Unbequeme Wahrheiten: Von Freund*innen und Schuldbeträgen

Im letzten Viertel von 2019 habe ich das erste Mal Geld verdient. So richtig meine ich. Quasi ein volles Gehalt nach diversen abgespeckten Versionen von Nebenjobs und Ausbildungsvergütung. Ein ziemlich gutes Gefühl, begleitet von ein paar Sorgen weniger und der beschwingten Hoffnung, diese Sache mit den Finanzen endlich mal in den Griff zu bekommen. Geld und ich, me, myself, mein Sparschwein  and I, waren bis auf Weiteres eigentlich spinnefeind, hätte ich mir nicht endlich mal ein Herz gefasst und mich intensiv mit den eigenen Einnahmen, Ausgaben und Sparmaßnahmen beschäftigt. Daraufhin haben sich viele Dinge verändert, die Spardose hat sich gefüllt und das schlechte Gewissen minimiert, auch wenn 1, 2 offene Fragen noch immer wie ein Damoklesschwert über mir und meinem Portemonnaie wachen: Wie verhandelt man eigentlich Freund*innen und Auslagen, Schulden und Leihgaben auf charmante Art & Weise?

Gemeint ist nicht das tatsächliche Leihen von 20, 50, 100 Euro Scheinen. Die Rede ist von geteilten Rechnungen, dem Kleinvieh, das auch Mist macht und der Erinnerung an diesen einen Paypal-Betrag, vor dem sich gerne oder ganz aus Versehen mal eine Woche gedrückt wird. Bin ich vielleicht die Einzige, die Diskussionen über Geld im Freund*innenkreis bis auf das Nötigste minimieren möchte? Das Trauma sitzt tief, auch wenn ich mich nicht erinnern mag, wann es begann mit dem Drucksen, dem Warten und dem Rumschlawenzeln. Es ist der mitgebrachte Kaffee, ein gemeinsames Dinner oder der Einkauf für den ausgiebigen Kochabend.

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Situationen an der Supermarktkasse, mehrdeutige Rechnungsbeträge und mindestens ein rauchender Kopf, der nur wenig schlimmer findet, als von Freundinnen Geld zu verlangen. Die Auseinandersetzung damit ist mir schlichtweg unangenehm, kommt mir zu schnell deplatziert und übertrieben vor und wird deshalb schnell vertagt oder verdrängt.

Was ehrbar und edel klingt, ist in der Realität ein kleines Problem. Dort wo viele souverän und selbstbewusst Kleinstbeträge verlangen und verteilen, sträube ich mich bei dem Gedanken, für den Cappuccino und den Cheesecake 5,00€ einzufordern. Zwei getrennte Rechnungen erbitten? Nichts schlimmer als das, ur-spießig und borniert kommt mir das vor, lieber Zack die Karte dran und alles in einem Wisch bezahlt „Du dann beim nächsten Mal“, Konsensentscheid, fertig. Und ja: Ich glaube fest daran, dass am Ende eine Hand die andere wäscht und mensch in Freund*innenkreisen davon ausgehen kann, dass die Euros ohnehin wieder da landen, wo sie hingehören.

 
 
 
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Ein Beitrag geteilt von Erika Lee Sears (@erikaleesears) am

Und dennoch: Es sollte doch für alle möglich sein, auch die zwei, drei oder fünf Euro einzufordern, wenn es eben gerade wichtig ist, das Bargeld knapp oder man sich längere Zeit nicht sieht. Ist es knausrig von drei beteiligten acht Euro zu nehmen, wenn der Einkauf für die Gorgonzola Gnocchi eben bei 32,00€ lag (inklusive Weißwein)? Natürlich ist es das nicht und doch fehlt für mich zu oft Schneid und Energie, Selbiges zu tun.

