Odette und Audre Lorde. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, sondern nur: Lest!

[typedjs]„Wir können nichts dafür, dass wir so viel rassistischen Unsinn beigebracht bekommen haben. Wir können ihn jetzt aber loswerden. Das bedeutet Arbeit und ist oft schmerzhaft und unbequem. Aber ich wünsche uns und den nächsten Generationen, dass diese Arbeit jetzt getan wird.“ [/typedjs]

Oliver Nachtwey
„Die Abstiegsgesellschaft – Über das Aufbegehren in der regressiven Moderne“

Meine Liebe und Überzeugung, dass die wirtschaftliche Argumentation der Schlüssel zur Erlösung ist, hat mir Nachtweys Grundwerk über moderne Ökonomie und die Gründe ihrer heutigen Schwächen erklärt. Warum ist dieses Werk unter all den existierenden, langweiligen, wirtschaftlichen Wälzern „The One“? Weil es auf linken Theorien basiert, und zeigt, dass eine antineolibarele Haltung durchaus mehr zu halten ist als eine dafür. Dieses Buch zeigt klar auf, wieso man das Sozialsystem gezielt vermindert hat, und wie man diesen Schritt rückgängig machen kann – aber dennoch tut es niemand. Klar, wir wissen alle, dass das vonnöten ist, aber haben wir die passenden Argumente parat, wenn wir es jetzt erklären müssen? Spätestens nach dem Lesen haben wir sie. Power to Economic Knowledge.

[typedjs] „Nur jene Individuen - vor allem aus der Mittel- und Oberschicht-, die sich konform verhalten oder nicht auf den Sozialstaat angewiesen sind, denen es also nicht schwerfällt, die Herausforderung der Eigenverantwortung zu schultern, bleiben frei von neopaternalistischen Zumutungen und erfahren realen Zugewinn an Autonomie.“[/typedjs]

Ferdinand von Schirach – „Kaffee und Zigaretten“

Jedes von Schirach Büchern offenbart die eigene pessimistische, realistische, sowie bösartige Seite der eigenen Seele, aber wirklich nur von Schirach schafft es mit jedem Buch, den Intellekt dermaßen zu erweitern, dass das eigene Ego nach der Lektüre vor Gewinn nur so strotzt. In Kaffee und Zigaretten zeigt er auf, wieviel Gehalt die banalsten Situationen haben, und wie wertvoll die Existenz der Memoiren ist. Das persönlichste Buch von ihm lässt einen Einblick davon gewinnen, wie von Schirach seine Erkenntnis gewinnt, aber auch, wie man selbst diese Dinge und Weisheiten im Alltag entdeckt. An mancher Stelle lässt er Verständnis für die Existenz für den Patriarchen aufkommen. Aber von Schirach erwartet von seinen Leser*innen dennoch, dieses Verständnis objektiv zu betrachten.

Dieses Buch sensibilisierte mich mehr denn je für die Wahrnehmung meiner Außenwelt. Es ist eines der wenigen Bücher, dessen Zitate mir vollständig in passenden Situationen einfallen. Es strotzt vor selbstdefinierter Pseudoweisheit und genau das macht es so greifbar und elementar.

[typedjs]„Aber es ist nicht möglich, niemand kann sich selbst kennen. Wir wissen vom Tod, und das ist schon alles, das ist unsere ganze Geschichte.“[/typedjs]
 
 
 
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Danke, liebe Yasmine!

5 Kommentare

  1. Renalda

    Danke danke und nochmal Danke! Ich freue mich, dass diese kluge belesene engagierte Frau auf diversen Kanälen immer öfters vorgestellt wird. Yasmine for Bundeskanzlerin!
    Und ihre politischen Memes sind auch super✌️

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  2. vorname

    spannende empfehlungen! will read! aber. da waren so viele (recht)schreibfehler drin, dass ich mich gefragt habe, ob ihr es aus protest genau so gepostet habt ..

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    1. Nike Jane Artikelautorin

      Huhu, nein, keineswegs! Das war allein mein Fehler – ich habe unbeabsichtigt eine Version online gestellt, die noch nicht Korrektur gelesen wurde. Danke also für den Hinweis.

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  3. mary

    tolle und spezielle empfehlung an büchern! freue mich sehr darüber – aber bitte, könnt ihr die texte lektorieren? es ist wirklich anstrengend, über die vielen fehler zu lesen und gehört so meiner meinung nach auch nicht auf einen professionellen blog. ist mir schon das eine oder andere mal aufgefallen – ändert natürlich nichts an tollem content, würde einfach alles noch besser machen! 😉

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  4. Fine

    Yeaaah Lieblingskategorie und endlich weiß ich was für Bücher ich mir zu Weihnachten wünsche!! Dickes Danke

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