Eure Fragen, meine Antworten – alles rund ums (neue) Leben mit Baby

19.01.2023 Wir, box3, Tiny Jane

Vergangene Woche habe ich euch gefragt, ob ihr Fragen zu den Themen Mutterschaft, Beziehung oder Familie habt – und ihr hattet etliche. Hier beantworte ich die brennendsten. 

*Triggerwarnung: Das Baby ist jetzt fast neun Monate alt. Oder achteinhalb, wir sind da nicht so genau. Dennoch fällt es mir manchmal noch immer schwer, über Mutterschaft zu sprechen. Weil ich das Gefühl habe, nichts sagen zu können, ohne be- oder verurteilt zu werden, auf die eine oder andere Weise. Mir fällt es schwer, weil in meinen Ohren dauernd zwei sehr gegensätzliche Narrative scheppern. Das eine ruft: Sprecht endlich unverblümt über das Dasein als Eltern! Das andere findet: Aber das negative Bild überwiegt doch mittlerweile längst, zumindest in der Bubble, in der wir uns bewegen, wo bleibt denn bloß der schöne Blick auf dieses Wunder? Es fällt mir schwer über meine persönlichen Erfahrungen zu schreiben, weil ich weiß, dass ich es nur falsch machen kann. Weil es meist heißt: Die flunkert doch! Das kann doch gar nicht sein! Oder: Wart’s mal ab. Ich ertappe mich sogar manchmal dabei, mehr Anstrengung herbei zu reden, damit ich in Ruhe gelassen werde. Dabei wünsche ich mir ebenso unbeeindruckt wie unbeeinflusst von fremden Erwartungen über diese besondere Zeit schreiben und dabei so ehrlich wie möglich sein zu können. Ganz gleich, ob es uns gerade sehr gut oder vielleicht auch mal richtig mies geht. Es muss Platz für all das sein. Für alle Gefühle. Obwohl es verzwickt ist. Auch wegen der Sorge, fremde Gefühle zu verletzten. Mir ist bewusst, wie viele von uns struggeln und ich weiß auch, in welch glücklichen Lage ich mich befinde. Wer es gerade also sehr schwer hat, mag vielleicht gar nicht hören, was ich zu erzählen habe und sollte an dieser Stelle in Erwägung ziehen, nicht weiterzulesen. Zudem schreibe ich aus der Sicht einer weißen cis-Frau, die in einer festen Partnerschaft lebt – aus dieser Perspektive heraus beantworte ich eure Fragen.

An alle anderen: Nichts von dem, was ich hier erzähle, währt ewig, denn morgen ist ein neuer Tag – und vielleicht alles anders. 

Habt ihr eine Babysitterin oder regelt ihr alles allein?

Da leider keine Großeltern (mit Zeit) in der Nähe wohnen, ganz im Gegenteil, und wir außerdem absolut Babysitter-unerfahren durch den Alltag schliddern, sind wir Eltern zu 100% für die Betreuung der Kids verantwortlich. Durch unsere Patchwork-Situation haben wir aber das große Glück, den Papa des großen Kindes in Zukunft ganz bestimmt gelegentlich nach ein paar „Babysitterstunden“ für einen freien Abend fragen zu können. Wir sind ohnehin ein sehr enger Familienhaufen. Bisher war das große Bedürfnis aber noch gar nicht wirklich da, weil wir, sofern wir nicht einzeln ausgehen, so unheimlich gern Gäste in unserem Zuhause empfangen oder es uns zu zweit gemütlich machen, wenn die Kinder schlafen. Aber was ist mit dem „Dorf“, über das dauernd alle sprechen? Es gibt sie, die Momente, in denen ich vor Rührung fast platze. Zum Beispiel als uns an einem besonders fordernden Tag die Arbeit zu den Ohren heraus kam und plötzlich eine Freundin vor der Tür stand, um sich das Baby für einen langen Spaziergang vor die Brust zu schnallen. Das hat unendlich geholfen. Und trotzdem kann so etwas in unserem Alltag niemals die Regel sein: Alle um uns herum arbeiten (viel) und haben selbst Kinder, Verpflichtungen und/oder (nach der Pandemie) Knoten in den Hirnen. Wir teilen also lieber spontane Nachmittage, muckelige Abende, Wochenenden mit warmen Waffeln, Urlaube, Gedanken und innige Gespräche miteinander als die Betreuung des Babys. Ganz anders ist es aber in Notsituationen, wie zum Beispiel bei Krankheit, etc.: Da wird ohne viele Worte geholfen was das Zeug hält, und die Freundes-Familie ist mehr wert als alles Gold der Welt. Als wir so richtig flach lagen, stand jeden Tag eine Mahlzeit oder selbst gebackenes Brot, Blumen und sogar Eiscreme vor der Tür. Tut nicht nur der Genesung, sondern auch der Seele gut. 

 
 
 
 
 
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Wie gestaltet ihr euren Patchwork-Alltag, gibt es ein System?

