5 Dinge, von denen ich glaubte, sie mit 30 nicht mehr zu tun

17.06.2020 Menschen, Leben, box2, Kolumne

Früher, da glaubte ich, mit 30 müsse man sein Leben im Griff haben oder zumindest vernünftig sein, würde sich höchstens zwei, drei kleine Schlückchen Wein zu eingelegten Oliven gönnen, statt das Glas zum dritten Mal randvoll zu füllen. Heute weiß ich, dass meine damaligen Annahmen auf kleinen Fantasien, die sich mir durch Filme und Serien auftaten, basierten, nicht aber meine tatsächliche Realität widerspiegeln — die sieht nämlich vielmehr so aus: 

1. Der Lidstrich: Eine Tragödie in 3 Akten

Als verwirrte 13-Jährige kam mir Avril Lavigne gerade recht, mit ihrem ungekämmten Haar und dem verschmierten Kajal, von dem ich wusste: Das schaffe ich auch. Anders als die gestriegelten Mädchen mit den perfekt reflektierenden Lipgloss-Lippen, die sich normalerweise auf den Magazincovern tummelten, kreierte die amerikanische Sängerin nämlich endlich Beauty-Looks, die ich mir auch zutraute. Fortan malte ich mir also die Augenränder und Wasserlinien schwarz an, fing mir gleichermaßen erschrockene als auch tadelnde Blicke von meinem Vater ein und erhielt wohlwollende Worte meiner besten Freundin, deren Mutter noch strenger war. Kurzum: Ich war mächtig zufrieden. Nach all den Jahren sollte ich den Umgang mit Eyelinern und Lidstrichen also mindestens Kamikaze-mäßig drauf haben, möchte man meinen, aber die Wahrheit ist: Sonderlich viel mehr habe ich bis heute nicht gelernt. Und dabei hatte ich eigentlich ganz gute Vorbilder, denn während ich zu meiner Emo-Zeit Scene Queens wie Audrey Kitching und Hanna Beth anhimmelte, bewunderte ich zu einem späteren Zeitpunkt den subtilen, aber dennoch schwungvollen Lidstrich von Alexa Chung. Weil ja aber das reine Anstarren oftmals nicht dazu führt, Dinge tatsächlich zu erlernen (das hat leider schon in der Schule so recht geklappt), zog ich mir in meiner Verzweiflung sogar Beauty Tutorials rein — ganz heimlich hinter verschlossener Schlafzimmertür, versteht sich. Einen vollwertigen Lidstrich kann ich trotz Patrick Stars Bemühungen leider noch immer nicht malen, aber bekanntermaßen soll man ja auch in Zeiten des Versagens nicht aufhören, an sich zu glauben.

2. Ich glaube noch immer daran, Terminkalender eines Tages wirklich zu benutzen

Manchmal, da kaufe ich Dinge, von denen ich glaube, sie würden mein Leben verändern. Regenhüte sind so eine Sache. Oder Terminkalender. Tatsächlich nämlich kaufe ich mir zu Beginn eines jeden Jahres einen Terminkalender, während ich Mantra-artig wiederhole, ihn dieses Mal auch wirklich bis zum Ende zu benutzen, jedes einzelne Ereignis, jeden Geburtstag, jede Kleinigkeit zu notieren, immerhin, so glaubte ich es früher, machen das Menschen über 30 so. Natürlich verpufft mein Vorsatz alljährlich spätestens nach drei Wochen und der Kalender gerät anschließend ewig und drei Tage lang in Vergessenheit, bevor ich ihn inmitten eines ungeahnten Aufräumwahns unter einem Papierstapel hervorziehe und mir besänftigend einen Neustart vorschlage. Meist nehme ich meinen eigenen Vorschlag dankbar an, bloß, um kurze Zeit später wieder in alte Muster zu verfallen.

