Die Kleiderkreisel-Suchfunktion ist umgestellt und tickt jetzt nur noch ab Kindergröße 50. Zu Hause wird seit Wochen jeder noch so kleine Winkel umgekrempelt, um auch das allerbeste aus den mini Quadratmetern herauszuholen. Im Hause Sand wird Nachwuchs erwartet und die Zeichen stehen auf Sorge, Ahnungslosigkeit und euphorischer Vorfreude.
Nachdem ich mir in den ersten drei Monaten nicht vorstellen vermochte, wie wohl Menschen auf der Welt sich auch zum wiederholten Male ganz freiwillig dazu hinreißen lassen, schwanger zu werden, kann ich mit etwas Abstand sagen, dass ich nicht nur meinen sich verändernden Körper, sondern auch die angepasste Stimmung inzwischen etwas besser ertragen kann. Vorbei sind die unerträglichen Sofa-Stunden und die Angst vor öffentlicher Übelkeit. Vorbei das „sag es keinem“-Stigma. Die wahrscheinlich turbulenteste Achterbahn meines Lebens ist gestartet und ich habe mir schon sagen lassen, dass diese Fahrt auch nach der Schwangerschaft noch lange nicht vorbei ist. Kein Problem. Gewappnet mit mehr Meinungen von Nicht-Eltern und Angeboten von Eltern für Rat und Tat, als jemand je hätte prophezeien können, sitze ich angeschnallt in der ersten Reihe und verschließe ab und zu die Augen vor der nächsten rasanten Talfahrt. Nun mal ganz ehrlich: All’ die Hormone, Umstellungen und Erwartungen trafen mich in den vergangenen Monaten um einiges härter als gedacht. Man ist gewarnt von Freund*innen die selber Familien gründeten und dennoch ist Ratlosigkeit und Überforderung neben meinem Partner ein neuer Mitbewohner und scheinbar gekommen, um zu bleiben.
Nachdem die anderen Umstände meinen Sommer in die FOMO-stärksten Monate meines Lebens verwandelt haben, habe ich diese Down-Time dringend gebraucht, um mich an meinen wachsenden Körper zu gewöhnen. Nachdem für mich rein optisch keine Umstandsmode funktioniert hat, kämpfte ich mich durch die großen Größen bei Uniqlo, Zara & Co., um am Ende den Stretch-Anteil zu finden, der genau zu meinen Bedürfnissen passt.
Noch dazu warnt einen keine*r vor, wie selten man im Falle einer bislang unkomplizierten Schwangerschaft mit Ärzt*innen reden kann. Wie besessen fiebere ich jedem einzelnen Termin entgegen, um die Versicherung zu haben, dass alles gut läuft in mir drin, alles wächst und gedeiht und an der richtigen Stelle sitzt. Angststörung und Schwangerschaft vertragen sich nicht besonders gut, musste ich feststellen. Mein „Gesundsheitsteam“ samt Hebamme, Gynäkologin und Therapeutin, Familie und Freund*innen waren gewarnt und unterstützen seit dieser Erkenntnis mit vermehrten Telefonaten, dem Besprechen jeglicher Sorgen und aufmerksamen Nachfragen immer, wenn ich sie brauche. Beinahe täglich.
Inzwischen haben sich auch jegliche Online-Algorithmen angepasst. Durch meine Hashtag-Suchen bei Instagram (SSW7, SSW8, SSW9 usw.) weiß meine „For You Page“ ganz genau, was ich gerade sehen möchte: Babyfüße, Ultraschallbilder, Tipps zum Stillen, Sleep Training und Montessori Spiele, Horrorgeschichten von traumatischen Geburten und vieles mehr. Kaufangebote und Werbung soweit das Auge reicht und längst habe ich nachvollzogen, wer mit mir schwanger ist: Dagi Bee entbindet wohl noch dieses Jahr, Lovelyn Enebechi wurde von Cybex ausgestattet und Charlotte Weise wird für ihr Wochenbett wohl wieder nach Deutschland fliegen. I know it all und frage mich zeitgleich, wie viel ich selbst eigentlich teilen mag. Große Frage, nächste Frage, denn auch hierzu gibt es von Eltern und Nicht-Eltern diverse Meinungen, die die eigene Positionierung erschweren.
Meine Follower*innen und ihr wisst nun auf jeden Fall Bescheid, weil es zu verheimlichen, wenn man sich ohnehin gerne mitteilt, nicht wirklich richtig erschien und dieser neue Bauch nun mal jetzt zu meinem Leben gehört. Viel mehr Raum als das Offensichtliche, über sich verändernde Hobbies, den wachsenden Körper oder das selbst gebastelte Babygym hinaus, soll dieses Thema allerdings nicht einnehmen. Das machen andere sicherlich viel besser als ich. Da aber wenig in meinem Leben bislang so viel Raum eingenommen hat, wie dieser wachsende Mensch in mir, fällt es zuweilen überaus schwer, über andere Themen zu schreiben, zu sprechen oder zu posten. Ein Balanceakt an allen Fronten, den ich in meiner vorherigen Überheblichkeit vorher definitiv nicht einzuschätzen wusste.
Was ich gerade am liebsten mache? Mir ausmalen, was ich als Nächstes für die Wohnung und fürs Baby besorge, die nächste Mahlzeit planen und bei Letzterem nicht daran denken, dass in zwei Wochen wieder eine Waage vor mir stehen wird. Soweit läuft all das für mich persönlich nämlich recht gut. Drückt mir die Daumen, dass mir diese Haltung ganz ohne schlechtes Gewissen gegenüber Neuanschaffungen, Heißhungerattacken und Co. so lange wie möglich erhalten bleiben kann. Vielleicht sogar so lange, bis sich mit der neuen Elternschaft wieder hundert weitere Tretminen vor mir auftun.