Das große Kind ist jetzt acht Jahre alt und bewundernswert gut darin, über seine Gefühle zu sprechen. Wir haben deshalb schnell angefangen, ihn mitentscheiden zu lassen. Da sein Papa und ich in etwa seit seinem ersten Lebensjahr getrennt sind, haben wir zunächst alle 2-3 Tage gewechselt, damit das Vermissen auf keiner Seite zu groß wurde. Weil es von Anfang an zwei Zuhause und zwei Kinderzimmer gab, ist das Wechselmodell schnell zur Routine und für uns alle absolut „normal“ geworden. Seit etwa zwei Jahren tauschen wir in der Mitte der Woche. So hat es sich das Kind gewünscht, um mehr Zeit und Ruhe an einem Ort zu haben. Das heißt aber nicht, dass wir uns nicht gelegentlich auch an anderen Tagen sehen. Manchmal verbringen wir alle zusammen Wochenenden, treffen uns beim Fußballspiel oder mampfen Kuchen. Und außerdem sind wir nicht „streng“. Hat eine_r von uns Erwachsenen zum Beispiel einen wichtigen Termin, dann jonglieren wir mit Tagen und schauen gemeinsam, wie es am besten für alle Beteiligten passen könnte. Vielleicht funktioniert das alles für das Kind auch so prima, weil es immer das Gefühl hat, mitbestimmen zu können und gehört zu werden. Als das Baby zur Welt kam, haben wir uns trotzdem hingesetzt und erneut klar gemacht, dass hier niemand wechseln muss. Ich hatte mir nämlich Sorgen gemacht, der große Bruder könne es als ungerecht empfinden, wenn der Kleine bei uns bleibt. Aber nichts da. Ich wurde mit großen Augen angeschaut: „Wieso sollte ich denn hier bleiben, wenn der kleine G. mag, kann er ja mit zu Papa P. kommen!“. Gute Idee, das fanden wir alle. Das große Kind erinnert sich übrigens nicht wirklich an eine Zeit ohne seinen Bonus-Papa (wir sind seit fast fünf Jahren ein Paar) und hat irgendwann angefangen, auch ihn „Papa“ zu nennen. Ich würde sagen: Genau so (natürlich) fühlt es sich für alle Beteiligten auch an. Dennoch, egal, wie schön und unkompliziert das alles sein mag, es nützt nichts, komplett weg zu romantisieren, dass das große Kind genau schnallt, was Sache ist: Fragt man es nach seinem Senf zur Situation, antwortet es spätestens seit der Pandemie, in der wir hin und wieder ein paar Tage beide Haushalte zusammengeschmissen haben, ziemlich ehrlich: Alles richtig super, aber am coolsten wäre es, wenn wir (wieder) alle zusammen in einem großen Haus wohnen würden.“ 

Und wie verstehen sich das große und das kleine Kind?

Viele, die sich mehrere Kinder wünschen, möchten lieber nicht allzu lange auf Geschwister warten, was ich super gut verstehen kann. Aber jenen, denen es vielleicht ähnlich ergeht wie mir einst (ich wollte lange absolut nur ein Einzelkind und außerdem ist ja auch nicht gesagt, dass das alles wie am Schnürchen klappt), möchte ich flüstern: Hört nicht auf jene, die felsenfest behaupten, ein großer Altersabstand sei per se Anlass dafür, dass die Kinder ohnehin rein gar nichts miteinander zu tun hätten. Aus meiner Erfahrung und mit vollstem Respekt gegenüber Menschen mit mehreren Kleinkindern zuhause, was ich mir unfassbar anstrengend vorstelle, kann ich nur sagen: Sieben bis acht Jahre Abstand sind in Wahrheit irgendwie magisch (kommt in unserer Familie übrigens häufiger vor). Es gibt bei uns keine Eifersucht, sondern ganz viel Verständnis und so viel Stolz vonseiten des großen Bruders, richtig rührend ist das. Und der kleine Bruder schaut den großen schon jetzt an, als sei er sein liebstes Vorbild. Manchmal spielen die beiden sogar schon eine Weile im Kinderzimmer, bauen mit Klötzen oder üben das Krabbeln. Ein bisschen ist es außerdem, als seien wir durch den Fünften im Bunde (inklusive Papa P.) noch näher zusammen gerückt. Absolut zu empfehlen! 

Deine Gründe für die zweite Bauchgeburt?

Ich wollte es so, weil mir ein geplanter, liebevoller Kaiserschnitt sicherer und entspannter für alle Beteiligten erschien, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Mehr dazu könnt ihr hier nachlesen.

Und wie war der Heilungsprozess?

Wie beim ersten Kaiserschnitt sehr unkompliziert. Ich bin bei beiden Malen noch am gleichen Tag aufgestanden, weil ich wusste, dass es nicht besser werden wird. Das tut scheiße weh, da brauchen wir uns nichts vormachen. Ab dann wurde es mit jedem Tag besser, ich konnte das Baby von Anfang an in den Armen halten und am Tag nach der Geburt den ersten, kurzen, wackeligen Schnecken-Spaziergang machen. Eine Woche lang bin ich aber mitunter vor Schmerzen getrippelt statt schwungvoll durch die Welt zu gleiten. An den Rest kann ich mich, ehrlich gesagt, nicht mehr genau erinnern. Aber den Narben (es sind zwei übereinander, weil es aufgrund einer angeborenen Krankheit nicht die ersten Narben am Unterleib sind), geht es prima. Meine Hebamme hat sie in den ersten Wochen regelmäßig eingeölt und massiert, das half auch gegen die ganze Luft im Bauch. Das war es aber auch schon, mehr Pflege habe ich nicht rein gesteckt.

Leidet eure Beziehung unter dem ersten Jahr und habt ihr Tipps?