3. „Das letzte Getränk hätte ich nicht mehr trinken sollen“ 

Neulich erst, da überkamen mich plötzliche Gelüste nach einer hauseigenen Bar, vielleicht, weil mir diese Corona-Situation allmählich zu Kopf steigt, vielleicht aber auch bloß, weil ich zu oft Cocktail mit Tom Cruise und Elisabeth Sue sah. Da ich derzeit jedoch (leider) weder den Platz noch das Equipment für eine solche Bar besitze, beschränkte ich mich am Wochenende darauf, kleine Himbeer Mojitos mit zu viel Rum und zu wenig Wasser in einer stinknormalen Küche zu mixen. Während die ersten beiden Cocktails noch ein wenig Rum-lastig schmeckten, erfreuten mein Freund und ich uns schließlich an den darauffolgenden Mischungen und stellten fest: Mensch, die werden ja immer besser. Und wie das eben so ist, mit Getränken, die zu viel Rum beinhalten und irgendwie trotzdem nach Himbeeren schmecken, wachte ich am nächsten Tag mit flauem Magen und knatterndem Kopf auf. Schade, dachte ich mir da noch, dass ich schon wieder nix gelernt habe, obwohl ich doch schon mit 18 wusste, dass der letzte Drink niemals nie eine gute Idee ist. Mein Teenager-Ich jedenfalls schaute mich beschämt an, während ich da so stand mit meinen 31 Jahren und eine Kopfschmerztablette in das Wasserglas platschen ließ.

4. Ich rede mir weiterhin voller Inbrunst ein, ich würde die Pflanzen schon nicht vertrocknen lassen

Ich liebe Pflanzen, ja ich würde mir sogar am liebsten die gesamte Wohnung mit ihnen vollstellen, wäre da nicht die Tatsache, dass bisher so ziemlich jedes Exemplar, das in meine Obhut gegeben wurde, eingegangen ist. Ja, auch der Mini-Kaktus, den ich mir einst so sehr von meinen Eltern wünschte, während ich hoch und heilig versprach, mich um ihn zu kümmern. Mittlerweile ist es sogar so weit gekommen, dass mein Freund, sobald er für einige Tage unterwegs ist, kleine Skizzen auf kleine Zettel malt und genauestens beschreibt, welche Blume wie oft gegossen werden muss. An solchen Tagen stelle ich mir nervös sämtliche Erinnerungen und Wecker, um auch wirklich nichts zu vergessen — Mensch, was würde ich bloß dafür tun, meine Terminkalender auch aktiv zu benutzen. Weil ich aber noch immer nicht aufgeben möchte, hole ich mir in letzter Zeit Pflanzen-Nachhilfe von DJ Freedem und einer lieben Freundin, die mir kürzlich pflegeleichte Zimmerpflanzen empfahl.

Diese Margeriten leben natürlich eigentlich auf dem Balkon & wurden lediglich für dieses Bild in die Wohnung gestellt

5. Ich schaue Teenie-Filme

Ja, ganz recht, ich schaue Filme, die eigentlich für Teenager gemacht sind. Und damit meine ich jetzt natürlich nicht all die ikonischen Streifen der 90er, immerhin spielt hier auch Nostalgie eine tragende Rolle, sondern so einen Quatsch wie Die Wilden Hühner oder Frontalknutschen. Ich weiß, ich weiß, das kann man schrecklich peinlich finden, glaubt mir, das tue ich manchmal auch, sogar so sehr, dass ich mir wünsche, eine kleinere Schwester zu haben, auf die ich alles schieben kann, obwohl jeder weiß, dass jüngere Geschwister die Hölle sind (zumindest war das der jahrelange Slogan meiner älteren Schwester und sie muss es ja wissen). Meist schaue ich jene Filme, wenn ich kurz zuvor Serien oder Filmen mit brutalen Szenen ausgesetzt war, denn, das müsst ihr wissen, ich bekomme furchtbar schnell Albträume, aus denen sich ganze Horror-Drehbücher schreiben ließen. Um mein Gehirn auszutricksen, sitze ich dann also selig auf dem Sofa, schaue Teenie-Filme und erfreue mich an all der Unbeschwertheit, die sich da so vor mir ausbreitet. Und das, so würde ich es mal behaupten, hat doch auch etwas Besänftigendes.

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9 Kommentare

    1. Jemima

      Yesssss me tooo! Meine Schwester und ich schauen den Film regelmäßig und können so ziemlich alle Dialoge auswendig. Freut mich, dass ich da nicht ganz alleine bin.

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  1. Minivan

    Teeniefilme sind in einer Kinowelt die für antisensitive Menschen gemacht zu sein scheint ein Stückchen (zugegebenermaßen verträumte) Realität und somit mit dem head held high auch Ü30 usw. problemlos anzusehen wenn nicht sogar erwünscht

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  2. Ali

    1,2,3,5 – check, kann ich alles inbrünstig unterschreiben!
    Nur das Gießen habe ich mittlerweile (fast) drauf.

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