Ich habe schon viel darüber nachgedacht, woher sie kommt, diese Scheu über Geld zu sprechen, Leute an Beträge zu erinnern oder etwas, das mir gehört, klar einzufordern. Vielleicht weil ich es selbst knausrig finde, wenn andere die Rechnung splitten und eben nicht das besprochene Grundvertrauen an den Freun*innenkreis haben? So wohlwollend es auch gemeint ist, aus Höflichkeit, Verlegenheit oder Scham auf seine Groschen zu verzichten, muss es doch ok sein, die Liebsten drum zu bitten. Ein guter Vorsatz fürs neue Jahr zumindest, hier etwas strenger zu sich selbst zu sein und dann, wenn es einem eigentlich unangenehm vorkommt, die eine oder andere Summe zurückzufordern.

Wie handhabt ihr geteilte Rechnungen, verzögerte Rückerstattungen und unangenehme Geldgespräche?

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6 Kommentare

  1. Franzi

    Vielen Dank für diesen tollen und wichtigen Beitrag!
    Ich kann glücklicherweise sagen, dass mein Freundeskreis alle Beträge sofort splittet. Sei es durch getrennte Rechnungen im Restaurant oder durch sofortiges Ausrechnen wenn eine Person den gemeinsamen Einkauf bezahlt hat. Das scheint vielleicht auf den ersten Blick spießig zu wirken, aber wie du schon richtig sagst, sind es eben auch diese kleinen Beträge, die einen Unterschied machen. Vielleicht wird es bei uns auch so selbstverständlich gemacht, weil wir uns bereits sehr lange kennen und während der Studiums- oder Ausbildungszeit bei allen das Geld knapp war. Da war es einfach super wichtig alles zu teilen. Jetzt hat jeder von uns einen bezahlten Vollzeitjob und trotzdem wird es weiterhin wie selbstverständlich geteilt. Ich mag das sehr. Zumal ich niemandem etwas schuldig sein möchte.

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  2. Sina

    Wäre vielleicht auch mal interessant, dieses Thema (aus unterschiedlichen Perspektiven) in Beziehungen zu beleuchten.

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  3. Mona

    Gut und ungewöhnlich, dass dieses Thema einmal angesprochen wird. Ich stelle nämlich fest, dass es zwar sein mag, dass sich ausgegebene Runden mit manchen Freundinnen natürlich irgendwie wieder halbwegs ausgleichen und man ganz entspannt mal so mal so bezahlt.
    Leider tauchen nach meiner Erfahrung im Leben immer mal wieder Freundinnen oder Freunde auf, die entweder ‚aus Versehen‘ nie ihr Portemonnaie dabei haben und in kleinen Cafés o.ä., die erwartungsgemäß kein EC-Gerät haben, nur ihre Karte dabei haben und sich dann selbstverständlich meist einladen lassen, weil es ja nur ‚ein paar‘ Euro sind. Es sind die gleichen, die sich nie von alleine am Taxi nach Hause beteiligen. Sie würden auch nie eine Runde Drinks holen beim ausgehen.
    Auf der anderen Seite sind sie ganz sicher immer diejenigen, die sich auf den Euro genau alles zurückgeben lassen und selbstverständlich die Quittung auf den Tisch legen, wenn sie für das gemeinsame Essen eingekauft haben, auch wenn sie schon zigmal dabei waren, wenn jemand anderes bezahlt hat.
    Bei genauerem Hinsehen stelle ich fest, dass diese Leute eigentlich kein Problem damit haben, sich regelmäßig einen schönen Urlaub zu leisten und auch ziemlich oft shoppen können. Auch eine gute und kostspielige Wohnung ist da oft vorhanden. Sie halten einfach ihr Portemonnaie ganz fest und geben nur etwas dort heraus, wenn es sein muss. Dies wird im Freundeskreis natürlich irgendwann Thema und es ist ihnen wahrscheinlich gar nicht bewusst, wie sie dieser Geiz bzw. dieses Ausnutzen dastehen lässt. Oder es ist ihnen einfach egal.
    Wir haben jetzt irgendwann beschlossen, da es wirklich zuviel und zu selbstverständlich wurde, dass wir, sobald eine solche Person dabei ist, von nun an immer getrennt bezahlen. Das ist erstens für diese Leute gar nicht so ungewöhnlich, da sie selbst auch nie einladen würden und es macht schlussendlich vieles einfacher. Es ist zwar für mich noch immer total schräg in einer Bar hintereinander die Drinks abkassieren zu lassen, aber man ärgert sich sich eben auch nicht mehr oder macht sich Gedanken darüber.
    Mit den Leuten, die da großzügiger sind und zu denen man ein normales Geben-und-nehmen-Gefühl hat, macht man es weiter ganz normal.
    Abschließend kann ich sagen, dass die oben genannten Menschen nach meiner Erfahrung zwar ganz nette Freunde sein können, jedoch sind sie sich selbst oft in allen Situationen die Nächsten und ich würde mich im Leben nicht wirklich auf sie verlassen.