Darüber haben wir gestern, in der Vorbesprechung zu diesem Artikel, lange geredet. Auch, weil wir es, bei all den Geschichten, die wir (ja auch aus eigener Erfahrung) kennen, kaum glauben können. Aber die Antwort lautet: Nein. Wir schieben diesen Umstand vor allem darauf, dass wir kaum unter Schlafmangel leiden, denn der macht einfach viel mit dem Nervenapparat, das haben wir in den ersten Wochen natürlich auch bemerkt und mehr gemeckert als sonst. Ansonsten wäre ich überaus vorsichtig mit Tipps, ich bin schließlich kein Profi und würde immer, wenn irgendwie (finanziell) möglich, zu einer Paartherapie raten, sobald es auch nur ein minibisschen bröselt – und zwar eher früher als später. Würden wir ganz genau so machen. Dass unsere Beziehung (bisher) nicht leidet, (obwohl die ersten drei Monate wirklich anstrengend und gelegentlich richtig zickig waren), heißt natürlich nicht, dass wir uns nicht auch mal richtig auf die Nerven gehen oder konstant an unserem Zusammensein arbeiten (müssen). Als ich abgestillt hatte, kam es zum Beispiel zu einem etwa zweiwöchigen Hormon-Schlamassel aus der Hölle, da hätte ich dauernd in den Türrahmen beißen können und bin wie ein Tiger durch die Wohnung gerannt, laut rufend: „Scheiße, Alter, was habe ich mir dabei gedacht?!“ Aber weil wir beide die Ursache kannten und im Prinzip immer alles sofort aus- und ansprechen, konnten wir uns in heiklen Situationen wie diesen eher in die Arme fallen und gegenseitig trösten, statt ziellos herumzustreiten. Es ist aber auch schwer, mit jemandem zu zanken, der einen in den dunkelsten Momenten zum Lachen bringen und Verständnis aufbringen kann. Ehrlich, ich trage bestimmt den kleinsten Teil zu dieser Harmonie bei. Und bin sicher, drüber zu lachen, zusammen, über die Erschöpfung, die niemals ausbleibt, egal wie gut es läuft, das bringt ganz schön viel. Genau wie stets darum bemüht zu sein, sich gegenseitig zu entlasten, und sei es nur minikurz. Mir hilft außerdem das Mantra: Alles ist eine Phase! Und die Gewissheit: Wir sind ein Team, wir wollen das alles miteinander, nicht gegeneinander. Außerdem: Im Zweifel kurz innehalten und stets vom Guten ausgehen, sich daran erinnern, dass es nicht darum gehen sollte, Recht zu behalten, sondern darum, ein gutes Leben zu haben, am besten zusammen. Ich empfehle zwar laut für sich selbst, aber stets sanft mit dem Gegenüber zu sein. Sich auf Augenhöhe zu begegnen und darauf zu achten, dass die andere Person sich gesehen fühlt. Nicht nur als Elternteil! Immer wieder danke sagen, nichts als Selbstverständlichkeit ansehen, weil alles Mühe kostet. Elternschaft ist kein Wettkampf, sondern eher ein Staffellauf. Schnell vertragen, statt stur zu bleiben ist ebenfalls eine prima Idee. Sich Zeit für die Beziehung nehmen wirkt in unserem Fall Wunder. Fernab von Kinderthemen meine ich, ohne Netflix und Dauerbeschallung (bei Gesellschaftsspielen kann man zum Beispiel prima angestaute Aggressionen raus lassen). Sich wertschätzen auch. Und niemals diese eine Regel vergessen: Alles, was nachts gesagt wird, zählt nicht.

 
 
 
 
 
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„Drei Monate mit Gustav. Ich hatte ehrlich gesagt Respekt vor dieser Reise und vielleicht sogar ein bisschen Angst, denn es fehlte ja absolut überhaupt nichts. Und trotzdem wollten wir plötzlich mehr. Mehr Liebe, mehr Abenteuer? Ich weiß es gar nicht so genau. Vielleicht wusste ich es nie, vielleicht ist das auch gar nicht nötig. Kinderkriegen ist ja sowieso keine kluge Angelegenheit, eher eine sehr waghalsige und gefühlige, fast verrückte Sache. Jedenfalls fingen meine Ohren irgendwann an zu filtern. Oder zu mahnen? Während der Schwangerschaft hörte ich dauernd nur: Das wird schlimm, wartets ab! Ich versuchte mich daran zu erinnern, wie es vor siebeneinhalb Jahren gewesen ist, aber konnte diesen Schrecken nicht abrufen. Weil man sowieso alles vergisst, sagen die Leute. Was sie aber selbst vergaßen war, dass keine Familie der anderen gleicht, dass es keine Bedienungsanleitung für das Elternsein gibt und Kinder sowieso mit eigenem Kopf zur Welt kommen. Dass nichts vorhersehbar ist. Wir haben, das ist sicher, nicht nur zahlreiche Privilegien, sondern wohl auch ziemliches Glück gehabt mit dieser zufriedenen, neugierigen Seele. Bis jetzt ist keine einzige Warnung wahr geworden. Nur kann ich’s manchmal nicht glauben. Dann suche ich nach dem Haar in der Suppe und frage mich, ob morgen wohl alles zusammen bricht. Muss es doch? Ein bisschen schlimm sein, meine ich. Und das ist es ja auch irgendwie. Schlimmschön, sage ich immer. Auch hier fließen gelegentlich Tränen. Ich weiß jetzt aber: Eigentlich nur dann, wenn fremde Erwartungshaltungen mit meinen eigenen Überzeugungen konkurrieren, wenn der Kapitalismus Druck ausübt, weil die bestehenden familienpolitischen Strukturen nicht ausreichen, wenn der deutsche Muttermythos kickt oder ich mir selbst nicht genüge, weil ich noch immer dabei bin, mich an meine Sanftheit zu gewöhnen. Dabei macht sie mich auch stark. Ich reflektiere mehr. Hinterfrage. Und schaufle mich frei. Kein #Mumguilt mehr, nie wieder. Fand ich schon immer Quatsch. Wir sind wir – mehr geht ja sowieso nicht“

Wie teilt ihr euch zwischen Festanstellung und Freelance die Care-Arbeit auf?

Als das Baby geboren wurde, waren wir beide selbstständig, bzw. als Freelancer unterwegs, was es uns ermöglicht hat, flexibel auf die Umstände einzugehen. Ich bin nicht in Elternzeit gegangen, dafür hat mein Freund die meiste Babybetreuung und Care Arbeit übernommen, während ich rasch nach der Geburt wieder langsam angefangen habe, aus dem Homeoffice zu arbeiten – dank finanziellem Polster, das wir uns in den neun Monaten zuvor sehr bewusst angelegt hatten, zwar nicht im vollen Umfang, aber viel war es trotzdem. Manchmal auch zu viel, vor allem in den ersten drei Monaten. Das hab ich aber erst danach gemerkt, während ich über den Dauerspagat, der langsam anstrengend wurde, gemeckert habe. Da habe ich, schon wieder, gemerkt: Nicht die Kinder sind das Problem, sondern der Kapitalismus. Und oft auch der eigene Anspruch. Im September hat sich mit der überraschenden Festanstellung meines Freundes dann viel verändert. Weshalb wir auch extrem genau und lange überlegt haben, ob wir als Familie diese krasse Veränderung überhaupt wollen. Am Ende kam ein JA dabei heraus. Aber nur unter der Bedingung: 4-Tage-Woche im Homeoffice! Hat geklappt. Und schon wieder: So ein großes Glück, ich weiß.

