Fashion Week Berlin: Schumacher im Neon-Rausch

07.07.2011 Mode, Allgemein


Die Ampel wird grün, Motoren dröhnen. Der Nebel steht in der Luft, die Sonne verschwindet hinter dicken, grauen Wolken und berührt nur noch selten den heißen Asphalt. Dann ein elektronischer Remix von Feists „My Moon, my Man“. Ein zartes Wesen kreuzt meinen Weg, ein Mädchen mit langem blonden Haar, um dessen Silhouette cremefarbenes Organza schwingt. Sie friert nicht, denn Strick wärmt ihre Brust, ein Kleid zusammengefügt aus zwei Elementen: Urbaner Futurismus – Sportswear prallt auf handwerkliche Couture-Glanzleistung.

Das deutsche Label Schumacher wagt es in der kommenden Sonnensaison 2012 Grenzen zu durchbrechen und sich einer facettenreichen Zukunft voller Kontraste zuzuwenden – eine Hommage an eklektisches Stilwerk, ein Drahtseilakt zwischen Couture-Chic und Utility-Appeal. In meinem Kopf formt sich ein Bild von modernen Großstadt-Nomaden, von Überlebenskünstlern unserer Zeit. Zeit fließt und Stoff fließt, aber irgendetwas muss dich halten, wärmen, erden. Jersey trifft auf Lochstickerei, grob auf zart. Seide formt mit festem Leinen eine Einheit. Sei verrückt, falle auf und leuchte, aber bleib mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Überrasche, aber schockiere nicht. Orangefarbene Paspeln, Neon-Kristalle, Pink und Acid Green, Metallic Blue und dazu Popcorn-Farben, die uns davor bewahren verrückt zu werden und uns auf Hochhaus-Safari begleiten. Pink allerdings darf auch als Solist auftreten, denn weich fließende Stoffe nehmen der Signalfarbe all ihre Härte.

Schumacher arbeitet ganz unscheinbar gleich mehrerer Trendthemen auf, beinahe so, als sei die Mode vollkommen zwanglos. Neon in Gelb und Pink und Coral, oft in Kombination mit Nude als Ablöser des knalligen Colour-Blockings. Komplett unifarbene Outfits, Blockabsätze in Glitzer und Gold, die an Miu Miu erinnern. Transparenz, Spiegelmuster, die Hosen rutschen wieder etwas tiefer richtung Hüfte, Kleider liebäugeln mit Formen der 20er Jahre, das 70er Jahre Safari-Thema wird ultramodern umgesetzt und sogar metallische Qualitäten dürfen einmal mehr auf den Laufsteg zurück.

Einige der gezeigten Stücke würde ich nur zu gern in meinen eigenen Kleiderschrank verfrachten, andere hingegen sollten lieber in etwas erwachsenere Sphären Einzug halten. Alles in allem bleibt mir nichts übrig als mich vor Madame Dorothee Schumacher zu verbeugen – auch ohne die Deutsche Luca Gadjus als allererstes Model auf dem Laufsteg, hätte unser Kopfkino nicht besser inspiriert werden können. Der Rest ist und bleibt Geschmacksacke.

Meine beiden Favoriten:

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