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  4. Anna Li

    Cool dass du es ansprichst! Kenn ich total, auch bei wirklich guten Freundinnen. Nicht dass sie da sich unverschämt und dann auch noch dauerhaft durchmogeln. Aber leider so, dass sie es dann und wann vergessen. Und ich bin eine sehr strukturierte, geregelte Person und lade auch gerne und dann ganz gezielt die Menschen mal ein auf das wunderbare Käffchen oder die gute Pizza. In den Momenten wo sie es vergessen ist es mir trotzdem unangenehm und gleichzeitig piekt mich dieses „vergessen“ doch so, dass ich drüber nachgrüble. Weil ich es selbst einfach nicht vergesse wenn ich mir irgendwo etwas geliehen habe und dann es auch nicht mag, wenn andere es einfach vergessen oder schleifen lassen.

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  5. Sarah

    Ein interessantes Thema! Mit Freunden bezahle ich in der Regel getrennt oder man lädt sich gegenseitig (mit vorheriger Ansage) ein. Wenn ich für jemanden mitbezahle, finde ich es auch nervig, dem Geld hinterherzurennen, deshalb frage ich manchmal sogar vorher, ob die andere Person Bargeld dabei hat. Wenn nicht, gehts vorher noch zur Sparkasse/Bank. Oder wenn ich z.B. als erste in einem Restaurant sitze, in dem man nur bar zahlen kann, schicke ich diese Info an die anderen, die dann eben noch einen Umweg zum nächsten Geldautomaten machen müssen. Dabei bin ich kein knauseriger Typ, ich lade gern Menschen ein. Auslegen ist aber immer mit Zurückzahlen verbunden, was es immer einen Tick komplizierter macht. Ich habe aber auch Freunde, bei denen das ebenfalls problemlos möglich ist. Von denen hab ich das Geld dann schon per Paypal bevor ich wieder zu Hause angekommen bin. Da bin ich selbst deutlich langsamer im Zurückzahlen.:D
    Ich glaube, das Ansprechen solcher Dinge wird einfacher, je öfter man es übt. Trau dich! Verantwortungsvoll mit Geld umzugehen, ist nicht spießig, sondern klug.

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  6. Flo

    Ich wuerde nicht sagen dass ich knausrig bin, aber strukturiert und sehr auf Fairness bedacht. Einladen macht viel mehr Spass, wenn es mit Ankuendigung ist, nicht so halb gezwungen und mit bitterem Nachgeschmack. Transparenz ist fuer mich da ein wichtiges Schlagwort.

    Wenn ich irgendwo zum Abendessen eingeladen werden, mich der Gastgeber dann aber um 8 Euro fuer die Gnocchi bittet, faende ich das komisch. Wenn der Gastgeber vorher im Whatsapp Chat geschrieben hat ‚Hey, ich geh einkaufen, passt das wenn ich fuer jeden so 10 Euro einplane damit wir 2x den zweitbilligsten Weisswein kaufen koennen‘? alles wunderbar. Kommt also total drauf an, was der Kontext der Einladung ist. Beim Essen gehen zahlt bei uns meist einer, und jeder schaut brav auf die Rechnung und schickt seine Schulden direkt/dort per App. Vergessen wuerde ich sowas naemlich auch schnell, deshalb hake ich es gern sofort ab. Teils einfach auch aus Selbstschutz, weil ich nicht auf meine vergesslichen Freunde latent sauer sein mag, es aber im Zweifelsfall sicherlich waere (drauf ansprechen ist IMMER unangenehm und als Bittsteller irgendwie generell bloed).

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