Weil ich aber seit jeher schlecht mit dem Gedanken zurecht komme, finanziell auf jemand anderen angewiesen zu sein, arbeite ich nun zwar noch immer nicht in Vollzeit, trotz einiger durchgearbeiteter Nächte, aber Elternzeit/Geld kommt aufgrund der seltsamen Regelungen für Solo-Selbstständige nach eingehender Beratung trotzdem nicht infrage. Ich kann faktisch einfach nicht ein paar Monate wegbleiben vom Fenster und plötzlich wiederkommen und sagen: Und jetzt bitte wieder her mit den Aufträgen! Also versuche ich so viel zu schaffen wie nur möglich, aber auch so wenig wie nötig – meine mentale Gesundheit zeigt mir andernfalls (wieder) den Mittelfinger. Also arbeite ich jeden Montag von früh bis sehr spät (fühlt sich ein bisschen nach Urlaub an), oft morgens (wenn ich das große Kind nicht zur Schule bringe) von sieben bis neun Uhr, eigentlich immer, wenn das Baby seinen Mittagsschlaf macht und sehr oft abends, wenn die Kinder im Bett sind (so wie jetzt gerade). Dadurch kommt das Sozialleben vorübergehend zwar oft zu kurz, aber alles geht, solange ein Ende in Sicht ist – in unserem Fall vermutlich im April oder Mai, wenn das Kind mit etwa einem Jahr in die KiTa geht. Hoffentlich.

Ob ich unser Modell empfehlen kann? Nee, irgendwie trotz aller Liebe nicht. Ich würde nämlich schlimm lügen, wenn ich behaupten würde, mir trotz aller (finanziellen) Vorzüge nie ein Jahr Elternzeit in einer Festanstellung zu wünschen. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie sich das anfühlt – mit so richtig viel Zeit für alles rund ums Baby, ohne Lohnarbeit und Dauerdruck im Nacken. Bestimmt nicht weniger stressig, das ist mir irgendwie klar. Aber sicher anders. Vielleicht wäre ich sogar überfordert? So wie es jetzt ist, bleibt ja quasi keine Zeit für Überforderung, was sich, einmal hingeschrieben, furchtbar anhört. Ich sag ja: Nicht unbedingt zu empfehlen, aber ich wollte und will es nicht anders, weil wir eben nur die sein können, die wir sind. Achso, es wurde ja aber nach der gesamten Care-Arbeit gefragt. Die teilen wir uns, abgesehen von der Babybetreuung, komplett gleichberechtigt auf, darauf achte ich pingelig, ich sehe es nämlich nicht ein, allein für Babysocken, Bodies oder Brei im Kühlschrank verantwortlich zu sein, da kann mein Freund noch so viel lohnarbeiten. Kinderbetreuung ist auch Arbeit. Basta. Deshalb übernimmt mein Partner oft auch Baby UND Haushalt, sobald er Di-Fr im Feierabend ist, weil es ihn erstens freut und er zweitens ja selbst ganz genau weiß, wie schön aber auch fordernd ein Tag allein mit Baby ist. 

Habt ihr einen besonderen Erziehungsstil?

Nein, es geht immer nur um Liebe. Um Zugewandtheit. Um Gefühle, Empathie, Kommunikation, einen Rahmen aus Regeln für das Zusammensein, um Sicherheit, die wir unseren Kindern sein und geben können, um ein Reflektieren und Justieren, um Respekt und das Wissen: Wir sind eure Eltern, wir halten euch und ihr seid ganz genau richtig so, wie ihr seid. Dafür müsst ihr weder gut in irgendetwas sein noch ein schönes Bild malen. Aber man kann auch nicht alles mit uns verhandeln, weil wir nicht eure Kumpels sind, sondern auf euch aufpassen müssen. Und wir brauchen auch mal Auszeiten und unsere Ruhe, zum Beispiel abends. Zeit für Selbstfürsorge. Ich habe meinem größeren Kind schon früh erklärt: „So, jetzt möchten wir ein bisschen Zeit für uns, um uns zu erholen, damit wir morgen wieder voller Energie für euch da sein können.“ Oder: „Ich arbeite jetzt und nehme mir Zeit für mich, aber wenn du morgen früh aufwachst, dann bin ich wieder da und freue mich so sehr auf dich.“ Und ich hoffe, dass die Kinder dadurch bemerken, dass Eltern keine dauerfunktionierenden Maschinen sind. Und für sich selbst daraus lernen, dass es wichtig ist, auf sich zu achten und Grenzen zu setzen. Statt wie stumpfe Roboter einfach immer weiterzumachen und über die eigenen Ressourcen hinaus zu gehen.

Und was hältst du von Erziehungs-Literatur?

Wer mich kennt, weiß, dass ich gerne über den ein oder anderen irre dogmatischen Beziehungsratgeber schimpfe. Aber wer bin ich schon, darüber zu urteilen, was nun gut und was absolut toxisch ist. Es ist für viele Eltern ganz bestimmt absolut wertvoll und wichtig, Orientierung zu bekommen, vor allem in extremen Momenten, Phasen oder Zeiten. Ich kann mich trotzdem nur auf das berufen, was ich sehe: Und das ist ganz schön oft Verunsicherung aufseiten der Eltern, krasse Ansprüche, irrer Druck, Versagensängste, Perfektionsdrang. Deshalb würde ich sagen: Ein, zwei, drei Ratgeber (zum Beispiel Remo Lagos „Babyjahre“ als Hörbuch, das mag ich gern und hat mir auch schon geholfen, manches besser zu verstehen), denen man aufgrund von Empfehlungen aus dem engsten Kreis vertraut, sollten vielleicht reichen. Oder die App (nicht das Buch dazu, es ist zu negativ für meinen Geschmack) „Oje, ich wachse“. Sonst kommt am Ende offenbar allzu oft große Verwirrung dabei heraus. Ich selbst habe beim ersten Kind beinahe alles aus dem Bauch heraus gemacht und entschieden – und meine liebe Hebamme nach Rat gefragt. Oder meine Mama. Es gab ja auch keine sozialen Medien, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß, oder anderen Eltern in meinem Freundeskreis. Außerdem habe ich mich von Kursen fern gehalten, in denen man dauernd durch die Blume suggeriert bekommt, es sei ganz automatisch die Aufgabe der Mutter in Selbstaufopferung zu zergehen und zudem völlig normal, zu verschwinden während das Baby eifrig wächst.

 
 
 
 
 
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Wie schafft man es denn, als Mutter nicht zu verschwinden?

