Charlotte Roches neuer Roman „Schoßgebete“

12.07.2011 Allgemein, Buch

Ungefähr drei Jahre ist es her, Anfang 2008. Da blitzte aus jeder zweiten Handtasche ein pinkes Buch heraus, überall, in der Ubahn, während der Pausen in der Uni. Auch Besuche bei Freundinnen offenbarten des Öfteren Nachttisch-Geheimnisse – manche trauten sich eben nur im stillen Kämmerlein Charlotte Roches „Skandalroman“ Feuchtgebiete zur Hand zu nehmen.

Mitte August soll sein Nachfolger nun die großen Buchhandlungen zum Platzen bringen, denn für ein 1A Marketing ist bereits gesorgt. Ob „Schoßgebete“ ein verdienter Bestseller werden wird?

Zugegeben, auch ich habe relativ schnell vor dem Gruppenzwang kapituliert und mir trotzt Skepsis jede einzelne Zeile von Roches Debüt-Werk zu Gemüte geführt. Die einen schwärmten, andere fluchten, ich wollte mir also ein eingenes Bild vom „schweinischen Büchle“ machen. Das Ergebnis: Ernüchterung. So schweinisch war’s gar nicht. Eklig trifft’s wohl besser, aber auch hier hätte man durchaus konsequenter sein könner. Wenn schon denn schon.

Und trotzdem: dieses maßlose in-den-Dreck-geziehe von Roches literarischen Nicht-Künsten geht mir ein bisschen auf den Keks. Natürlich ist die schwarzhaarige Rotzgöre kein Erich Fromm der Jetztzeit und gewiss reichen ihre Fertigkeiten auch nicht an legendäre Ergüsse Simone de Beauvoirs heran. Aber muss sie das? Nein. Wer damals Geld für Feuchtgebiete auf den Tisch legte, wusste was ihn erwartet. „Platt“ urteilten die einen, „vorhersehbar“ die anderen. Beides stimmt – sofern man nicht in der Lage ware, alle Kritik diverser Möchtegern-Intellektueller beiseite zu schieben und ganz unvoreingenommen an den Schinken ranzugehen.

Denn auch Charlottes pubertärer Protagonist besitzt ein durchaus tiefgründiges Seelenleben, dass es bloß zu entdecken galt. Ich bin kein Fan, aber auch kein Zerstörter, bloß realistisch genug, nicht zu viel von der lieben Charlotte zu erwarten.

wildere Zeiten der Roche via.

Und so werde ich es auch mit ihrem nächsten Werk halten.

„Am liebsten tagsüber und Fenster zu wegen der Nachbarn. So mag es Elizabeth. Ihr Mann macht die Heizdecken auf dem Bett an, dann kann’s losgehen. Sie fährt sofort mit der Hand rein in Georgs XXL-Yogahose. Und ab hier betrügt sie ihre Männer hassende Mutter, die ihr beibringen wollte, dass Sex etwas Schlechtes sei. Hat aber nicht geklappt, Glück für Elizabeth, Glück für Georg. Aber Sex ist ja nicht alles, es gibt auch noch das Essenkochen für ihre Tochter Betty, und es gibt den Exmann, Bettys Vater. Keine geringe Rolle spielen auch ihre Ängste und ihre schrecklichen Eltern. Wobei diese Themen für Elizabeth seit dem Unfall immer zusammengehörte,“

heißt es da.

»Schoßgebete« soll ein Roman über Ehe und Familie sein, bloß eben keiner aus der Rosamunde Pilcher-Fraktion. Ich werde ihn lesen und vielleicht wird’s mies, vielleicht aber auch überraschend gut. Man darf ja vielleicht auf eine Verbesserung zum Vorgänger hoffen.

Fest steht trotzdem: Die Marketing-Trommel wird gerührt und es wird kräftig Werbung gemacht. Keine Buchhandlung wird ohne einen Tisch mit geschätzten hundert Exemplaren auf einmal auskommen, so, dass man einfach zugreifen muss, sofern man nicht vorher einen Pakt gegen den Teufel geschlossen hat. Die Diskussionen werden ein weiteres Mal ausufern und Meinungen aufeinander prallen – ein voreiliges Urteil verkneife ich mir aber.

Charlotte Roche ist Charlotte Roche und ohne ihren Namen hätte man den Druck eines solchen Werks vielleicht auch glatt stoppen können. Aber so ist’s nunmal. Die meisten von uns sind geil auf Skandale und so wird „Schoßgebete“ ganz bestimmt wieder auf Platz 1 der Bestseller-Liste landen – wenn auch nicht aufgrund eines enormen literarischen Anspruchs.

Vorbestellen könnt ihr Schoßgebete hier.

Mehr von

Related