Lieblingskollektion der Fashion Week: Hien Le

13.07.2011 Allgemein, Mode

Die Deutschen sind langweilig, sagt man. Während der Modewoche sah man nicht viel Neues, schon recht keine Avantgarde (falls es die überhaupt noch gibt), eher einen einschläfernden Einheistbrei. Die Deutschen gehen eben auf „Nummer Sicher“, motzt man. Stimmt nicht, sagen wir – sofern der eigene Horizont auch über das weiße Fashion Week Zelt hinaus reicht. Aber dazu kommen wir an anderer Stelle.

Denn viel wichtiger ist: Auch auf dem Laufsteg sah man Wunderbares. Und: Minimalismus ist das Gegenteil von Langweile, sofern man es nur richtig anstellt – das bewies uns Jungdesigner Hien Le mit seiner Kollektion „3“.

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Metronomy dröhnt aus den Boxen. Ein Kribbeln macht sich in meinem Bauch breit. Wie jedes Mal, wenn du irgenwo fremd bist und dann der erste Ton eines Lieds erklingt, das du auswendig kennst, mitsingen kannst. Das dir Sicherheit gibt. Gute Laune im Ohr, das ist’s. Und gutes Design für die Augen. Nach den ersten Looks wird schnell klar: Der junge Designer braucht nicht viel Tamtam und erst recht keine überkandidelten Schnitte. Er überzeugt durch diese strikte Konsequenz, seine ganz eigene Handschrift, die das Minimalistische nicht untergehen lässt, sondern in den Vordergrund rückt. Der Blick fällt auf Bauhaus-Purismus, der gemischt wird mit deutscher Stringenz und skandinavischer Einfachheit. Endlich ein roter Faden, denke ich. Endich ein Modemacher, der begreift, dass Brüche keine Garantie für Erfolg sind. Endlich einer, der einfach nur er selbst ist.

Es sind die kleinen, aber immer schlichten Details, weite Armlösungen wie wir sie aus den 90ern kennen, beinahe unsichtbare Schlitze am Rücken, sanfte Transparenzen und Nähte, die ganz subtil Silhouetten formen. Es ist eine Farbpalette, die der Inbegriff von Einklang ist: Steingrau, Taubenblau, Sand- und Seifenfarben, dann plötzlich Gelb und Blutrot. Was auf den ersten Blick wie ein harter Kontrast wirkt, verläuft im Abschlussbild – dann, wenn alle Models noch einmal ihre Runde über den laufsteg ziehen – zu einer Einheit.

Inspirieren ließ sich Hien Le von seinen Wurzeln, die irgendwo in Laos liegen. Man könnte also annehmen, dass seine Kollektion, die den schlichten Namen „3“ trägt (Blau, Gelb, Rot als Essenz), auf den ersten Blick asiatisch-traditionell anmuten müsste, aber genau das tut sie nicht. Alte Fotoalben der Großeltern dienten dem plötzlich dagewesenen Ausnahmetalent als Vorlage für seine Schnitte und schnell wurde klar: Auch Oma und Opa sind damals nicht in Trachten über die Straße flaniert. Hien hat versucht, das Gesehene ins Jetzt zu katapultieren, zu reinterpretieren und mit seiner persönlichen Note zu versehen – mit Erfolg.

Das tief geschlitzte Hochzeitskleid von Mama, unter welchem damals eine weite Hose getragen wurde, ist heute kaum mehr wiederzuerkennen: Ein blickdurchlässiges Kleid aus feinem, fließendem Stoff, bodenlang, symbolisiert heute den einen, separat zu betrachtene Hosenformen den zweiten Tweil. So wird zerstückelt, um am Ende Neues zu schaffen – im übertragenden Sinne, versteht sich. Denn Inspiration bleibt Inspiration – Mamas Hochzeitskleid hängt hoffentlich noch heile im Schrank.

Mit Hien Les Mode verhält es sich in etwa so, wie mit den elektronisch anmutenden Klängen der britischen Band Metronomy – auch mit ganz wenig kann man ganz viel erreichen. Zum Beispiel den 3. Platz des „Start Your Own Fashion Business Awards“ – den hat „Mr. Geradlinigkeit“ nämlich bereits in der Tasche.

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