Das vermag ich beinahe nicht zu beantworten, weil hier strukturelle Diskriminierung einen wesentlichen Teil beisteuert, im schlechtesten Sinne. Genau wie fehlende Zeit. Fehlende Teilhabe. Fehlende Unterstützung. Und ganz viele Leerstellen, zum Beispiel hinsichtlich der Kinderbetreuung. Also versuche ich die Frage ausschließlich aus meiner Perspektive zu beantworten.

Als Mutter nicht zu verschwinden, schaffe ich durch eine gleichberechtigte Partnerschaft (früher war es eine gleichberechtigte, getrennt erziehende Elternschaft), in der ich mir Zeit für Spaß nehmen kann und darf. Außerdem wichtig: Abgrenzung. Vor allem von den Bewertungen und Erwartungen anderer, vom deutschen Muttermythos. Ich glaube, Mutterschaft muss, wenn irgendwie möglich, Raum für Selbstfürsorge bereithalten. Man ist ja nicht plötzlich nur noch Mutter. Sondern vor allem immer noch Mensch, Frau, Freundin, Kollegin. Und wenn ich irgendwann vor lauter Selbstaufgabe, Verbissenheit oder Optimierungswahn komplett im Eimer und ein Zombie auf zwei Beinen bin, hat nun wirklich niemand etwas davon. Sau anstrengend ist’s ja eh schon zu genüge, sogar wenn alles rund läuft, schon aufgrund des ganzen Mental Loads und den Antennen, die immer an sind, wegen der Planung und gleichzeitigen Unplanbarkeit. Wenn wir von Bedürfnissen sprechen, dürfen unsere eigenen dabei also nicht gänzlich auf der Strecke bleiben. Ich bin davon überzeugt, dass man, unter bestimmten Gegebenheiten, beides miteinander vereinen kann, dass man dem Baby sogar Gutes tut, indem man sich nicht komplett selbst vergisst. Und: Wer erst gar nicht den Anspruch hat, alles perfekt zu machen, sonder weiß, dass es manchmal auch krumm und schief sein darf und trotzdem in bester Ordnung sein kann, kommt vielleicht ein bisschen gelassener durchs Leben mit Baby. Es sind ja, je nach Situation, manchmal auch die kleinen Dinge. Alles wird gut. Auch mit Gläschen statt Selbstgekochtem. Mit Flasche statt Brust. Oder ohne dreiundsiebzig Pekip-Kurse. Hierzu empfehle ich erstens den gesprochenen Essay „Bis auf die Milch“ von der wunderbaren Lene Albrecht und zweitens den Podcast „Keine Hand frei“ von der Autorin und Journalistin Ana Wetherall-Grujić. Ihr Buch „Das Baby ist nicht das verdammte Problem“ erscheint im Mai. Die Inhaltsangabe spricht mir schon jetzt aus der Seele:

Wer gebärt, muss leiden.
Die frischgebackene Mutter Ana Wetherall-Grujić hat die Faxen dicke: Sie zeigt auf, wie unsere Gesellschaft Gebärende im Regen stehen lässt – und ihnen dann noch ans Knie pisst.

Vaginale Geburt oder Kaiserschnitt, Fläschchen oder Brust, Stoff- oder Wegwerfwindeln: Der Druck auf Mütter, alles richtig zu machen, ist enorm. Du willst
doch das Beste für dein Baby!?, schalmeit es aus allen Ecken. Dabei heißt das Beste fürs Kind meist: das Umständlichste, Zeitintensivste und oft auch Schmerzhafteste für die Mutter.

Ana Wetherall-Grujić sagt Nein: Nein, wir wollen nicht das Beste für das Baby. Wir wollen das Beste für uns. Ihr Buch ist Handreichung und Kampfansage zugleich: Das Baby ist nicht das verdammte Problem – und irrer Mutterkult schon gar nicht die Lösung.

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Nie ein schlechtes Gewissen? Bauchgeburt, alleine unterwegs sein, etc?

Absolut nie. Mein erstes Kind war ein Frühchen und obendrein ein akuter, waschechter Notkaiserschnitt aufgrund eines undiagnostizierten Hellp-Syndroms. Aber ihr glaubt doch nicht, dass ich damals je auch nur eine Sekunde gedacht hätte: Alles schrecklich! Scheiße, eine Bauchgeburt, ich habe versagt! Oh weh, ich muss das Vögelchen mit einer Premilch-Spritze zufüttern! Oh, ich möchte arbeiten, ich Rabenmutter! Nee. Ich dachte wirklich nur: Boah puh, alles gut (gegangen), DANKE.

Kann es sein, dass diese ganzen Schuldgefühle, von denen sooft die Rede ist, absolut fremdgemacht sind? Weg damit. Ich weiß nicht, ob es irgendjemandem hier hilft, aber ich habe immerhin schon einen kleinen wundervollen 8-jährigen Beweis dafür, dass wir zwischen all dem Falschen (das sich bestimmt nicht vermeiden lässt, da beißt sich sowieso die Katze in den Schwanz), auch ein bisschen viel richtig gemacht haben müssen – und zwar ohne all den Firlefanz, tausend Bücher, und die krasse „Überhöhung der Natur“ (danke Jule Lobo für diese Beschreibung). Die Frage danach, ob ich ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich mal etwas nur für mich mache oder alleine unterwegs bin, verstehe ich nicht. Ich habe doch ein Recht auf Auszeiten und Vergnügen. Und stelle meine Kinder währenddessen nicht in der Besenkammer ab, sondern weiß sie wärmstens ver- und umsorgt, zum Beispiel von lieben Menschen aus dem engsten Kreis oder selbstverständlich von den Papas, die doch im besten Fall genau so wunderbar und wichtig sind wie Mamas. Fragt ihr mich nach dem Vermissen, sieht’s ganz anders aus. Ich vermissemissemisse meine Mäuse quasi sobald ich aus dem Haus bin, aber ich weiß ja jedes Mal, dass es sich lohnt. Und sei es nur zum Verschnaufen, damit ich anschließend mit neuer Energie zurückkehren kann.

Wie hast du deinen Weg beim Stillen/Füttern gefunden?

 
 
 
 
 
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„Ich habe es gemocht, zu stillen. Weil wir ein prima Team waren, weil ich Glück hatte, dass die Milch lief, weil das Baby nur 15-30 Minuten trank bis es pappsatt war. In etwa alle drei Stunden. Denn der Rhythmus, den wir behutsam einführten, hat mir dringend nötige Pausen ermöglicht. Die Flasche mit Premilch haben wir parallel ab Woche drei gegeben. Ich wollte mit dem großen Kind zum Rummel, in Ruhe, ohne auf die Uhr zu schauen. Ich sehnte mich zudem nach einer gleichberechtigten Elternschaft, die mir, lange nur stillend, unerreichbar schien. Abpumpen mochte ich nämlich nicht gern, aber ich musste, weil meine gigantischen Brüste sonst wohl geplatzt wären. Sie taten weh, waren schwer und ungewohnt, voller Adern, fremd. Oh, und der Brustpilz, so ein Spaß. Es ging auch nach drei Monaten nicht vorbei, diese Last wegen der Last, meine ich. Weshalb ich nach vier Monaten abgestillt hatte – allein weil ich es so wollte und passieren ließ. Ohne Gewissensbisse, ohne großes Tamtam. Weil es so für uns und das noch immer sehr vergnügte Baby das Allerbeste war und ist. Denn der Papa fühlte sich so ebenfalls viel gleichwertiger und ich mich weniger allein mit so viel Verantwortung.

Ich feiere alle, die länger und viel länger stillen. Ihr seid für mich Held_innen. Genau wie alle, die stillen wollen, aber nicht können. Oder die, die niemals stillen wollten. Lasst euch, egal wie ihr es macht, einfach keinen Mist erzählen.“

Verzweifelst du auch manchmal oder ist der Alltag mit Baby wirklich so easy bei euch wie es wirkt?

Beides. Ich bin am Anfang natürlich hin und wieder verzweifelt, meistens wegen meiner Arbeit. Weil mir durch diese neue Baby-Aufgabe und all die Liebe in Hirn und Herz jegliche Muse und Muße, und offenbar auch das Talent abhanden kam. Bis heute fällt es mir schwer, kreativ zu sein, etwas zu (er)schaffen, zu schreiben. Ihr seht es ja. Alles, was ich derzeit textlich hinbekomme, ist das Beantworten von Fragen im Straßen-Jargon. Da herrschte bis vor Kurzem also noch eine wahnsinnige, unerträgliche Zerrissenheit zwischen der Freude über unser neues Leben und die Trauer um meine, naja, wie wollen wir es nennen – Karriere? (Finde es übrigens wichtig, gemeinsam um das „Davor“ zu trauern). Wo wir gleich beim Thema „Vereinbarkeit“ angekommen wären. Ich halte Vereinbarkeit für eine Lüge. Teresa Bücker schreib einst: „Verkeinbarkeit„. Würde ich so unterschreiben und immer dazu raten, wenn möglich, schon während der Schwangerschaft einen genauen Plan zu machen. Und zwar einen, der nicht geradewegs dem Wolkenkuckuckssheim entspringt, sondern auch bedenkt, wie es um die eigene mentale Gesundheit steht oder im Zuge einer derartigen Veränderung stehen könnte. Ein bisschen Träumen sollte aber erlaubt sein, niemand kann ja dauernd vom Schlechtesten ausgehen, ich möchte nur an eine Portion Realismus erinnern. Es geht natürlich trotzdem alles. Irgendwie. Aber nicht ohne Abstriche.

Jedenfalls muss ich persönlich hin und wieder meditieren und atmen, um in diesem Spagat gesund zu bleiben. Und viel erklären. Meinen Freund_innen zum Beispiel, die bestimmt häufiger mit mir Kirschen aus Cocktails zupfen oder einfach nur telefonieren würden. Das „Nacheinander-Prinzip“ halte ich für realistischer. Ob es aber besser ist, in einer Festanstellung locker ein Jahr in Elternzeit zu gehen, oder die Vor- und Nachteile der Selbstständigkeit zu genießen, ist meines Erachtens nach eine überaus persönliche und individuelle Angelegenheit. Keine Ahnung, ehrlich nicht. Aber zurück zur Krise. Die hatte ich auch, tageweise. Möglicherweise stecke ich gerade sogar mitten in meiner eigenen Kapitulation. Ich habe es aufgegeben, mir selbst nicht zu genügen und mache alles einfach so gut ich kann und mit weniger Gedankenbrei. Sarah Jane sagte mal zu mir: „Du denkst jetzt gerade, nichts davon kommt wieder und alles bliebe nun, wie es ist. Aber das stimmt nicht. Warte ab, bis die KiTa anfängt – dann startet eine neue Ära und du wirst zum Phoenix, der aus der Asche steigt.“

Aber ja, fernab des kapitalistischen Hamsterrads kommt mir der Alltag mit Baby im Vergleich zu vielen Erzählungen, recht leicht und schön und magisch und vermaust vor. Vielleicht auch, weil es nicht mein erstes Kind ist. Weil ich nie überhaupt damit gerechnet habe, dass Kinderhaben „easy“ ist. Weil ich mich, aufgrund der Stimmung in den Sozialen Medien, wirklich aufs Schlimmste eingestellt hatte und dadurch nur positiv überrascht werden konnte. Weil ich nicht alles zerdenke und mir wirklich wenig bis keinen Druck mache, weil ich ja dauernd gespiegelt bekomme, dass es hier allen prima geht. Und möglicherweise auch, weil es damals, jung und getrennt erziehend, zwar extrem unbedarft, aber temporär viel härter und pausenloser zuging als heute – wegen der Zeiten, in denen ich komplett auf mich allein gestellt war. Dennoch hatte ich schon beim ersten Baby das Gefühl, die Anstrengung sei natürlich präsent, aber überschaubar. Ich denke, das kommt daher, dass beide Kinder regelrechte Sonnen sind, von Anfang an. Also schon wieder nichts, was in meinen Händen oder gar an mir liegt. Sie sind schlicht und ergreifend sau zufrieden auf die Welt gekommen (weshalb ich persönlich auch jederzeit wieder eine stressfreie, selbstbestimmte Bauchgeburt wählen würde). Außerdem habe ich auch diesmal ein Murmeltier vom Universum geschickt bekommen, da haben wir einfach Schwein gehabt.

Strengt mich der Alltag dennoch an (meine Fresse, Elternschaft ist selbst unter den besten Voraussetzungen einfach krass, ich meine, was soll das, dass alle GLEICHZEITIG krank werden können?!), lasse ich sofort alles raus. Ich bin ehrlich mit meinem Partner, ehrlich in meinen Freundschaften. Das hilft gegen die Isolation. Verwundbarkeit verbindet. Und Verbundenheit heilt so manche Wunde.

 
 
 
 
 
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Wie macht ihr das mit dem (Durch-)Schlafen? Brauche Tipps!

Ich kann und werde keine Tipps geben, weil ich absolut keine Expertin, sondern davon überzeugt bin, dass ich bloß meine Murmeltier-Schlafschnarch-Gene an beide Kinder weitergereicht habe. Wenn mich nicht alles täuscht, haben Babys, genau wie Erwachsene auch, sogar einen sehr eigenwilligen, individuellen Schlafbedarf. Dass wir Eltern viel mit dem raschen Durchschlafen der Kinder zu tun haben, bezweifle ich, seit ich weiß, wie abenteuerlich sich dieses Thema in anderen Familien gestaltet. Neugierig darauf, wie die anderen es machen, ist man ja aber trotzdem. Ihr habt sooft danach gefragt, deshalb erzähle ich jetzt so schnell wie möglich, wie das Schlafthema bei uns aussah und aussieht. Ob es anderen hilft, weiß ich wirklich nicht die Bohne. 

In der ersten Lebenswoche haben wir das Baby im Krankenhaus nackig mit Windel auf unserer Haut schlafen lassen, pausenlos. Zuhause wurde im Wochenbett weiter gekuschelt, nun hin und wieder aber auch in unserer Mitte geschlafen, geschützt von einem langen Stillkissen, das wir als Halbmond-Wust um das Baby herum gelegt haben, damit wir uns im Schlaf nicht auf die kleine Maus rollen. So ließen wir es in den ersten zweieinhalb Monaten schlafen, immer auf der Seite, abwechselnd auf der linken auf der rechten, mit einer schmalen Stoffschlange (von Liewood) als kuschelige Rücken-Stütze gegen das Umkippen und einem zu einer Wurst gedrehten Mulltuch am Köpfchen für die Geborgenheit. Oh, und im Schlafsack natürlich, damit nicht dauernd Decken verrutschen oder am Ende noch gefährlich werden können.

Danach rutschte das Baby ins Beistellbett (Babybay) mit gemütlichem Nestchen

Den Rhythmus am Tag haben wir übrigens behutsam eingeführt, damit auch ich Pausen zum Verschnaufen und der Papa ein paar sorglose Stunden allein mit dem Baby bekommen konnte (ich glaube übrigens, ein Rhythmus am Tag hilft auch beim Eingrooven in der Nacht). Nun hört man ja immer wieder Sätze über das bedürfnisorientierte Stillen und ich finde es wirklich klasse und prima und schön, wenn dieses Prinzip für alle Beteiligten funktioniert. Wir sind als Familie nach ein paar Wochen aber einen anderen Weg gegangen. Auch wegen meiner eigenen Bedürfnisse, die sich trotz veränderter Gehirnstruktur (!) nicht plötzlich. Ich wollte nicht verschwinden und hatte, wie weiter oben bereits erwähnt, keine Nerven für das „Pausenlose“. 

Daher also: Rhythmus finden. Entgegen aller Vorurteile lässt man das arme Kind dabei natürlich nicht vor Hunger schreien bis einem das Füttern schließlich in den Kram passt. So ein gequirlter Unsinn. Nein, es geht eigentlich um das Gegenteil. Um Zufriedenheit und Entspannung für alle. Hat das Baby also schon etwas früher geschmatzt, dann haben wir schnell versucht herauszufinden, ob die Maus wirklich schon Hunger hat, oder ob der Schuh gerade doch woanders drückt. Ob da bloß ein dolles Saug-Bedürfnis bedient werden wollte (dann half nach kurzer Gewöhnung der Schnulli binnen Sekunden) oder ob Tragen, Körperkontakt und Kuscheln genau das Richtige wären. So bekamen wir dann immer wieder 10 oder 20 oder gar 30 Minuten bis zum nächsten Stillen (oder auch Fläschchen) überbrückt, sodass wir auf den Ungefähr-drei-Stunden-Takt kamen. Ganz ohne Tränen. Nachts hat das Baby nach einer Weile etwa alle vier Stunden trinken wollen. Apropos Gewöhnung:

Ungefähr ab der fünften Woche haben wir ein „Abendritual“ eingeführt. Wir haben das „ins Bett gehen“ also zunächst gespielt, damit das Baby den Unterschied zwischen Tag und Nacht kennenlernt. Zimmer abgedunkelt, nur noch sehr leise gesprochen, Babymassage, Schlafanzug an, Gute-Nacht-Küsschen, langsam das Zimmer verlassen. Keine Sekunde (na gut, keine Minute) haben wir das Baby weinen lassen, denn wir wollten ja, dass das Bettchen zum besten Freund wird, auch in unserem Interesse. „Ach wie schön Schlafen doch ist, und so gemütlich!“, habe ich dauernd gesagt und bis heute murmle ich beim Verlassen des Zimmers „Ich freu mich so sehr auf dich, wenn du morgen früh wieder aufwachst“. Irgendwie hat’s funktioniert. Wollte das Baby doch mal nicht sofort schlafen, haben wir es sofort kurz auf den Arm genommen, leise das immer gleiche Lied, nämlich „Underneath the Mango Tree“ gesungen, und es dann wieder versucht. Meistens mit Erfolg.

Mit zwei bis vier Monaten hat das Baby abends um halb acht (Rhythmus!) eine Flasche oder die Brust gewollt, dann um Mitternacht und schließlich gegen sechs Uhr morgens wieder. Irgendwann verschob es sich, und das Baby meldete sich nur noch ein Mal pro Nacht, etwa gegen drei Uhr.

Und dann mit ca 5 Monaten schlief es plötzlich immer häufiger durch. Seit das Baby sechs Monate alt ist und im Gitterbettchen an unserem Fußende schläft, hatten wir eigentlich keine einzige wache Nacht, höchstens eine Handvoll Unterbrechungen wegen der Zähnchen zum Beispiel. Vielleicht verstehen jetzt manche, wieso es hier oft so „einfach“ wirkt. Wir haben wirklich nur Glück, schätze ich. Und sind der ganz großen Erschöpfung rechtzeitig von der Schippe gesprungen. NOCH! Vielleicht ist bald schon alles anders, weshalb ich jeden Tag etwas demütig bin und uns heimlich die Daumen drücke.

Um halb sieben gibt es jedenfalls Abendbrot, auch für das Baby, bzw. Milchreis mit Birne oder Grießbrei, dazu eine Flasche Pre-Milch und dann geht es, mit dem gleichen Ritual seit Monaten, um Punkt halb acht ins Bett. Licht dämmen, leise sprechen, eine muckelige Massage mit Calendula-Öl, Schlafanzug an, rein in den Schlafsack, ab ins Bettchen. Dann gibt es den Schnuller und, ganz wichtig, den „Freund“, das Schnuffeltuch mit Bärchenkopf vom großen Bruder, das wir in den Wochen vor der Geburt in unserer Bett gelegt haben, damit es unseren Geruch annimmt. Sobald wir das Licht löschen, dreht das Baby sich um und kuschelt sich zufrieden in den Schlaf. Bis zum nächsten Morgen. Zwischen halb sieben und halb acht schaut dann ein kleiner Lachsack in unsere Richtung und klopft gegen sein Bettchen, damit wir aufwachen. Dadurch haben wir Eltern jeden Abend ab spätestens acht Uhr Zeit für uns. Lustigerweise dauert es sogar länger, das große Kind ins Bett zu bringen, weil es noch immer jeden Abend eine Geschichte vorgelesen bekommt. Damit haben wir beim Baby noch nicht angefangen und bisher braucht es (noch) keine Schlafbegleitung.

Das alles haben wir uns natürlich nicht selbst ausgedacht. Jegliches Schlaf-Wissen und die kleinen Tricks stammen von meiner lieben Freundin und Super-Hebamme Jule Pumpe, die stets ALLE Bedürfnisse im Blick hat und so schon die Zeit mit meinem ersten Kind vor acht Jahren zu einer gemacht hat, die ich auf ewig in bester Erinnerung behalten werde. Danke, du!

Was machst du gerne mit Baby, wenn du alleine mit ihm bist?

Ich finde, das Abhängen mit einem Baby kann irgendwann ziemlich monoton und ermüdend werden, es hat mich im Winter schon einige Male viele Nerven gekostet. Ich habe aber festgestellt, dass ich immer viel Spaß habe, wenn ich mich richtig drauf einlasse, statt innerlich zu jammern oder dauernd auf die Uhr zu sehen. Also versuche ich, ganz da zu sein, es gibt ja ohnehin kein Entkommen. Wir nehmen dann die Bude auseinander (Töpfe, Bürsten, Schuhe, Alltagsdinge sind oft ja viel spannender als Spielzeug, wobei ich die Sets von Lovevery wirklich empfehlen kann), oder machen „Haushaltskram“, den ich eigentlich hasse. Wäsche (das Baby schaut so gern in die Waschmaschine), Socken sortieren (oder darin baden), aufräumen, umräumen, ausmisten. Wir gehen an die frische Luft und laufen durch den Kiez, außerdem schlendern wir jeden Tag zum Supermarkt um das frische Lieblings-Fladenbrot vom Baby zu besorgen. Wir baden und duschen gern, zusammen oder auch im Waschbecken in der Küche, und erfinden neue Spielzeuge (Tiktok ist da eine heiße Quelle). Und wir musizieren viel. Das Baby liebt es, im Babybjörn im Takt des Schlagzeugs zu wippen, oder „mitzusingen“ wenn ich Gitarre spiele. Wir hören gern (Kinder-)Musik und erfinden dabei Finger- und Krabbelspiele. Wir lesen (oder mampfen) Magazine, schauen uns bunte Bilder und Bücher an. Huschen durch Ausstellungen. Oder durch den Baumarkt. Wir beobachten draußen Vögel am Himmel oder Enten in der Spree. Wir wandern von einem Zimmer zum nächsten und suchen im echten Leben die Dinge aus den Büchern: Bananen, Schnürsenkel, Steine. Oder liegen faul auf dem Bett herum. Wir spielen mit leeren oder vollen Wasserflaschen. Und rollen Bälle durch die Bude. Wir stapeln Pappkartons und werfen alles wieder um. Wir sitzen in Kartons. Oder hauen auf sie drauf. Wir krabbeln um die Wette. Machen dies und das. Und trotzdem sterbe ich manchmal vor Langeweile und wünsche mir nichts mehr als einen anderen Erwachsenen herbei, der mein Gehirn mit einem Angelhaken aus dem Babyblues zieht.

 
 
 
 
 
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Ein Beitrag geteilt von NIKE VAN DINTHER (@nikejane)

4 Kommentare

  1. Marie

    Das Lesen hat richtig Spaß gemacht, danke liebe Nike! (Mein Baby ist auch 8,5 Monate und heißt mit Rufnamen zufälligerweise genau wie deins ❤️)
    Liebe Grüße, Marie

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  2. Janina

    Bin keine Mama, plane noch keine Mama zu sein, aber trotzdem lese ich das so unglaublich gern, tauche in deine Welt ein und danke dir für das Teilhaben an deinen Gedanken <3 Liebe geht raus an dich, Nike.

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  3. Heike

    Ich bin ebenfalls keine Mama, möchte Dir aber trotzdem Danke sagen für diesen schönen Artikel. Mit einer guten Portion Positivität lässt es sich viel schöner ans einmal Mama werden denken 🙂

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  4. Sophie

    Liebe Nike – wow, dieser Text! So echt, so herzerwärmend, so differenziert, so respektvoll. Danke für die Einblicke und deine Gedanken. Ich bin selbst (noch) keine Mutter, aber man kann sich einfach richtig gut vorstellen, wie es sein kann: krass schön, herausfordernd, anstrengend und bezaubernd gleichzeitig!

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